Thema:
Reisebericht London flat
Autor: Pezking
Datum:12.06.18 15:22
Antwort auf:Urlaubs-Thread Nr.5 - Balkonien ist auch schön von Mark_TE

Sind jetzt schon anderthalb Wochen wieder im Lande, der Alltag hat uns wieder. Aber schön war's!

Fünf Nächte verbrachten wir hier: [https://www.southpointsuites.com]. Grundsätzlich eine nette und moderne Unterkunft. Nur blöderweise hatten wir in der dritten Nacht eine Maus im Zimmer und mussten überhastet in ein anderes Zimmer umziehen. Ansonsten sind auch Sauberkeit und Qualität der Möbel nicht gerade beeindruckend, aber immerhin drei Klassen besser als das, was ich bei meiner Abifahrt anno 1996 aushalten musste. Lage ist top, und der Preis war für eine Bleibe in dieser komfortablen Größe auch echt ok. Zentral, gentrifiziert, viel mehr Londoner als Touristen. Unter'm Strich in Ordnung.

Am Anreisetag besuchten wir direkt ein Konzert von Superchunk im ULU, also in der Londoner Uni. Nette Location: Schwimmbad im Erdgeschoss, Konzerthalle drüber. Wir waren sehr spät dran, aber da das Publikum dort erheblich mehr Alkohol konsumierte als wir das von hiesigen Konzerten gewohnt sind, war eine gute Fluktiation im Saal und man fand sich zügig angenehm weit vorne wieder, weil die meisten ständig nur zwischen Bar (vor dem Saal) und Toilette (neben der Bühne) pendelten.

Tag 2: Bummelei an der Themse entlang, generell die Lage peilen. Highlight am Abend: Hamilton im Victoria Palace Theatre. Meine Frau und sich sind normalerweise chronische Musicalmuffel, aber das Ding hat uns echt die Schuhe ausgezogen. Wahnsinnig imposant, geile Choreographie, tolle Musik - echt der Hammer. Allein dafür werden wir sicher spätestens 2020 nochmal London ansteuern. Wird dem Riesenhype echt gerecht.

Tag 3: Morgens um 11 Uhr ins BFI IMAX. Meine Frau hatte Solo noch nicht gesehen, und ich wollte ihn mir gerne ein zweites Mal anschauen. Geiles Kino, echt ein Erlebnis.  Direkt vor der Vorstellung kam nochmal eine Mitarbeiterin rein, erklärte die Verhaltensregeln und den Weg zu den Notausgängen wie im Flugzeug und wünschte dann viel Spaß. Irgendwie nett, die Ansprache unterstrich nochmal das Event und fokussierte das Publikum auf den anstehenden Film! Teuer war's nur: 22,50 Pfund pro Karte sind kein Pappenstiel. Aber wir waren beide der Meinung, dass dieser Kinobesuch sein Geld eher wert war als 17, 18 Euro für einen Besuch in einem gammeligen Cinestar.

Danach waren wir u.a. mal am Piccadilly Circus unterwegs, und da stand tatsächlich mit einer Tasche von New Era und Airpods in den Ohren John Bradley-West aka Samwell Tarly aus Game of Thrones an der Ampel! :-)

Abends dann das nächste Konzert: Frankie Cosmos im (oder in der?) Scala. Sehr schöne Location, nettes kurzes Konzert, viel mehr Damen im Publikum und viel weniger Betrieb an der Bar als zwei Tage zuvor. Wir kamen erfreulich früh nach Hause ins Hotel - und dann kam die doofe Maus um die Ecke...

Tag 4: Shopping! Forbidden Planets ist ein saugeiler Comicladen. Die haben echt alles, von Comics über Klamotten, von Büchern über Spielzeug, von Funko bis Hot Toys.

