Thema:
Re:Google Glass - Kaufen oder nicht? flat
Autor: Melanie
Datum:16.04.14 17:37
Antwort auf:Re:Google Glass - Kaufen oder nicht? von Stitch

Ich finde, man kann Glass nicht unbedingt mit Smartphones oder Laptops/iPads vergleichen, die zwar auch aehnliche
Funktionen aufweisen, aber doch eigentlich recht unterschiedlich sind. Glass ist nunmal ein Brillengestell mit Kamera
und ohne die Kamera ist Glass recht sinnfrei. Sicher ist es moeglich, auch mit einem Smartphone andere Leute aufzunehmen,
aber es ist nunmal immer noch so, dass man dazu das Telefon bedienen und meistens auch in die Hand nehmen muss.
Glass wandert nicht in die Hosentasche
sondern ist immer dabei und auf Kommando aktiv. Da nuetzt es wenig, dass Google da eine leuchtende LED einbaut, wenn
das Ding laeuft (und natuerlich ist einer der ersten Hacks fuer Glass das Abstellen eben dieser LED). Das ist, meiner
Meinung nach, schon ein erheblicher Unterschied.

Desweiteren wird es nicht bei der jetzigen Form von Glass bleiben. Die naechsten Generationen werden kleiner werden,
bis das Geraet im Brillengestell verschwindet und somit noch schwieriger zu erkennen sein wird. Das aber nur nebenbei.

Viel schlimmer ist es, dass Google Glass eben auch mit normalen Brillengestellen ausliefert, also als Aufsatz fuer
eine Sehhilfe. Ein Smartphone ist fuer die meisten Menschen nicht zwingend notwenig (Jaja, ich weiss), aber eine
Brille u.U. schon. Jetzt stell Dir mal folgende Situation vor: Ich treffe mich mit jemanden zum Mittagessen. Der zieht
ein Smartphone raus und will mich knipsen. Es ist fuer mich leicht, der Person dieses zu verweigern, weil so etwas
eben aus den gesellschaftlichen Konventionen rausfaellt. Nun hat der aber Google's Glass auf und die Brille ist seine
normale Brille, ohne die der megablind ist. Was sag ich dem denn jetzt? "Nimm das Ding ab, mir doch egal, ob Du Deine
Suppe nicht sehen kannst! KHADD!" Wahrscheinlich nicht, weil eine Brille im gewissen Sinne ein Teil einer Person ist, aehnlich
wie meinetwegen ein Krueckstock. Also verzichte ich auf meine Privatsphaere, weil Glass in der Brille haengt. Das ist nun auch
irgendwie nicht so ganz fair.

Genau wie Du sehe ich aber auch durchaus sinnvolle Einsatzmoeglichkeiten fuer Glass. Aber oftmals sind die dann auch
wieder mit massiven Problemen behaftet. Mal als Beispiel: Meine Kanzlei beraet Firmen und Universitaeten in Sachen Arbeitsrecht.
Ein Bestandteil davon ist, Regelwerke fuer Angestellte auszuarbeiten. Die medizinische Fakultaet von einer Uni hier
moechte jetzt gerne Glass fuer Aerzte einfuehren, die mit der Universitaet am hiesigen Krankenhaus zusammenarbeiten. Dazu soll
Software erstellt werden, die dann Patienteninformationen und Datenblaetter einblendet, wenn der Arzt den Patienten
untersucht. Da haben wir jetzt das Problem, dass diese Daten im Netz rumflattern, aber das brauche ich Dir nicht zu
erklaeren, das verstehst Du besser als ich. Aber was schreibe ich jetzt, was die Regeln im Ungang mit Patienten angeht?
Was passiert, wenn der Patient nicht gerne mit Glass angeschaut werden moechte? Muss ich das respektieren? Ignorier ich
das und lasse den Patienten vorher eine Einwilligung unterschreiben?

Die eigentliche Frage ist, wird sich der Patient ueberhaupt trauen, aufzumucken, wenn der Gott in Weiss mit Glass da vor
ihm steht und ihn untersucht? Ich denke mal nicht. Ist
das ok? Irgendwie nicht.  

Das sind alles so Probleme, die Glass fuer mich zu einem ziemlichen Alptraum werden lassen. Ich find Technik und Fortschritt
oft ganz interessant, aber Glass ist fuer mich ein gefaehrliches Experiment.

Am Allerschlimmsten ist aber, dass die Leute einfach nicht verstehen, dass Informationen, gerade private, ein geldwertes Gut ist. Mit
Informationen wird massiv Geld gemacht, aber keiner kommt mal auf den Gedanken, dass Facebook und Co. vielleicht mal Kohle fuer die
massiven Mengen an Informationen rueberwachsen lassen. Mir ist klar, dass die einen kostenlosen Dienst bereitstellen und, gerade
im Fall von Google, schon tolle, kostenlose Software anbieten. Aber im Gegenzug verdienen sie doch recht gut und das auf Kosten derer,
die staendig Content und Daten bereitstellen. Das will mir irgendwie nicht in den Kopf.


Melanie


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