Thema:
Re:Zusatz - Kriminalpsychologe dazu flat
Autor: Lord Chaos
Datum:22.09.21 09:46
Antwort auf:Zusatz - Kriminalpsychologe dazu von Optimus Prime

>Gerade über einen Artikel gestolpert in dem der ex Kriminalpsychologe Rudolf Egg seine Meinung abgibt.
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>[https://m.focus.de/panorama/welt/horror-tat-am-samstag-horror-tat-in-tankstelle-psychologe-erklaert-warum-das-masken-motiv-fraglich-ist_id_24265107.html?cid=whatsnext_a]
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>Gesendet mit M! v.2.7.0


Ich kenne Egg und seine Arbeiten - im Grundsatz hat er Recht damit, dass es natürlich wichtig ist, hinzuschauen, was für tiefere Beweggründe der Täter hatte, aus rein wissenschaftlicher Sicht ist es wichtig, unterschiedliche Faktoren und ihre Wechselwirkung zu beleuchten, aber auch in der forensischen Begutachtung wird in der Regel darauf geschaut, ob und wenn ja in welchem Zusammenhang auch ideologische Überzeugungen zum Gesamtbild stehen.

Er äußert sich ja auch lediglich dahingehend, dass es eventuell die Möglichkeit gibt, dass es am Tattag vielleicht auch andere Gründe für die Tat gab, er legt sich dahingehend allerdings auch nicht fest.

Dagegen spricht IMHO auch, dass der Täter bei seiner Vernehmung sich nochmal explizit darauf bezogen hat, dass er ein Zeichen setzen wollte, in dem er sich ganz klar auf die Coronamaßnahmen bezogen hat, nicht auf irgendwelche Stimmen, die ihm das befohlen haben oder weil das Opfer ihn beschissen behandelt hat.

Es stimmt auch die Aussage, dass es Unsinn ist, dass der Täter die Tat begangen hat, weil ihm Jemand gesagt hat, er müsse eine Makse aufziehen, aber Egg bewegt sich da sehr auf Allgemeinplätzen - er hält Möglichkeiten offen, was vollkommen legitim ist.

Was er aber nicht macht - er schließt nicht kategorisch aus, dass der Täter doch von den Maßnahmen, bzw. von dem, was er sich wohl offensichtlich in den letzten Jahren reingezogen hat, getriggert wurde und dies der Anlass der Tat war.

Der Artikel behandelt beispielsweise mit keiner Silbe die Tatsache, dass es nicht wenig Fachleute gibt, die schon seit Monaten vor einer Radikalisierung und zunehmender Gewaltbereitschaft unter den Coronaleugnern warnen, dass vor allem von rechts die Szene dafür benutzt wird, um Leute gezielt aufzuhetzen. Es ist ja nicht so, dass es immer mehr Übergriffe und Drohungen auf Presse, Politiker usw gab.
Er erwähnt auch mit keiner Silbe, dass in den sozialen Netzwerken oder Telegram auch immer offener dazu aufgerufen wurde, sich mit Gewalt gegen den "Unterdrückerstaat" zu wehren.

Und hier wären wir bei einem Punkt, was man "stochastischen Terrorismus" nennt - und zu dem vieles an dem Fall passen würde:

[https://carta.info/stochastischer-terrorismus-die-digitale-aufrustung-zum-burgerkrieg/]

Aus dem Artikel:

Stochastischer Terrorismus ist so schwer fassbar wie effektiv. Es gibt keine Auftraggeber*innen, keine Verantwortlichen und niemanden, der gesagt hat, dass er dieses Resultat möchte. Am Ende kann man dem Täter die Verantwortung zuschieben und ihn zum wirren Einzeltäter erklären. Das blendet aber das dynamische und volatile Diskurscluster dahinter aus, das diese Terroranschläge nicht nur in Kauf nimmt, sondern schon im Vorhinein legitimiert und ermöglicht

Im Grunde das, wovor viele Experten warnen - man ballert Gruppen mit Inhalten, Falschmeldungen, Bedrohungsszenarien so zu, dass sich das gegenseitig hochschaukelt; bis Jemand eben aus der Gruppe sich dazu berufen fühlt, Gesagtes endlich in die Tat umzusetzen; das hat man ja auch bei Taten wie in Hanau gesehen, auch hier wurde versucht, den Täter als wirren Einzeltäter darzustellen, aber auf die Vernetzung innerhalb rechten Gruppen wurde sehr wenig eingegangen.

EDIT: hier nochmal auch ein Link von SPON, der ebenfalls die Aussagen von Egg aufgreift, der IMHO aber deutlich ausführlicher das Thema aufgreift als es beim Focus der Fall ist:

[https://www.spiegel.de/panorama/justiz/idar-oberstein-ermittler-finden-weitere-waffen-bei-tankstellen-schuetze-mario-n-a-0ed34a82-b35c-434f-9261-33b17016569e?fbclid=IwAR0w9BWIgFWAzQ0cXHdFpd32GmvdW_24PLw2Uy0hsAQpGzGMSN1KR1GZxN4]


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