Abends dann das zweite Musical: The Book of Mormon von Trey Parker und Matt Stone. Tolles Ding, sehr sympathisch und so lustig, wie man sich das von den Machern von South Park und Team America erhofft. Die Story: Frisch ausgebildete Mormonen werden nach Uganda geschickt, um die dortige Bevölkerung zu bekehren. Die haben jedoch ganz andere Probleme: Alle haben Aids, der lokale Warlord will alle Frauen beschneiden und irgendwie ist in Afrika doch nichts so idyllisch, wie man das vom König der Löwen her kennt. Derber Humor mit dem Herz am rechten Fleck.

Der fünfte und letzte Tag vor der Rückreise führte uns dann in den Victoria Park zum All Points East-Festival mit The National als Headliner. Eines bestätigte sich dabei definitiv: Wir sind KEINE Festivalgänger. Gut, dass wir erst nachmittags dort aufschlugen, wir nur einen Tag gebucht hatten und uns VIP-Tickets mit Zugang zu besseren Toiletten und Essensbuden in einem gesonderten Bereich neben der Hauptbühne sicherten. Spießig, aber anders hätten wir den Tag auch nicht genießen können.

Wir haben dann erst Warpaint auf der zweitgrößten Bühne gesehen und LEIDER auf The War on Drugs verzichtet, weil deren Set blöderweise erst 5 Minuten vor dem Auftritt von The National am anderen Ende des Geländes endete. Vom Zeitplan her echt komplett bescheuert organisiert. So haben wir dann nach Warpaint ein Weilchen im Vip-Bereich gechillt und sind dann nach der letzten Band vor The National (Future Islands) dort rausspaziert - und standen dann netterweise in der ersten Reihe, mit 25.000 Seelen hinter uns. Hat sich gelohnt, Matt Berninger hat uns abgeklatscht. :-)
Toll war die Crowd Interaction, es wurde wirklich ausführlichst mitgesungen. Ein großer Spaß und ein toller Abschluss für den Kurzurlaub.

Einen Tag später dann der Rückflug. Mit Mario Draghi bei uns an Bord. Er natürlich in der Business Class, erste Reihe. ;-) Geflogen sind wir mit Lufthansa ab Frankfurt nach Heathrow und zurück.

Zum Schluss noch zwei Essenstipps: Bei Franco Manca gibt es eine saugute Pizza, fast auf Super Bros.-Niveau! Und bei der Asia-Kette wagamama ist (müsste Nummer 45 oder 47 auf der Karte sein) ist das "Teriyaki Sirloin Steak Soba" unglaublich lecker.
Jagen kann man mich hingegen mit den ganzen Pret-A-Manger-Filialen. Davon gibt es in London derzeit mehr als vor 5 Jahren Starbucks-Cafés und Bubbletea-Läden in ganz Deutschland zusammen. Unfassbar, wie sehr die Stadt damit zugeschissen wurde. Und kaufen kann man dort nur überteuerten, faden Bums. Meine Frau fand die Sandwiches dort aber ok.

Eine Beobachtung noch: London ist die Hölle für Behinderte. Wer in der Stadt nicht reich und gesund ist, hat ein großes Problem. Barrierefreiheit ist ein Fremdwort. Nur an gefühlt jeder vierten Haltestelle kann man als Rollstuhlfahrer überhaupt ein- und aussteigen. Rolltreppen sind keine Selbstverständlichkeit - und manche U-Bahn-Station liegt 30m unter der Erde. Die Bürgersteige sind NULL geeicht und zusammengeschustert wie Kraut und Rüben. Lang lebe der TÜV! Und auf diesen windschiefen Gehwegen wurden dann vereinzelt alibimäßig taktile Platten für Sehbehinderte draufgeschraubt. Hat mich echt negativ überrascht. Und da fanden vor sechs Jahren die olympischen Spiele statt?

Zeigt aber auch, wie sehr man doch durch die ganzen Bemühungen zu barrierefreien Umbauten hierzulande sensibilisiert wurde. Ist schon eine gute Sache, dass man auf sowas heutzutage viel mehr achtet.


< antworten >