Thema:
Re:Ja mann! flat
Autor: Mampf
Datum:13.11.22 00:05
Antwort auf:Re:Ja mann! von _bla_

>>Die 50:50 Quote für Praxen habe ich aus so gut wie jeden Seminar bzgl. Praxiswirtschaftlichkeit. Keine Ahnung woher die Referenten die Zahlen haben.
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>Und das war nicht zufälligerweise ein Seminar für Zahnmediziner? Dort stimmt es ziemlich genau, insgesamt aber eben nicht.
>[https://dzw.de/statistisches-bundesamt-einahmen-praxen-pkv-gkv]
>"Während Arztpraxen im Jahr 2019 durchschnittlich 71,2 Prozent ihrer Einnahmen aus Kassenabrechnung erwirtschafteten, resultierten die Einnahmen der Zahnarztpraxen gut zur Hälfte (51,6 Prozent) aus dieser Einnahmequelle."
>
>
>>Nachdem es sich aber im Falle von unserer Praxis deckt und auch die wenigen Kollegen mit denen man spricht dies als realistisch einstufen, würde ich sie jetzt nicht als utopisch deklarieren. Natürlich muss man immer sagen, dass es hier sehr starke Schwankungen geben kann. Berliner Brennpunktpraxis und Erlanger Privatpraxis dürften massiv andere Zahlen haben.
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>Die Leistungen der GKV sind aber vorallem im Bereich Zahnmedizin stark eingeschränkt. Deshalb haben dort ja auch viele Leute zusätzliche Versicherungen.
>
>>>Danach gehen bei allen Gesundheitsausgaben 255 Mrd. auf die GKV zurück und 36 Mrd. auf die PKV. Von 50% / 50% kann dort also schon mal keine Rede sein. Aber gut vielleicht ist das Verhältnis bei den Ärzten ja anders? Möglich, aber für 50%/50% reicht es dennoch nicht:
>>>Die GKVs geben 45 Mrd für Ärzte aus, also mehr als das gesamte Budget der PKVs.
>>
>>Sehr interessante Daten. Also stellen die Ausgaben der PKVs genau die Einnahmen der Ärzte dar?
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>Nein, aber das waren eben auch ALLE Ausgaben der PKVs. Also auch alles was die PKVs bspw. für Medikamente, Krankenhäuser und Laborleistungen ausgeben. Was fehlt sind die ganzen Beihilfeleistungen, schließlich sind die Hälfte der PKVler Beamte, die Beihilfe erhalten. Es ging mir nur um eine ganz grobe Abschätzung. Durchschnittlich 50% Anteil der Praxiseinnahme durch PKVler sind einfach nicht plausibel, auch nicht wenn du Beihilfe und Selbstzahler dazu rechnest. Dafür sind einfach zu wenige Menschen in der PKV und zu viele in der GKV.  
>
>>War mir bisher so gar nicht bewusst. Dies muss ich mal bei Gelegenheit der Patientin von letzter Woche sagen, die komplett verstört bei mir im Behandlungsstuhl saß, da ihre PKV zunächst nach Kostenvoranschlag knapp 50 % der Behandlungskosten übernehmen wollte und am Ende sogar stolze 25 % übernommen hat. PKVs sind nicht zwingend Vollversicherungen - sogar eigentlich fast nie. Deine Überlegung und somit absolut unlegitim.
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>Und nochmal: Das ist praktisch ausschließlich ein Zahnmedizin-Problem. Wer einen Herzinfarkt hat, der bekommt sein Stent oder Bypass halt auch ohne Herzzusatzversicherung oder tausende Euro Selbstbeteiligung etc.
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>>>Jede PKV Versicherte bringt rund 4150 Euro pro Jahr ins System ein. Während die GKV Versicherten bei rund 3500 Euro liegen.
>>
>>Gelten diese Zahlen pro Versicherten oder pro Erwerbstätigen? Sind ja über die Familienabsicherung der GKV nochmal zwei komplett andere Paar Schuhe?
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>Das war jetzt pro Versichertem gerechnet.
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>>Auch hier scheinst du nicht verstehen zu wollen. Die PKVler subventionieren nicht das Versicherungssystem, sondern die Praxen, die GKV und PKV behandeln.
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>Und du verstehst nicht worauf ich hinaus will. Wer freiwillig in der GKV versichert ist, der erhöht stark das Budget was insgesamt im Topf der GKV ist und dadurch landet bei jeder Leistung, die die Ärzte für die GKV erbringen etwas mehr bei den Ärzten. Ein halbwegs gesunder PKVler hingegen braucht kaum Leistungen und da nützt es dann wenig, das diese einzelne Leistung wesentlich höher vergütet ist. Dafür wie viel die Ärzteschaft insgesamt an den Versicherten verdienen, ist nicht entscheidenden, was in der Gebührenordnung steht, sondern wie viel Geld die Versicherten insgesamt einzahlen und wie viel von dem eingezahlten Geld an die Ärzte geht. Die PKV ist keine magische Geldvermehrungsmaschine. Die Ausgaben müssen sich durch die Beiträge finanzieren und da die Beiträge nicht dramatisch viel höher sind als in der GKV, können auch nicht viel höhere Leistungen finanziert werden. Wenn die rund 10% Privatversicherten genauso viel Einnahmen erzeugen würden, wie die fast 90% GKVler müssten sie eben auch im Schnitt 9mal mehr zahlen als der der durchschnittliche GKVler oder aber viel weniger für Krankenhäuser und Medikamente ausgeben, oder die GKV müsste astronomische Verwaltungskosten haben.




