Thema:
Re:Wo soll das noch hinführen? flat
Autor: Karotte
Datum:30.10.21 19:34
Antwort auf:Re:Wo soll das noch hinführen? von Matze

>>Ich finde es so bizarr, wenn jetzt von Freedom Day gesprochen wird. Nicht nur, weil wir einfach nicht wissen können, wann das Pandemiegeschehen wirklich unter Kontrolle sein wird, sondern auch, weil mir das wie die vollständige Kapitulation vor den Neurechten, Schwurblern und auch den selbsternannten Freiheitskämpfern aus dem moderaten Lager vorkommt. Die Corona-Maßnahmen SCHÜTZEN in erster Linie Grundrechte, allen voran die körperliche Unversehrtheit.
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>Ich glaube, es gibt keinen Grund, alle Leute in einen Topf zu werfen, die sich eine Rückkehr zur Normalität wünschen. Es gab ein Jahr lang Durchhalteparolen der Art "Wenn erst mal jeder ein Impfangebot hatte, dann gibt es keine Rechtfertigung mehr für irgendwelche Maßnahmen". Dieser Punkt war deutlich früher erreicht als erwartet. Jetzt soll das Ende aller Maßnahmen erst acht Monate (!) nach diesem Tag kommen, sogar noch mit der Option, es bei völlig unvorhersehbaren Entwicklungen zu verschieben und wenn man sich auf diesen Tag freut, wird man hier im Forum und in wesentlichen Teilen des Internets auf's Übelste angefeindet (nicht von Dir, das ist einer der Gründe, warum Du für mich hier einer der Top-User bist). DAS finde ich bizarr.


Es geht mir ja nicht darum, mich allgemein über alle Leute zu erheben, die sich eine Rückkehr zur Normalität wünschen. Letzten Endes zähle ich mich sogar selbst zu diesem Haufen. Ich würde es lieben, wenn wir an einem Punkt wären, an dem man als zweimal geimpfter Knilch ohne Maske ins Kino gehen, Öffis nutzen, Bekannte/Kollegen umarmen und einfach generell so leben könnte, als würde Covid nicht mehr existieren.

Tatsächlich haben wir jedoch trotz Maskenpflicht, 8x% Impfquote und 3G explodierende Fallzahlen, die weiterhin eine kritische Belastung der Krankenhäuser nach sich ziehen und Virusmutationen, die _noch_ ansteckender sind, als es dieses verdammte Kackviech nicht schon von Anfang an gewesen ist.

Und das ist der Grund, weshalb ich mich wirklich schwer damit tue, deinem obigen Gedankengang zu folgen. Nach meinem Verständnis zumindest ist es völlig logisch, dass das, was man irgendwann gesagt oder geplant hat, Makulatur ist, wenn sich herausstellt, dass die Fakten eine Lockerung der Maßnahmen, aller vorherigen Prognosen zum Trotz, als doch zu riskant erscheinen lassen.

Deswegen finde ich es auch grundsätzlich witzlos, mit irgendwelchen potentiellen Terminen um sich zu werfen, an denen man dann möglicherweise, ganz sicher, eventuell, sämtliche Maßnahmen in die Tonne treten wird. Die einzige nüchterne Prognose lautet: „When it‘s done.“ Ist das häßlich und frustrierend? Ja. Verbessern wir die Lage, wenn wir demokratisch einen willkürlichen Termin festlegen und dann so tun als hätte das irgendeine Relevanz für die physikalische Realität? Nein.

Natürlich ist es wenig zielführend, auf Leute, die sich Lockerungen wünschen, wüst einzudreschen. Umgekehrt habe ich jedoch wiederum häufig den Eindruck, dass vorsichtigeren Naturen gerne unterstellt wird, verkappte Diktaturfreaks zu sein, die sich in geradezu protestantischer Weise daran aufgeilen, der easygoing crowd jede Form von Unterhaltung zu verbieten. ;o)

>>Hier hat man echt komplett versagt und das Framing-Feld allerlei absurden Gestalten überlassen, die vielleicht nochmal den Unterschied zwischen Demokratie und Anarchie sondieren gehen sollten.
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>Es ist ja nicht so, dass Presse und Medien sich freudetrunken in den Armen liegen und den kommenden Freedom Day feiern. Der Begriff wird sogar weitgehend vermieden. Ich vermag in der Berichterstattung kein "Framing" zu erkennen. Den richtigen Schwurblern geht das sogar alles nicht weit genug, die wollen das Ende der Maßnahmen sofort und nicht erst zum Frühlingsanfang.


Mit Framing meine ich, dass seit quasi immer von „Grundrechtseinschränkungen“ geredet wird, anstatt den Grundrechtsschutz zu betonen, der das eigentlich zentrale Anliegen der Regierungen ist. Hier hat man sich imho sehr schnell einem einseitigen Narrativ unterworfen, das auch die juristische Rechtfertigung der Maßnahmen komplett unter den Tisch fallen lässt. Und das Säen und fleißige Gießen solcher Narrative ist halt DAS Steckenpferd der ganzen neurechten Hassjünger.

>Darf ich fragen, was DIR als Kriterium vorschwebt? Wann wäre der Zeitpunkt gekommen, um alle Maßnahmen aufzuheben? Antworten von anderen sind mir ebenfalls willkommen, gerne auch von denen, die auf mich eingedroschen haben.

Mir ist klar, dass mein eingangs erwähntes Rundumglücklich-Szenario vermutlich schwer zu erreichen sein wird. Mein Kriterium wäre vermutlich dieses: Krankenhausbetrieb zurück auf dem alltäglichen Irrsinn _vor_ Corona bzw. nur leicht darüber. So lange wir das nicht haben, werde ich jeder Regierung, welche die Maskenpflicht und 3G-Regelungen abschießen will, einen langsamen, qualvollen Tod durch beständiges Anpimmeln wünschen.


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