Thema:
Re:Ein Appell an alle: flat
Autor: Droog
Datum:26.05.16 13:18
Antwort auf:Ein Appell an alle: von Pezking

>Zunächst einmal tut es mir unendlich leid, was Du gerade durchmachen musst. Ich kann aus eigener Erfahrung nur ansatzweise mitreden, aber selbst das war schon sowas von beschissen, so daß ich mir kaum ausmalen mag, was gerade in Dir vorgeht.
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>An dieser Stelle mal ein wichtiger Appell an alle hier im Forum: Geht zur Krebsvorsorge, und sorgt dafür, dass Eure Frauen es auch tun!


Die Stunde im Jahr sollte man sich defenitiv erlauben. Allerdings kenne ich auch Leute die nach einer Diagnose daran psychisch zerbrochen sind (Ich habe Krebs, ich muss vielleicht sterben) und den Kampf gegen diesen Mist verloren ahben, bevor er überhaupt richtig begonnen hatte und die Heilungschancen rein objektiv zu diesem Zeitpunkt ( noch keine Metastasen gestreut) mehr als gut standen.




>Jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs!
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>Meine Frau ist mit 27 Jahren an Brustkrebs erkrankt. Das war 2007. Sie hat den Tumor selbst ertastet, und ist dann sofort zum Arzt. So konnte der Krebs noch in einem heilbaren Stadium diagnostiziert werden - aber es war auch wirklich eine Minute vor Zwölf, ein Wächterlymphknoten war schon minimal befallen. Es folgten die Chemotherapie mit Haarverlust und zahlreiche Operationen. Man entschied sich, erst nach der Chemo zu operieren, um zu sehen, wie der Tumor auf das Medikament reagiert. Die Behandlung schlug an, der Tumor schrumpfte während der Chemotherapie - ein gutes Zeichen.
>Untypisch für ihr Alter war der Tumor auch erstaunlich unaggressiv. Normalerweise erkranken junge Menschen eher an schnell wachsenden Tumoren. Trotzdem wurde sie natürlich dank ihres so jungen Alters in die Hochrisikogruppe eingestuft und entsprechend aggressive behandelt. Klar: Bei einer alten Frau ist es oft schon damit getan, wenn sich der Krebs für 10-20 Jahre zurückzieht. Eine 27jährige hingegen würde gerne noch so 50-60 Jahre ihre Ruhe haben. Und junge Menschen verkraften eine Chemo natürlich auch besser, daher: Feuer frei.
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>Es folgte noch eine fünfjährige Anti-Hormon-Therapie, weil ihr Tumor stark hormonabhängig war. So kann man möglicherweise verbliebenen Krebszellen noch nachhaltig die "Nahrung" vorenthalten.
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>Das ist jetzt neun Jahre her. Sie ist gesund. Oder besser: Krebsfrei. Aber selbst da ist es bei genauerem Hinsehen mit "Gott sei Dank!" und Haken dahinter nicht getan. In so jungen Jahren ist eine langjährige Anti-Hormon-Behandlung kein Pappenstiel. Auch für mich nicht. Und es scheint gerade so, als würde ihre Erkrankung samt Therapie nun auch unserer Familienplanung einen Strich durch die Rechnung machen, wobei da das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
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>Und neuere Studien haben auch nachgewiesen, dass eine noch längere Anti-Hormon-Threapie vorteilhaft sein kann. Vielleicht setzt sie diese nochmal fort.
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>Dennoch: Sie hat die Kurve gekriegt, wir sind glücklich und unendlich dankbar. Und alle Patientinnen, die sie 2007 kennengelernt hat, sind ebenfalls auch heute noch wohlauf.
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>Wenn man Brustkrebs heute rechtzeitig (!) diagnostiziert, kann man verdammt viel machen. Dank der traurigen Häufigkeit ist auch kaum eine andere Krebsart so gut erforscht. Aber das Timing ist entscheidend, und deshalb nötigt verdammt nochmal notfalls Eure besseren Hälften zur Vorsorge.
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>Und nochmal speziell an Tota: Gehe so schnell wir möglich zum Arzt und schrecke auch nicht davor zurück, vorübergehend ein Anti-Depressivum zu nehmen. Gerade bei einer reaktiven Depression, deren Ursache klar auf der Hand liegt, kann das äußerst hilfreich sein - ich spreche aus Erfahrung.
>Ich durfte 2007 Bekanntschaft mit Herrn Panikattacke machen, und das war kein Spaß. Gerade auch, weil man in diesem Zustand vorübergehend für niemand anderen eine Stütze sein kann. Schon eine geringe Dosis hat mir damals sehr geholfen. Bei mir war es Citalopram, iirc nur 10 oder 20mg. Ich glaube sogar nur 10mg, also eine halbe Tablette pro Tag. Keine Ahnung, was es da heute gibt, ist ja auch schon ein paar Jahre her.
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>Aber in solchen Situationen sind Depressionen IMO geradezu vorprogrammiert. Und Du musst ja leider als Familienvater weiterhin im Alltag funktionieren. Deshalb kümmere Dich so schnell wie möglich auch um Dich selbst und treffe ggf. ein paar Vorkehrungen. Meine jetzige Hausärztin hat eine Zusatzausbildung im Bereich psychosomatische Erkrankungen, das hat natürlich gepasst.
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>Mein alter Hausarzt hatte es zuvor mit irgendwelchen Vitaminspritzen versucht. Die haben mich immer so für 2-3 Tage regelrecht euphorisch werden lassen, was gerne mal in spontanen und komplett irrationalen Shopping Sprees endete. Was ich da teilweise einen Scheiß für meine Frau und mich gekauft habe...klingt lustig, war es auch - hat mir nur halt nicht nachhaltig in Sachen Panikattacken geholfen. Daher: Arztwechsel war angesagt, und dann ging es mir schnell besser.
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>Ich wünsche Dir, lieber Tota, echt von Herzen alles Gute und die nötige Kraft, um diesen riesigen Scheißdreck irgendwie zu überstehen. Und dem restlichen Forum wünsche ich, dass man mit Krebs möglichst nie etwas zu tun haben wird.
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>Geht zur Vorsorge.
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>Und fuck Cancer. Hart. Und trocken.
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>Edit: Ach ja, eine Sache noch: Rund um solche Dinge werden immer wieder Stimmen laut, dass man sich im Alltag doch auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren sollte, nicht soviel Zeit mit Nichtigkeiten vertrödeln, etc.
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>Ich für meinen Teil habe es als großes Glück empfunden, als ich wieder fähig dazu war, kopflos meine Zeit mit banalen Sachen wie Fußball und Videospielen zu "vergeuden". Es ist der pure Luxus, wenn man den Kopf frei hat für solche Dinge. Als ich wieder dazu in der Lage war, einfach mal stundenlang unbeschwert und ohne negative Gedanken im Hinterkopf einfach nur zu Zocken, war das für mich fast das deutlichste Signal dafür, dass es wieder bergauf geht.


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