Danke, darauf wollte ich hinaus, ich war schon irritiert, was das ganze zahlengefasel soll, letzendlich führt es doch dazu, dass mehr Beiträge in der gkv mehr budget bedeuten würden.


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>>Wenn ich aber knapp 10 Euro für ne halbe Stunde Beratung eines GKVler bekomme, von denen ich Investition, Personalkosten, Miete, Heizung und sonstige Kosten Zahlen soll, subventioniert mir der Private halt die Praxis, da ich hier in ner halben Stunden 500 Euro verdiene.
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>Du verdienst mit einer halben Stunde Beratung bei einem PKVler 500 Euro? Da wüsste ich ja gerne mal wie das gehen soll. Lange Beratung ist doch auch in der PKV eher mies bezahlt. Selbst solche speziellen Beratungen wie GÖA 34 bringen doch gerade mal 61,20 Euro:
>[https://abrechnungsstelle.com/goae/goae-34/]
>


Weiss nicht, vielleicht gibt es pauschalen für Beratung überhaupt, und wenn man schnell ist, kann man soviel pkvler in 30 Minuten abspeisen, dass man 500Euro zusammen bekommt.


>>Und genau hier ist halt der Hund begraben. Das GKV-System ist hochgradig...fragwürdig aufgebaut. Primär durch die Budgetierung. Kriege ich meine Leistung nur bis zu einem gewissen Punkt ausreichend gezahlt, mache ich was? Genau bis zu dem Punkt arbeiten und dann in Feierabend gehen. Klar würde durch eine Bürgerversicherung der Punkt bis zur Decklung nach oben geschoben werden. Aber es wird halt nie ausreichen, um meine Arbeit vollumfänglich zu zahlen. Da Krankheiten leider immer den Nachteil haben, sich nicht an eine Budgetierung zu halten.
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>Das Problem ist nur, das "Fee-For-Service" ein Loch ohne Boden ist und dazu führt das jede Menge Leistungen mit zweifelhaftem Nutzen für den Patienten erbracht werden. Realistisch gesehen gibt es immer ein Budget, es wird immer nur ein begrenzter Anteil der Wirtschaftsleistung ins Gesundheitssystem fließen, woraus sich zwangsläufig auch ein begrenztes Budget ergibt. Man kann jetzt natürlich hingehen und sagen man macht "Fee-For-Service" ohne Budget für alle, aber müsste dann eben die Honorare so stark senken, das das Gesundheitssystem nicht zu teuer wird. Das setzt dann aber auch nicht unbedingt die richtigen Ansätze. Da werden dann Leistungen schnell und nachlässig erbracht und die sorgfältig arbeitenden Ärzte leiden. Im internationalen Vergleich kommt das deutsche System aber doch ziemlich gut weg.
>Ich persönlich bin der Meinung das es oftmals ehrlicher wäre, auf angestellte Ärzte zu setzen und finanzielle Risiken für Ausstattung und Angestellte durch die Krankenkassen tragen zu lassen und finanzielle Belohnungen für gute Leistungen nach komplexeren Kriterien zu vergeben als "wie oft hat jemand Tätigkeit x durchgeführt".
>Bei sowas wie bspw. Radiologie mit sehr teuren Maschinen wäre es halt sinnvoll sich zu überlegen, wie viele entsprechende Untersuchungen man pro Jahr und Versicherten durchführen muss und dann halt die passende Anzahl an Maschinen anzuschaffen und Ärzte anzustellen. Und den Ärzten kann man dann Boni dafür zahlen, wenn sie bspw. besonders schnell arbeiten oder besonders wenige Fehler machen.


Ich denke auch, dass mehr Ärztehäuser mit Ärzten als Angestellten, aber humanen Arbeitszeiten und fairen  Überstunden und spätschicht Ausgleich insgesamt ein Gewinn für alle wäre. Wenn man dem nachgeht, woher eigentlich diese Fixierung auf privat Praxen herkommt und dass da ordentlich lobby Arbeit aus dem 3. Reich hintersteckt.. Da wird einem schon leicht anders. Nicht dass ich denke dass Ärzte nicht wichtig wären oder ordentlich für ihre Leistungen honoriert werden sollten, aber die Zuständen in Deutschland und die Verhältnisse (vom Status eines Angestellten Arzt im Krankenhaus im Gegensatz zu einer eigenen Praxis oder Chefarzt) sind halt schon fragwürdig.


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