Thema:
Vergessene Sportwagen-Studien/Exoten der 60er/70er II flat
Autor: Xtant
Datum:05.09.18 01:03
Antwort auf:Auto-Thread #18: Make Driving Great Again von enju

Ein Quartett ist locker drin... ;)

6. Bitter für Opel - das Opel Coupé Diplomat (CD)
Baujahr: 1969
Grund: Designer-Fingerübung
Stückzahl: 1, immer noch bei Opel

1969 darf sich Opel-Chefdesigner Charles M. Jordan mal austoben: Er entwirft ein kühnes Coupé, das italienisch-amerikanischen Flair mit dem für die damalige zeit typischen Science-Fiction-Ansaz kreuzt. Statt normal öffnender Türen hat das CD eine nach oben schwingende Kuppel. Technisch basiert das Ding auf dem Diplomat V8, der wiederum GM-Technik aus dem Amiland nutzt.

Indirekt geht der CD tatsächlich in Serie: Ungefähr gleichzeitig mit dem  CD-Release will der Ex-Rennfahrer Erich Bitter ein eigenes Auto auf den Markt bringen. Dazu spannt er mit dem italienischen Konstrukteur Intermeccanica zusammen und kreuzt beim Indra italienisches Design mit ebenfalls Diplomat-V8-Technik. Der ab 1971 verkaufte Indra ist wunderschön, aber italienisch-lässig zusammengebaut.

Bitter wendet sich frustriert ab, auch GM ist enttäuscht. Durch bestehende Kontakte unterstützt Opel Erich Bitter darin, ein dem Indra ähnliches, aber nach deutschen Qualitätsmaßstäben produziertes Coupe zu entwickeln. Man erhofft sich Prestige. Der italienische Designer Frua wird beauftragt, mittels zweier Studien das Design des Opel CD in ein serientaugliches Mobil umzuwandeln. Den endgültigen Optikschliff bekommt das Auto durch Bitter und Opel selbst verpasst.

Ab 1973 wird das Auto als Bitter Diplomat CD verkauft (hat also zweimal das Diplomat im Namen), bald darauf nur noch als Bitter CD. Es ist durchaus als Leistung anzusehen, dass das Projekt das Anfangsstadium überlebte, wurde es doch mitten während der Ölkrise präsentiert. Insgesamt wurden bis 1980 knapp 400 Exemplare verkauft.

Opel CD
[http://www.carstyling.ru/resources/concept/1969_Opel_CD_Diplomat_Coupe_Concept_01.jpg]
Frua CD
[http://www.coachbuild.com/forum/download/file.php?id=38661]
Bitter CD
[https://de.wikipedia.org/wiki/Bitter_CD#/media/File:Techno-Classica_2018,_Essen_(IMG_9077).jpg]

7. Zurück in die Zukunft IV - Lamborghini Marco Polo

Ja, das Ding sieht Null aus wie ein Lambo. Was mehrere Gründe hat. 1982 entstanden, war es die Zeit, in der sich aerodynamisches Design mit Wucht durchsetzte. Autos wie  der neue Audi 100, der Ford Sierra oder der Baby-Benz kamen auf den Markt. Zwei jahre zuvor hatte ItalDesign/Gigiaro den recht ähnlichen Lancia Medusa gebaut, der ganz dem typischen 80er-Jahre-AeroDesign huldigte. Der Marco Polo war - und das ist der eigentlich interessante Part - ursprünglich als DeLorean DMC-24 angedacht, bevor DeLorean das Geld ausging. Die Alus sind übrigens noch original DeL. Und so pappte Giugiaro halt ein Lambo-Emblem auf das Auto. Was mehr als Huldigung gedacht war denn als ernsthafter Versuch, Lambo so ein Design "anzudrehen".
[http://www.carstyling.ru/resources/studios/1982_Italdesign_Lamborghini_Marco_Polo_01.jpg]

8. Monteverdi Hai 450 SS/GTS
Baujahr: 1970/1973
Stückzahl: 2 bzw. 4
Grund: geplanter Konkurrent zu Ferrari und Lamborghini
Ende der 60er gesellte sich der Schweizer Peter Monteverdi zu denjenigen, die  elegantes italienisches Design kombiniert mit bulliger, bewährter US-Technik verkaufen wollten. Seine Highspeed 375-Coupés waren trotz gesalzener Preise durchaus erfolgreich. Also sollte ein "echter" Sportwagen her, der den damaligen Platzhirschen Miura/Countach und Daytona/512BB Paroli bieten sollte.

Der gewaltige 7-Liter-Chrysler versprach mit seinen 450 PS enorme Fahrleistungen. Da er zudem teurer als die italienische Konkurrenz werden sollte, war der Hai der Star vieler zeitgenössischer Autoquartetts. Ob je ernsthaft eine Serie geplant war, ist nicht bekannt. Das Konzept war wohl auch Monteverdi selbst zu extrem, die zwei fahrbereiten Hai nicht wirklich alltagstauglich.

Um dennoch eine Art Serienproduktion vorzutäuschen, bediente man sich eines immer wieder mal verwendeten Tricks: Das 1970er Auto wurde mehrfach umlackiert und immer wieder auf Ausstellungen gezeigt.
[https://en.wikipedia.org/wiki/Monteverdi_Hai_450#/media/File:Monteverdi_Hai-103.jpg]

9. Turbogeil - BMW Turbo X1
Baujahr: 1972
Stückzahl: 2
Grund: Technologieträger

Warum der BMW Turbo nie in Serie gebaut wurde, ist bis heute unverständlich. Klar, er war von vornherein nur als Technologieträger geplant. Doch im Vergleich zu mancher italienischen Bertone/Giugiaro/Pininfarina-Studie wirkte der Turbo trotz seiner Flügeltüren eher bodenständig. Er diente vor allem der Erforschung diverser Sicherheitstechniken und hatte den Motor vom BMW 2002 turbo, dem ersten europäischen Turbo-Großserienauto. Damals fehlte wohl auch etwas der Mut; und immerhin war er so etwas wie der geistige Vorgänger des legendären M1.
[https://de.wikipedia.org/wiki/BMW_Turbo_X1#/media/File:BMW_Turbo_1972_red_vr_TCE.jpg]

10. Sex auf Rädern - Panther 6
Baujahr: 1977
Stückzahl: 2

1976 setzte Tyrrell mit dem P34 das erste Sechsrad-Auto in der Formel 1 ein - und das sogar halbwegs erfolgreich. Er diente offensichtlich als Inspiration für die englische Firma Panther Westwinds, die recht erfolgreich Autos im Retro-Stil der 30er-jahre anbot und mit dem Panther DeVille (trotz Rolls Royce und Aston  Martin) eines der teuersten britischen Autos der damaligen Zeit verkaufte.

Der Panther 6 wurde von Firmengründer Robert Jankel selbst entworfen und war eher radikal denn wirklich schön. Dazu passte auch der 8-Liter-Cadillac-Motor mit Doppelturbo. Zwar wurden beide gebauten Autos tatsächlich verkauft. Der 6 war wohl dennoch eher als Marketingvehikel denn seriös geplantes Serienauto zu verstehen. Problematisch wären vor allem die speziellen Pirelli-Vorderreifen gewesen, die die Italiener kaum in Serie produziert hätten.

Kleine Anekdote: Panther erwarb unter anderem auch alle Rechte und Formen/Werkzeuge vom in Teil 1 vorgestellten Monica. Allerdings wurde nie auch nur ein weiteres Auto produziert.
[http://www.motorstown.com/61948-panther-6.html#gal_61948_panther-6-03.jpg]


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