Thema:
Meine Meinung... flat
Autor: Kilian
Datum:26.09.17 15:06
Antwort auf:Anderes Thema: Spanien & Katalonien... von Kilian

Da ich im Ausgangsposting nicht durch andere Dinge ablenken wollte, hier separat (sic!) meine Meinung zum aktuellen Geschehen:

Ich habe 2006/2007 für acht Monate als Leonardo-Praktikant in Barcelona gelebt und schon damals ist mir dieser Konflikt nicht entgangen. Als Anwohner des Raval mitten im Zentrum der Stadt habe ich damals Dinge gesehen und erlebt, die ich eher in die Zeit meiner Großeltern gepackt hätte als ins Europa des 21. Jahrhunderts:

Rechtsradikale, die Cafés und Bars mit überwiegend spanischsprachiger Kundschaft* dem Erdboden gleichgemacht haben (*ob Spanier oder südamerikanische Einwanderer war dabei egal). Großdemonstrationen mit allen Teilen der Bevölkerung: Junge, Alte, Konservative, Progressive, Intellektuelle etc., die fahnenschwingend und nationalistische Hymnen trällernd die Boulevards gefüllt haben. Nationalistische Parolen an gefühlt jeder dritten Wand. Flugblätter für unentgeltliche Kurse in katalonischer Sprache und Kultur. Und nicht zuletzt mein Büro, in dem nur Katalonisch oder Englisch gesprochen werden durfte - Spanisch war verboten.

Diese Erlebnisse waren mir damals höchst unsympathisch und ich habe bis heute kein Verständnis dafür, dass die Katalanen so vehement den Bruch mit Spanien forcieren. Wir leben im Jahr 2017 und sind Teil der EU - einer Institution, die im Prinzip das Gegenteil von Abspaltungsgedanken und nationalistischen Tendenzen darstellt und die ihrer Bevölkerung seit vielen Jahrzehnten Wohlstand und Frieden gebracht hat.

Für mich stehen solche Separationsbewegungen vollkommen gegen die Entwicklung unserer Gesellschaft und deren Fortschritt. Ich halte es für dumm und gefährlich ohne Not so ein Referendum zu erzwingen und die Bevölkerung aufzustacheln. Natürlich kann man die harte Reaktion der spanischen Regierung kritisch sehen, aber die Ursache und letztendlich Verantwortung für die Situation liegt IMO bei der katalanischen Bevölkerung und ihrer Führung.

Die Franco-Zeit, in der Katalonien von der Diktatur unterdrückt wurde, ist lange vorbei und im heutigen Spanien sind der Region schon seit 1979 weitgehende Selbstverwaltungsrechte eingeräumt. Ich habe nicht das Gefühl, dass die spanische Gesellschaft die Aufarbeitung der Diktatur in Bezug auf Katalonien versäumt hat oder die region immer noch kleinhält (eher im Gegenteil - im Vergleich geht es Katalonien ziemlich gut). Mein Eindruck ist eher, dass a) der Bevölkerung - ähnlich wie in Israel / Palästina - die Ressentiments gegen Spanien von kleinauf anerzogen werden, und b) dass es für Katalanen in einer perversen Art und Weise hip bzw. modern ist, die eigene Identität so aggressiv nach außen zu tragen.

Ich lasse mich gerne aufklären, warum es aktuell für Katalonien unabdingbar sein soll, sich von Spanien zu trennen. Aber wer mir mit Grenzlinien, militärischen Konflikten oder sonstigen Dingen kommt, die Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte her sind, dem kann ich diese Grafik zur weiteren Beschäftigung bieten:
[https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/07/Map_of_the_Imperial_Circles_%281512%29-en.png]


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