Thema:
Fahrbericht Renault Zoe (ZE 40) flat
Autor: X1 Two (deaktiviert)
Datum:13.12.18 02:57
Antwort auf:Auto-Thread #19: "Freude" am Fahren von Bandit

Nach 170 Kilometern in den letzten 16 Stunden ist es Zeit für ein Fazit. Es gibt Licht und es gibt Schatten. Ich bin jetzt Elektrogläubiger - aber auch Elektrorealist.

Die Zoe fährt sich fantastisch. Durchaus rasant (insbesondere, wenn man den ECO-Modus deaktiviert, dann kann man auch Sportwagen an Ampeln abhängen), vor allem aber dynamisch und sportlich. Wenn man den Wagen in dem Bereich bewegt, wo er sich wohl fühlt. Das sind bis zu 90 km/h. Für Überholmanöver fehlt es an Zugkraft bei höheren Geschwindigkeiten, zumal bei 135 km/h eh abgeriegelt ist. Für den Stadtverkehr und Landstraßen ist das Fahrzeug wirklich geeignet. Von Autobahnen sollte man sich fernhalten, nicht zuletzt aufgrund des horrenden Energieverbrauchs bei Geschwindigkeiten über 100 km/h. Da geht es in den Bereich von 30 kw, wenn man dann noch eine Steigung dabei hat, kann man von auf dem Papier 400 km Reichweite auf unter 100 gehen.

Ich bin 170 km gefahren, habe noch 120 km Restreichweite und zwischendurch in einer Stunde gut 20 % geladen. Das sind etwa 60 km. Übergeben wurde die Zoe voll geladen. Im Winter, wir hatten heute -1 Grad Außentemperatur, kannst du dich von deiner Reichweite verabschieden. 30 % sind pauschal weg. Ich habe fast ausschließlich ECO genutzt, 86/100 Ökofahrweisepunkten gesammelt, ich bin also wirklich stromsparend unterwegs gewesen. 20 % hügelig/bergig, Rest flach. Trotzdem waren es am Ende von 400 km Reichweite effektiv 230. Das Positive daran: Mehr als 100 fahren wir i.d.R. am Tag nicht. Aber für längere Strecken ist es natürlich komplett untauglich, zumal das Aufladen im besten Fall eine Stunde dauert, realistisch zwei. Autobahn? 100 km fahren, zwei Stunden tanken, 100 km fahren ... da bin ich mit nem Roller schneller am Ziel.

Aber gut, nehmen wir mal nur den ländlichen Raum und Ziele im Umkreis von 100 km. Da ist Zoe sicher eine gute Sache. Wenn da nicht die Ladestationen wären. Erstens gibt es nicht genug. Wenn nur doppelt so viele Elektroautos auf den Straßen wären (und es sind wahrlich nicht viele), dann würden die Stationen schon nicht ausreichen. Zumal sie oft nicht mal 22 kw Leistung bringen, sondern nur 11 kw. Damit dauert der Ladevorgang dann vier Stunden. Aber auch nur, wenn man vom jeweiligen Anbieter der Säule eine entsprechende Ladekarte besitzt. Sonst kann man die meisten Säulen nämlich gar nicht erst benutzen.

Im Bodenseeraum gab/gibt es bis 31.01.19 emma, 32 Ladestationen, kostenloser Strom, kostenlose Karte. Die wird aber nicht mehr ausgegeben, weil die Umrüstung auf EnBW-Säulen läuft. Die sind dann kostenpflichtig. Ergebnis: Statt 500 Meter von zuhause aufladen zu können musste ich 25 Kilometer fahren, um in einem Parkhaus kostenlos (abgesehen von Parkgebühren) laden zu können. Denn, wie Wurzelgnom schon gesagt hat, das Schukokabel ist bei Renault satte 600 Euro teuer und war bei meiner Zoe nicht dabei.

