Thema:
Re:Mit Geimpften versuche ich Normalität zu leben flat
Autor: Pezking
Datum:24.08.21 13:04
Antwort auf:Mit Geimpften versuche ich Normalität zu leben von peppi

>Würde auch in den psychische Folgen Thread passen, finde den aber nicht auf dem Handy:
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>So langsam vermute ich, dass die Pandemie mir viel mehr zusetzt und zugesetzt hat, als ich es für möglich gehalten habe:
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>- ich habe "dunkle" Gedanken, wenns schief läuft, denke ich mich in Angstzustände, das hatte ich seit über zehn Jahren nicht mehr
>- ich fühle mich Situationen nicht mehr gewachsen, die sonst vollkommen alltäglich waren: schwierige berufliche Termine, Filme und Bücher, die sich mit existenziellen Themen beschäftigen
>- meine Abgrenzungsfähigkeit hat enorm gelitten, ich nehme Dinge persönlich, die nix mit mir zu tun haben, halte mich hier komplett aus Politikthemen raus, weil ich es schwer aushalte
>
>Ich versuche wieder so gut es geht Alltag zu leben, Kicken, Saunieren, Konzerte, Kino, Essen gehen, mehr körperliche Nähe zuzulassen. Ich fürchte, dass ich sonst schwerwiegendere Folgen davon trage. Leider meine ich das vollkommen ernst. :|
>
>Hab einen Psychotherapeuten gefunden, psychiatrische Praxis bisher nicht. Und ich hab angefangen mit 7mind zu meditieren. Tut mir sehr gut, hätte ich nicht gedacht. Wurde mir privat empfohlen. Wird sogar von der KK erstattet, wenn Gewisse Module belegt werden.
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>Ich hoffe, dass es möglichst wenigen Leuten hier so geht (und auch sonst!). Ich hab relativ lang gebraucht, um zu raffen, dass es mir nicht gut geht, dass die Pandemie sehr viel mehr mit mir macht als ich für möglich gehalten habe. Ich mein: wieso auch nicht? Ich kann, wenn ich will, jeden Tag über die psychischen Folgen lesen. Es trifft nicht immer die anderen. ;)


Zu allererst mal wünsche ich Dir gute Besserung. Hoffentlich kriegst Du bald die Kurve hin zu einem optimistischeren Ausblick. Gut ist auf alle Fälle, dass Du Maßnahmen zur Verbesserung Deines Zustands ergriffen hast und dafür auch die nötige Energie aufbringen kannst. Das wird schon wieder!

Meine Frau und mich hat gerade die Anfangsphase der Pandemie sehr an ihre Krebserkrankung anno 2007 erinnert. Und das auf zweierlei Art:

1.) Manchmal hat man die schwere Krise um sich herum kurz vergessen. Bei einem mitreißenden Film zum Beispiel, oder morgens kurz nach dem Aufwachen. Und wenn einem die aktuelle Situation dann wieder einfällt, ist man immer wieder wie vom Donner gerührt. Immer wieder ein Scheißgefühl.

2.) Man hatte permanent wahnsinnig viel im Kopf und hat in kürzester Zeit sehr viel über ein ziemlich spezielles und kompliziertes Thema gelernt, von dem man kurz zuvor noch keine Ahnung hatte. Und noch dazu hat man im banalen Alltag alles viel bewusster gemacht als sonst. Das war zuweilen schon mental sehr auslaugend. Alles, was man sonst tagtäglich auch mal auf Autopilot "einfach macht", ohne großartig darüber nachzudenken, musste nun vor dem Hintergrund der Pandemie neu überlegt, geplant und umgesetzt werden. Supermarkteinkäufe waren plötzlich ein regelrechtes Projekt.

Ich muss zugeben, dass diese Phase für mich nur bis zum Sommer 2020 anhielt. Es hat mir geholfen, dass ich mein Alltagsverhalten nie am aktuellen Infektionsgeschehen ausgerichtet habe, sondern meine eigenen, strengen Regeln pausenlos bis zum Erreichen des vollen Impfschutzes durchgezogen habe. So konnte ich für mich während der Pandemie recht schnell eine neue Routine erschaffen, die ich dann auch wieder banal fand und irgendwann einfach automatisch umgesetzt habe.

Eines weiß ich aber auch: Hätten wir Kinder oder könnten meine Frau und ich nicht nahezu komplett im Homeoffice arbeiten, würde mir die Pandemie zweifellos erheblich mehr zusetzen.


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