Thema:
Re:Deutschland startet in die Impfwoche flat
Autor: Phil Gates
Datum:14.09.21 11:25
Antwort auf:Deutschland startet in die Impfwoche von token

>[https://www.tagesschau.de/inland/corona-impfaktionswoche-101.html]
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>Erstmal vorgesehen bis zum 19. September, gemacht werden niederschwellige Impfangebote um die Faultiere an die Spritze zu kriegen.
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>Etwas wenig, etwas spät, etwas unambitioniert, aber immerhin etwas.
>Imo mangelt es weiter in erster Linie an einer gezielten Aufklärung die so aufgesetzt ist dass sie auch alle Menschen erreicht.
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Exakt. Die Ungeimpften am Elternabend letzte Woche hatten nahezu alle einen Migrationshintergrund oder waren jedenfalls, vorsichtig ausgedrückt, nicht dem Bildungsbürgertum zuzurechnen. Mein Vater arbeitet jetzt seit Anfang des Monats in einer Flüchtlingseinrichtung gemeinsam mit einem Freund, die machen die Eingangsuntersuchungen, Impfungen etc. pp. Die beiden berichten mir, dass es in manchen Kulturen generell Vorbehalte gegen westliche Medizin gibt. Es ist für manche jetzt das erste Mal in ihrem Leben, dass sie überhaupt mit einem Arzt Kontakt haben, der eine Uni besucht hat. Es ranken sich allerhand Mythen, dass die Impfungen (nicht nur gegen Corona, Masern und Tetanus ist da noch ein viel größeres Thema) und Medikamente gegen Tuberkulose unfruchtbar machen etc. Daher ist es sinnvoll, dass in dem Ärzteteam dort bspw. ein Arzt ist, der die Aufklärung z.B. auf Arabisch machen kann und den Menschen diese Ängste nimmt (á la: "Ich bin selbst gegen alles geimpft und habe 3 Kinder" o.ä.). Man kann nicht erwarten, dass alle Menschen Fake News auf Youtube, Facebook, Whatsapp etc. als solche erkennen, wer kann schon, selbst als Akademiker, eine wissenschaftliche Studie richtig lesen, wenn er nicht Biologe, Pharmazeut oder Arzt ist? Da werden dann Schnipsel rausgepickt oder Behauptungen schlicht vollständig erfunden. Das Problem stellt sich bei Deutschen mit geringerer Bildung, und noch mehr bei Menschen, die sowieso in einem Kulturkonflikt sind, die Sprache nicht oder unzureichend sprechen und nicht verstehen, was der Arzt mit ihnen anstellen will. Umgekehrt würde ich mir in China, Iran oder Russland ja auch nicht einfach eine Spritze geben lassen, wenn ich nicht weiß, was da drin ist. Ungefähr so dürfte für viele Menschen ja jetzt die Situation sein. Das sind keine Impfgegner, die man nicht erreichen kann, das sind Menschen, die Angst haben, und denen man diese Angst zu einem guten Prozentsatz nehmen kann.    

>Über all das hätte man auch vorher nachdenken können, aber das gehört ja generell nicht zu unseren Stärken...

Jep. Ich hab das schon im Frühjahr mit einem befreundeten Arzt diskutiert, dass wir da noch Probleme bekommen werden und wir schon damals Aufklärungskampagnen hätten starten müssen (und zwar nicht einfach "Ärmel hoch" auf Türkisch und Arabisch plakatieren, das hilft doch nichts, davon leitet sich doch kein Erkenntnisgewinn für die Betroffenen ab).


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