Thema:
Achtung, Rant! flat
Autor: Kyo
Datum:28.08.14 22:24
Antwort auf:Einmarsch russischer Truppen??! von !!!

>Der Westen lässt sich seit Jahren von Putin verarschen

Ein Problem dabei ist, dass wir mittlerweile genug Leute haben, die bei jeder kritischen Bemerkung eines Politikers oder Journalisten als Reaktion auf solch imperialistisches Gehabe gleich von "Kriegstreiberei" sprechen. Das ganze pauschale Gejammer über die ach so übertrieben Putin-kritische und kriegslüsterne Presse ist echt ein Trauerspiel, weil da irgendwie ziemlich außen vor bleibt, dass die Kritik oft sehr reale Hintergründe hat.

Auch die Argumentationslinie "Der Westen sollte mal schön ruhig sein, siehe Irak-Invasion" ist ist ja erschreckend populär, was sie nicht weniger blödsinnig macht. Mal ganz davon abgesehen, dass es in der Hinsicht natürlich nicht "Den Westen" als gemeinsam agierenden Block gab: Als ob zwei mal negativ in der Hinsicht positiv ergibt. Demnach müsste die korrekte Reaktion des Westens dann wohl ein "Sorry, Ukraine, aber die Russen haben für den Irak-Einmarsch noch einen bei uns gut!" sein. Völlig bekloppt.

Putin reizt die Sache immer weiter aus, weil er genau weiß, dass die westlichen Politiker viel zu große Angst davor haben, wegen eines im Endeffekt doch relativ unbedeutenden und weit entfernten Staates wie der Ukraine einen bewaffneten Konflikt mir Russland anzufangen. Sowas macht man im Jahr 2014 einfach nicht mehr, also wird im Endeffekt weiter gekuscht und jegliche Provokation und Eskalation bloß von ein wenig Murren begleitet. Ich bin ja mal gespannt, was da noch alles kommt, denn das Ende der Fahnenstange scheint mir noch nicht erreicht zu sein.

Die immer dreisteren Lügen der Russen machen die Situation dabei zu einer immer größeren Farce. Was haben wir heute im Programm? "Unsere Fallschirmjäger haben sich bloß verlaufen" (na klar, 20 Kilometer zu weit über die Grenze - reines Versehen!). Oder "Es sind zwar russische Soldaten in der Ukraine im Einsatz, aber die sind grad alle im Urlaub und machen das in ihrer Freizeit - wir haben damit nichts zu tun!" - genau! Und das zynischste ist: Wenn die "im Urlaub" fallen, muss man der Familie nicht mal was dafür zahlen! Zum Kotzen. Und dann letztens dieser bescheuerte PR-Stunt mit dem LKW-Konvoi. Das ist so plump, das kann man schon gar nicht mehr parodieren, und doch fanden sich auch da Leute, die sich darüber echauffiert haben, dass die Ukrainer die Kolonne nicht umgehend durchgewunken haben.

Wenn ich den ganzen Quatsch jetzt wieder so Revue passieren lasse, finde ich es wirklich beschämend, dass aus dem linken Spektrum bei uns in Deutschland nach wie vor bloß pauschale "NATO-Kriegstreiber!!"-Gejammer und peinliche Relativierung kommt ("Der Westen ist ja selbst schuld! Hätten die den Putin mal nicht so provoziert!"), anstatt sich mal der Realität zu stellen. Nämlich der Tatsache, dass das, was da im Osten der Ukraine derzeit läuft, ohne sehr aktive russische Unterstützung längst vorbei wäre, wenn es denn jemals überhaupt angefangen hätte. Ich kann mich aber gerade an kein einziges ernsthaft Putin-kritisches Wort von links erinnern, da das Gejammer über die gemeine Anti-Putin-Presse und den bösen Westen da irgendwie alles übertönt.

Es ist halt einfach für einen deutschen Pazifisten, auf eine politische, friedliche Lösung einer Krise weit, weit weg zu pochen, wenn es nicht das eigene Land ist, in dem Städte von maskierten Leuten mit unklarer Herkunft und Motivation mit schweren Waffen kontrolliert werden. Mal ehrlich: Wenn jemand hier irgendeine grenznahe Stadt auf diese Art besetzen und bei der Gelegenheit ein paar regierungsnahe Politiker vor Ort um die Ecke bringen würde, würde da ernsthaft jemand verlangen, man müsse mit diesen Leuten verhandeln und ihre Forderungen in Zukunft in die Regierungsarbeit einbeziehen?


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