Thema:
Re:Gestern lange mit meiner Frau sinniert wie es weitergeht flat
Autor: token
Datum:07.07.22 21:12
Antwort auf:Re:Gestern lange mit meiner Frau sinniert wie es weitergeht von Kilian

>>Ich kann es fast verstehen, wenn nur Long-Covid endlich mal geklärt wäre.
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>Ich muss zugeben, dass ich einer derjenigen war, der anfangs dachte, dass Long Covid eher etwas Psychosomatisches und wohl kein größeres Problem sei. Mittlerweile bin ich mir aber ziemlich sicher, dass da noch ganz schön was auf uns zukommt.
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>Ich selber bin nach meiner Infektion Ende Januar nach wie vor noch nicht wieder bei 100% - zwar nicht weit davon entfernt, aber dennoch nicht so aufgestellt wie vorher. Dabei hatte ich einen recht milden Verlauf und im Anschluss nur für eine kurze Weile ca. 1x die Woche etwas Druck auf der Brust.
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>Nachdenklich wurde ich aber erst, als meine Freundin ein paar Wochen nach ihrer Infektion eines Abends schlaganfallartige Ausfallerscheinungen hatte. (Ich habe hier schon mal darüber geschrieben - es war definitiv kein Schlaganfall.) Seitdem habe ich das Gefühl, dass sie etwas (!) schusseliger / vergesslicher geworden ist. Mag mich täuschen, aber es kommt mir komisch vor.
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>Solche Beobachtungen mehren sich: Eine Freundin hatte über Monate ab und zu schubartige Atemnot, was erst nach der ersten Impfung nachließ (und jetzt wohl komplett weg ist). Die Tochter von Freunden meiner Eltern hat wenige Wochen nach ihrer Infektion plötzlich Rheuma bekommen und es seitdem behalten. Eine Nachbarin, Mitte 30, ist seit ihrer Infektion nicht mehr so belastbar wie vorher, geht deutlich früher ins Bett und muss sich auch tagsüber öfter mal hinlegen.
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>Natürlich muss das nicht alles zwangsläufig mit den Covid-Infektionen zusammenhängen, aber gerade solche Symptome werden ja immer öfter mit Long Covid in Verbindung gebracht - macht ja auch Sinn, schließlich ist Covid-19 eine entzündliche Gefäßerkrankung, die praktisch jedes Organ (be)treffen kann. Ich bin mir daher sicher, dass beim ein oder anderen doch auch Langzeitfolgen der Erkrankung auftauchen werden. IMO ein Grund mehr, die Sache nicht komplett unkontrolliert durch die Bevölkerung rauschen zu lassen.


Wenn ich eines in den letzten Jahren (auf schmerzhafte Weise) gelernt habe, dann ist es dass das körperliche Wohlbefinden aus einem Zusammenspiel von Physis und Psyche resultiert, wo Missstände auf der einen oder anderen Seite sich gegenseitig sukzessive hochschaukeln können.

Das ist auch kein Voodoo, sondern auch wissenschaftlich erwiesen, dass es da diese Querbeziehungen gibt.

Wenn man auf solche Phänomene schaut, dass Menschen einfach nicht voll da sind, und da ist eine Infektion in der Vita, ist der Auslöser intuitiv halt schnell ausgemacht. Es braucht aber auch den Gegencheck, wie geht es denn Menschen, die keine Infektion hatten, ist bei denen auch was krumm?
Und es ist.

Schon früh hat die Nako-Gesundheitsstudie einen Zusammenhang zwischen Pandemie und psychischen Erkrankungen ausgemacht. Etwa eine signifikante Zunahme von Depressionen und Angststörungen. Und wie sich psychische Schiefstände dann auch körperlich entladen können, davon kann ich ein Lied singen.

Man kann das auch nicht mehr klar abgrenzen, was katalysiert was, was ist Ursache und was ist Wirkung, es ist kompliziert. Aber was klar ist, der Mensch ist kein Bioroboter wo ein reiner Tunnelblick auf vitale Messungen ein abschließendes Gesamtbild zum Gesundheitszustand liefert.  

Da spielen sehr viele Flanken rein, und eben auch die der psychischen Belastung.
Wir sind bspw. mit Homeoffice durch die Decke gegangen. Aber HO ist ein zweischneidiges Schwert, Studien zeigen, viele Menschen arbeiten im HO mehr als im klassischen Office, kriegen im Haushalt Arbeit und Freizeit nicht mehr abgegrenzt, arbeiten teils in die Nachtstunden hinein und haben im Haushalt keinen geistigen Exit da Haushalt auch gleichzeitig der Workplace ist.

Weiter, hinsichtlich Gesundheit schärft sich auch in der Industrie das Bewusstsein dafür wie wichtig Ausgleich ist, Sport, Urlaub, Freizeit, Unternehmungen, Familienzeit etc.  
Es gibt zunehmend Kurse und Angebote in Unternehmen, imo nicht weil Unternehmen altruistisch sind und sich um ihre Belegschaft sorgen, sondern weil solche Schiefstände zu Effizienzverlusten führen. Wer fit ist, der delivert, wer krank ist, der läuft auf Halbgas.

Die Pandemie nimmt unsere Gesellschaft aus mehreren Richtungen gleichzeitig in die Zange, und das perfide ist, gerade Maßnahmen die unsere Körper schützen sollen, gehen oftmals auf Kosten des Kopfes, und den Kredit den man sich bei der Psyche nimmt, muss dann häufig vom Körper abgestottert werden.

Was es braucht um das Gesamtbild zu verstehen, sind Studien, und Studien brauchen Daten und Zeit zur Auswertung. Ein derartiges Phänomen ist im gesamtheitlichen Zusammenspiel hochkompliziert und hat keine klaren Trennschärfen.

Ich selbst hab mich bspw. bis heute nicht infiziert, kann aber klar sagen, bei 100% bin ich nicht, und eine Virusinfektion ist halt nicht da als Erklärungsansatz. Und wenn sie da wäre, würde das die psychischen Belastungen auch nicht obsolet machen.

Da, wo man objektive Daten hat, etwa eine Datenspende-Studie mit Fitnesstrackern, kann festgestellt werden, liebe Leute, lasst euch um Himmels Willen impfen! Hier kann man klar erkennen dass wirklich objektive Biodaten wie bspw. die Herzfrequenz nach Infektion bei Ungeimpften ein Vielfaches der Zeit benötigen um sich auf Normalwerte zu regenerieren. Es ist _komplett_ bescheuert seine Gesundheit durch einen Impfverzicht schützen zu wollen, das weiß man, das kann man belegen, vielfach, obiges ist nur ein Anschaubeispiel, das kritischere ist bspw. die Gefahr eines schweren Verlaufs, auch das ist belegt.

Aber ebenso kann man belegen dass die dauerhaften Einschränkungen auch wenn man infektionsfrei bleibt, eine gesundheitliche Belastung darstellen, siehe NAKO.

Und da schwappt das eine in das andere, und vice versa.

Zielbild sollte meines Erachtens in erster Linie sein, das zu tun was nötig ist, damit die Scheiße einfach so rasch wie möglich aufhört. Und da gibt es einfach einen komplizierten Konflikt dahingehend was man schützen muss, weil der Schutz des einen in der Regel eine Belastung des anderen impliziert. Und entsprechend braucht es im Umgang mit Maßnahmen einen IMO lösungsorientierten Fokus, und der beste Kompromiss ist oftmals genau der, mit dem ALLE unzufrieden sind ;)


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