Thema:
Fasan als "Haustier" (lang) flat
Autor: Xtant
Datum:06.02.14 11:33
Antwort auf:Der Haustierthread von Shriekback

Ich arbeite derzeit als DHL-Zusteller (das derzeit schreib ich immer dazu, weil ich mir ständig einbilde, spätestens nächsten Monat wieder was anderes zu machen).

In meinem Bezirk wohnt ein Jäger, der unter anderem Fasane züchtet und diese aussetzt. Fasane tun sich nämlich schwer dabei, ihren Bestand auf natürlich Weise zu halten. Normalerweise verzupfen sich diese Fasane in die umliegenden Äcker, Buschgebiete und Weinberge, um eben so zu leben, wie es Fasane normalerweise tun.

Einer der Fasane hatte nun aber sein Geburtswohngebiet als Revier auserkoren. Dazu kam er irgendwann auf die Idee, die Farbe Gelb besonders gerne zu mögen (oder zu hassen, was weiß ich). Jedenfalls fing er irgendwann an, mich beim Zustellen ein Stück des Weges zu  begleiten. Meistens lief er neben mir her, manchmal auch vor mir, was lustig aussah, weil sein langer Hals wie ein U-Boot-Periskop ständig hin- und herdrehte, um mich nur ein wenig im Auge zu behalten.

Anfang war er noch sehr scheu, ließ mich aber mit der Zeit immer näher ran und dampfte erst auf dem letzten Meter ab. Auch wurde die Strecke immer länger, auf der er mich begleitete. Irgendwann ging er sogar mit zu den Briefkästen und gar Haustüren, wenn ich ein Paket abzuliefern hatte.

Stieg ich ins Auto, reckte er schon mal seinen Hals nach vorne, um sich auf das Kommende vorzubereiten. Er raste dann nämlich das Stückchen bis zum nächsten Briefkasten neben meinem Auto her - und Fasane sind wirklich beeindruckend gut zu Fuß.

Es war also insgesamt recht spaßig, auch wenn es mich immer ein wenig Zeit kostete, auch weil ich immer öfter darauf angesprochen wurde. Anscheinend tauchte der Fasan auch nur in der Öffentlichkeit auf, wenn ich (oder meine Kollegen) da war, ansonsten war er wohl eher scheu. Aber insgesamt sah ich ihn fast wie eine Art persönlichen Freund, er war nun fast eine ganze Stunde bei mir.

Irgendwann änderte sich aber sein Verhalten. Er ließ mich nun komplett an mich ran und drehte nicht mehr ab, sondern fing an, anzugreifen. Er hüpft dabei hoch und versucht mit seinem - verdammt harten - Schnabel zu hacken. Hielt ich ihm den Schuh hin, kämpfte er damit. Stand ich still vor einem Briefkasten, versuchte er sich von hinten anzuschleichen, um dann wieder anzugreifen. Es wurde zunehmend nerviger und kostete immer mehr Zeit. Da der Fasan immer aggressiver wurde, bleib mir irgendwann nix mehr anders übrig, als ihn zu treten. Teilweise flog er wie ein Fußball meterweit - es störte ihn nur einfach nicht. Selbst dann nicht, als er irgendwann schon hinkte, schnell war damit immer noch.

Nachdem auch ein Versuch des Jägers, ihn einzufangen, gescheitert war und mein Kollege den Bezirk nicht mehr machen wollte, da der Fasan ihn ernsthaft psychisch fertig gemacht hatte, wurde das Ding zur offiziellen Angelegenheit der Post. Fasane gelten nicht offiziell als Wild oder sonstwas, bei dem man irgendwas beachten müsste. Auch der Jäger meinte, dass er eigentlich nix mehr mit dem Ding zu tun hat. Also wurde ich mit einem Schalgstock bewaffnet. Zum Killen bin ich zu weich, ein befragter Tierarzt meinte, mit einem gut gezielten Schlag auf den Hals/Hinterkopf wäre er erst mal KO und könnte dann abtransportiert werden. Klappte nicht, weil dem Ding meine teilweise wirklich nicht gerade zimperlichen Schläge einfach nicht weiter störten. Der hat nur kurz den Kopf geschüttelt und weitergemacht.

Irgendwann kam ich auf die Idee - da er ja auf gelb so reagiert, einfach ein Postwännchen über ihn zu stülpen. Funktionierte, er schaute nur fasziniert zu, was da auf ihn zukommt. Ab in den VW Caddy gepackt, wo er dann erwartungsgemäß recht wild wurde. Da der teilweise mit Stahlgitter ausstaffiert ist, hat er sich dabei wohl etwas verletzt, die Ladefläche sah jedenfalls ziemlich wüst aus.

Nunja, jedenfalls lebt er nun ein paar Kilometer entfernt in der Nähe einer Staustufe mit vielen schönen grünen Wiesen und praktischen Hecken. soweit wäre das ein Happy End, wenn er nicht schon mal da gewesen wäre und irgendwann einfach zurück in sein Revier kam. Also warte ich jetzt darauf, dass ich ihn irgendwann wieder am üblichen Treffpunkt auf mich zulaufen sehe.

Noch ein paar (Fun) Facts:
- Fasane fliegen eigentlich äußerst selten und ungern. meiner wurde aber irgendwann dermaßen fanatisch in seiner Verfolgungsjagd, dass er mir mal eben hinterherflog, wenns zu Fuß nicht mehr schnell genug ging.
- Immer wieder bog er in Gärten ab, um dort neben mir herzulaufen. Dummerweise erkennen die Viecher aber keine Maschendrahtzäune, was recht lustig aussah, wenn er in voller Fahrt gegen einen knallte.
- Darwin-Award-mäßig hatte er vor meinem Auto keine Angsat, sondern bog im gegenteil schon mal bei voller Fahrt INS Auto rein. Reines Glück, dass ich ihn nie erwischt habe. Ansonsten kostete er auch deswegen viel Zeit, weil er gerne im Schrittempo vor dem Auto herzoggelte und sich nich weiter beeindrucken ließ. Da ich auf fasan-Matschepampe keine Lust hatte, musste ich mich dementsprechend mit Schrittempo anpassen.


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