Thema:
Re:Was ich erstaunlich finde: kaum ein Nachkriegs-Vorfall.. flat
Autor: Phil Gates
Datum:12.07.18 16:04
Antwort auf:Re:Was ich erstaunlich finde: kaum ein Nachkriegs-Vorfall.. von thestraightedge

>>Ich frag mich auch, was da in den ganzen 5 Jahren überhaupt verhandelt wurde. Ich war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass angesichts dieses monströsen Aufwandes auch die ganzen skandalösen Hintergründe detailliert aufgearbeitet worden wären. Das Ergebnis ist in seiner Mickrigkeit beschämend. Wenn die Justiz sich diese Ineffizienz zum Massstab macht, könnten eventuelle Folgeprozesse zum Staatsbankrott führen.
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>Ich bin ja nun nicht anfällig für Verschwörungstheorien, aber es wirkt fast, als solle der ganze Tamtam um EINE Beschuldigte in dem Verfahren von all den offenen Fragen und losen Enden ablenken, nach dem Motto: HIER haben wir aber VOLL durchgegriffen, mit sooo viel Aufwand, also was wollt ihr mehr?
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>Beileid für alle Hinterbliebenen. Wenn ich meinen Frust vor dem Hintergrund der Posse nur annähernd auf deren Gefühlswelt projeziere werden die 20 Jahre lang in die Kissen weinen.
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>Und V-Mann Temme schleppt weiterhin monatlich ein nettes Staatssalär nach Hause. Weil "er hat ja nix gesehen" und "war nur zufällig dort".



Ich muss hier mal eine Lanze für das Gericht brechen: Die Aufgabe des Gerichts war nicht die Aufklärung des NSU-Komplexes und der ganzen Versäumnisse der involvierten Behörden. Dafür sind Untersuchungsausschüsse zuständig. Und dort gehört der schwarze Peter hin, denn da wurde gemauert und geschwärzt dass es kracht. Das OLG München hingegen hatte zu klären, ob Beate Zschäpe mitschuldig an den Morden war und welche Strafe ihr dafür gebührt. Das hat das Gericht getan. Dass sie nicht auspacken würde, war doch klar. Und dass das alles so lange gedauert hat, war vor allem dem Umstand geschuldet, dass ihre Verteidiger nach allen Regeln der Kunst unzählige Anträge gestellt haben, um Rechtsfehler des Gerichts für die Revision zu produzieren. Klar, dass ein Gericht deshalb extrem sorgfältig arbeiten muss und das seine Zeit dauert. Aber auch den Anwälten ist kein Vorwurf zu machen, das ist deren Job. Zschäpe hat übrigens das maximal mögliche an Strafe bekommen. Sicherungsverwahrung geht laut Bundesgerichtshof gar nicht zusätzlich zu lebenslänglich mit besonderer Schwere der Schuld, jedenfalls dann nicht, wenn die Tat (wie hier) vor 2013 stattgefunden hat. Hinzu kommt, dass es auch unnütz ist: Zschäpe kommt in ca. 30 Jahren frei, aber auch nur, wenn sie nachweist, dass sie nicht mehr gefährlich ist. Sicherungsverwahrung gibt es wiederum nur, wenn der Täter nach Absitzen seiner Haft noch gefährlich ist. D.h. wenn sie laut Gutachten auf Bewährung rauskommen müsste, liegen die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung nicht (mehr) vor. Sonst bleibt sie einfach weiter in Haft.


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