Thema:
Re:Ich hatte recht mit James Gunn flat
Autor: Pezking
Datum:10.12.18 22:53
Antwort auf:Re:Ich hatte recht mit James Gunn von laubkerl

>>Edit: Und doch noch eine gehaltvollere Antwort: Bevor ein Staat anfängt, das Selbstbestimmunsgrecht schwangerer Frauen einzuschränken, sollte er vielleicht damit anfangen, Eltern von kranken oder behinderten Kindern soweit zu unterstützen, dass zumindest wirtschaftliche Überlegungen angesichts eines solchen unverschuldeten Schicksalsschlags überhaupt keine Rolle mehr spielen.
>
>Ich hab eine schwerst behinderte Halbschwester die inzwischen 19 ist und ich kann dazu nur sagen das dies der Fall ist. Alles wurde bezahlt, häusliche Pflege durch die Eltern berechtigt zu Urlaubs- und Rentenansprüchen und um der Schulpflicht nachzukommen gibt es eine gut ausgebaute Infrastruktur mit speziellen Schulen die sehr gut ausgestattet sind, sowie Fahrdienste usw. Nach der Volljährigkeit können die Behinderten dann bei Bedarf in spezielle ebenfalls gut ausgestattete Wohneinrichtungen kommen, das können WGs sein oder Heime. Die Zustände in dieser Welt für Menschen mit Behinderungen sind mit dem Pflegenotstand in den anderen Bereichen wie Altenpflege und Krankenhäusern nicht im Mindesten zu vergleichen. Geld und der Wille sich zu kümmern sind auf staatlicher Seite definitiv vorhanden. Das ist allerdings natürlich eine direkte Folge der Verbrechen der Nazis an behinderten Menschen, da brauchen wir uns nix vormachen. Nett ist der Staat hier nur weil er muss und das ist alles so dermaßen institutionell festgenagelt das auch eine sich leider wandelnde Stimmung in der Gesellschaft daran vorerst nichts ändern kann.
>
>Man sollte wohl in diesem Fall noch dringend einschränkend hinzufügen das beide Eltern verbeamtete Lehrer sind, Geld und spontane Ereignisse wegen derer man der Arbeit fernbleiben muss kein so großes Problem waren. Das mag bei Geringverdienern oder Alleinerziehenden oder Leuten die in der freien Wirtschaft arbeiten ganz anders aussehen.
>
>Außerdem gibt es verschiedene Grade an Behinderung die sehr unterschiedlich belastend für die Angehörigen sein können. Wir hatten quasi "Glück" das meine Schwester eine für die Familie und Pfleger einfach zu handhabende Behinderung hat. Ich habe in den 19 Jahren in denen ich mit dieser Welt in Kontakt bin allerdings auch andere Fälle erlebt die nicht so einfach zu bewältigen sind trotz der guten staatlichen Unterstützung. Ob man jemanden pflegt der die ganze Zeit im Bett liegt oder ob derjenige herumrennt und die ganze Zeit in krassen Tonlagen und Lautstärken kreischt und sich selber und andere verletzt, das ist ein gewaltiger Unterschied, ganz unabhängig von der staatlichen Unterstützung und eigener finanzieller Situation.


Danke für Deinen Erfahrungsbericht.

Ein befreundetes Pärchen von uns hat einen schwerstbehinderten Sohn. Da hieß es von Anfang an, dass er wohl nie laufen und sprechen können wird.

Die Eltern des Vaters sind reich. Deshalb gehen Vater und Mutter kaum noch arbeiten, sondern verbringen viel Zeit mit hochspeziellen Therapien in der Ukraine und den USA. Mittlerweile ist der Vater derart in dem Thema drin, dass er sich selbst zu einem solchen Therapeuten ausbilden lässt und das beruflich machen will.

Vor ein paar Tagen ist das Kind in New York tatsächlich ein paar Schritte gelaufen, was einem Wunder gleichkommt. Er müsste jetzt so sechs bis sieben Jahre alt sein.

Das meine ich, wenn ich daran denke, dass einen der Staat (sofern die Familie es sich nicht eh leisten kann) in solchen Fällen bestmöglich unterstützen sollte. Er soll nicht nur einen geregelten Alltag ermöglichen und die Versorgung sicherstellen, sondern wirklich ungebremst die erfolgversprechendsten Therapien ermöglichen. Zumindest dann, wenn er jemandem ansonsten eine Abtreibung verbieten will.

Ein zweites Kind vollen die beiden übrigens nicht bekommen, auch wenn das höchstwahrscheinlich gesund zur Welt kommen würde. Die Mutter sagt klipp und klar, dass sie sich umbringen würde, wenn sowas nochmal passieren würde. Die Eltern haben hier megaharte Zeiten durchleben müssen, die man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht, und die man erst recht als Außenstehender niemandem aufbürden sollte.


< antworten >