Thema:
Re:Hier (D) läuft doch wieder einiges schief - oder nicht? flat
Autor: Kilian
Datum:07.07.22 11:43
Antwort auf:Re:Hier (D) läuft doch wieder einiges schief - oder nicht? von token

>Das stimmt aber wie gesagt nicht

Doch, denn kaum eine Infektion in meinem Umfeld wird von den Zahlen des RKI erfasst. Damit bin ich alles andere als alleine, wie nicht zuletzt dieser Thread gut zeigt.

>das Verfahren zur Erfassung an Methoden zu knüpfen, die anders sind, ist was komplett anderes als sich die Augen zuzuhalten. Und diese Umstellungen sind aktuell im Gange.

Kannst du mir irgendwie zeigen, dass hier wirklich flächendeckend und im großen Stil umgestellt wird, so wie du das behauptest? Du hast ein Beispiel aus Köln genannt. Wenn man das recherchiert, zeigt sich, dass das im Rahmen eines Pilotprojekts passiert und bei gerade mal 20 deutschen Kommunen (von weit über 10.000) gemacht wird. (Nicht zuletzt um die Ergebnisse dieses Pilotprojekts zu verifizieren, wären verlässliche Zahlen zum Infektionsgeschehen aktuell ganz brauchbar.)

>Das sind halt Schlussfolgerungen aus falschen Annahmen.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Du verkaufst uns hier ein Pilotprojekt in Köln als Umstellung der offiziellen, bundesweiten Teststrategie der Politik und meinst, dass daher auf das bisherige Vorgehen verzichtet werden könne. Exakt das sind aber falsche Annahmen: Das Abwassermonitoring ist nicht nur kein Teil der offiziellen Teststrategie, sondern auch mitnichten so weit verfügbar, dass man jetzt schon einfach auf die bisherige Erhebung der Zahlen verzichten könnte.

In der Konsequenz haben wir in Deutschland zur Zeit einen riesigen blinden Fleck, was das Infektionsgeschehen in Deutschland angeht. Für diese Unkenntnis hat sich die Politik ganz bewusst entschieden und das werfe ich ihr vor.

Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass die Verwässerung der bisherigen Teststrategie durch mangelnde Kompetenz und Weitsicht der politisch Verantwortlichen verursacht worden ist, die lieber die Inzidenz künstlich kleinrechnen wollen als sich neben dem Ukraine-Krieg, der hohen Inflation und dem Problem der absehbaren Gas- und Ölknappheit im Winter mit Corona eine weitere lästige Baustelle ans Bein zu binden. Dass das viel zu kurz gedacht sein und im Winter das Corona-Theater von Neuem losgehen könnte, will bei der SPD wohl niemand hören.

>Ich denke, hinsichtlich Informationspolitik hat man noch viel Luft nach oben, das ist ja auch ein absolut valider Kritikpunkt der Evaluation bisheriger Maßnahmen.

Aha. Wann bekommen wir denn dann mal eine bessere Kommunikation und mehr Transparenz? In meinen Augen waren wir da schon mal viel weiter, sodass die Annahme nahe liegt, dass hier die aktuelle Entwicklung mit ihren möglichen Auswirkungen für den Winter bewusst ignoriert wird. Und das ärgert mich sehr, denn es passt auch wunderbar ins Bild, was die Regierung Scholz angeht. Flapsig und überheblich statt bürgernah und transparent.

>Hinsichtlich der Krisen-Steuerung teile ich deine harsche Perspektive nicht.

Das musst du auch nicht, aber ich habe in meinem OP die Punkte aufgezählt, warum zumindest die aktuelle "Teststrategie" sich eigentlich nicht mehr als solche bezeichnen lassen dürfte...

>Das aktuelle Geschehen ist anhand der maßgeblichen Risikofaktoren (Gesundheitssystem) aushaltbar

Gut, dann bin ich mal gespannt, wie meine über siebzigjährigen Eltern oder meine krebskranke Bekannte das aushalten, wenn sie trotz vierfacher impfung Corona bekommen. -> Jeder von uns hat Leute im Umfeld, die nicht mal eben so an Corona erkranken sollten. Ja, früher oder später wird es jeder bekommen - aber man muss sein Glück auch nicht überstrapazieren und sollte es nicht unnötig oft innerhalb einer bestimmten Zeit erleben. Stichwort Reinfektion. (Und da haben wir noch nicht angefangen, von Long Covid zu sprechen...)

>die Masseninfektion die beste Strategie die wir haben, weil die eigentlich noch bessere Strategie der Impfpflicht dazu führt das man noch am mehr am Rad dreht als eh schon, und die Impfpflicht wurde ja durchaus probiert.

Ich bin immer noch bei der IMO mangelhaften Teststrategie. Man kann es auch laufen lassen (auch wenn ich persönlich das für einen Fehler halte, s. Absatz drüber) und das Infektionsgeschehen realistisch erfassen.

>Und dass es Lauterbach an Problembewusstsein hinsichtlich Herbst/Winter mangeln würde, kann ja wohl ausgeschlossen werden.

Lauterbach ist sicher ein Guter, aber er hat nicht die Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Scholz und Lindner, wenn diese ihm erzählen, dass sie ihre Milliarden lieber in die Bundeswehr und Zapfsäulensubventionen stecken werden.

>Das was an allen Fronten fehlt, ist imo eine angemessene Gelassenheit in alle Richtungen.

Das sehe ich bei Corona überhaupt nicht so. Hier ist die öffentliche Aufmerksamkeit die letzten Monate geradezu weggepennt, nur kommt sie jetzt so langsam zurück, weil jeder merkt, dass es links und rechts neben ihm einschlägt und diese Wahrnehmung nicht zu den offiziellen Zahlen passt. Da hinterfragt man dann auch irgendwann die Kompetenz und den vorgeblichen Willen der Verantwortlichen.


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