Und damit sind wir beim Hauptproblem der Zoe (und aller anderen Elektrofahrzeuge): Ohne eigene Wallbox, wo man in der Garage oder am Haus über Nacht mit 11 kw auflädt, macht es einfach keinen Sinn. Das ist vielleicht noch anders, wenn man pro Tag unter 50 km fährt, dann kann man mit Ladestationen über die Runden kommen. Aber es ist nicht komfortabel. Und bei der Wallbox lädst du dann mit deinem normalen Stromtarif von rund 30 Cent pro Kilowattstunde. Das macht rund 4,20 Euro auf 100 km. Bei [https://www.e-stations.de/elektroautos/kostenrechner] kann das jeder für sich berechnen, bei meinem Profil würde sich das Elektroauto gegenüber einem vergleichbaren Benziner nach 17 Jahren rentieren. Uff.

Was dann das zweite Problem ist. Der Preis. Kaufst du eine Zoe wie ich sie gefahren bin mit Batterie, dann legst du 36.000 Euro hin. Das ist schon inklusive der Elektroprämie. Wenn man die dagegen nur mietet, dann zahlt man bei 7500 km pro Jahr 69 Euro im Monat zusätzlich zum Kaufpreis von rund 29.000 Euro. Wenn man einigermaßen realistische Reichweiten benötigt ist man bei 100 Euro im Monat. D.h. 1200 Euro im Jahr nochmal auf die 29.000 drauf. Aber dann brauchst du laut Mietvertrag auch zwingend eine Vollkasko, egal, ob das Auto selber vielleicht gar keine mehr haben sollte. Du hast also die Wahl, ob du nach sieben Jahren rund 40.000 Euro gezahlt hast (das ist noch ohne die eigentlichen Stromkosten oder Inspektionen oder sonstwas) und die Batterie von Renault ersetzt wird oder 36.000 Euro gezahlt hast und dann noch 7000 Euro für eine neue Batterie drauflegen kannst - oder eben nicht. Das Auto wird pro Jahr um die 5000 Euro kosten. Für ein Auto irgendwo zwischen Polo und Golf. Mit einigen echten Nervpunkten, wie Blinkergeräusch, nicht abschaltbarem Radio, miesen Getränkehaltern, noch mieseren Knopfplatzierungen. Sachen, die nach einem Tag schon nerven, die man sicher nicht 17 Jahre ertragen will. Wo du nochmal 1000 Euro investieren darfst, um eine Wallbox zu bekommen.

Da muss man schon arg idealistisch sein, um das zu akzeptieren. Oder einfach einen Golf als Jahreswagen für gut die Hälfte kaufen.

Und so bleibt für mich als Fazit: Elektroautos sind klasse. Ich würde jederzeit und komplett auf Elektro umsteigen - wenn der Preis stimmt und mein Vermieter eine Wallbox hinsetzt. Aber von vernünftigen Preisen sind wir weit entfernt. Die Elektroförderung müsste das Doppelte bis Dreifache vom Aktuellen betragen, um die heutigen Elektrofahrzeuge zu einer echten Alternative zu machen. Was schade ist, denn das Fahrgefühl ist fantastisch.

Da sieht man dann, dass die ganze Diskussion um Klimaschutz völlig verlogen ist. Denn während einerseits Elektroautos viel zu teuer sind liegen die Strafzahlungen für das Überschreiten des Flottenverbrauchs ab 2021 bei 95 Euro. Pro verkauftem Auto. Die Frage ist, wieso? Ein Elektroauto ist doch wesentlich leichter zu bauen. Weniger Teile, einfachere Teile. Warum also kostet ein Zoe schon ohne Batterie (die den Löwenanteil der Elektroautokosten ausmacht) zwischen 22.000 und 26.000 Euro, vergleichbare Benziner aber teils unter 15.000 Euro? Man könnte fast meinen da solle eine zahlungskräftige Zielgruppe ausgenommen, und nicht großartig das Klima geschützt werden. Was, ich wiederhole mich, schade ist. Denn Elektroautos sind cool. Aber derzeit nicht wirtschaftlich sinnvoll. Das wird sich durch größeres Angebot und mehr Konkurrenz vielleicht schnell ändern, dann bewerte ich neu. Stand heute fährt man statt Zoe lieber einen Up! für ein Drittel der Kosten. Für 24 Euro Kfz-Steuer im Jahr, aufgrund der guten CO2-Bilanz.


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