Thema:
Re:Mit Geimpften versuche ich Normalität zu leben flat
Autor: Phil Gates
Datum:24.08.21 11:08
Antwort auf:Mit Geimpften versuche ich Normalität zu leben von peppi

>Würde auch in den psychische Folgen Thread passen, finde den aber nicht auf dem Handy:
>
>So langsam vermute ich, dass die Pandemie mir viel mehr zusetzt und zugesetzt hat, als ich es für möglich gehalten habe:
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>- ich habe "dunkle" Gedanken, wenns schief läuft, denke ich mich in Angstzustände, das hatte ich seit über zehn Jahren nicht mehr
>- ich fühle mich Situationen nicht mehr gewachsen, die sonst vollkommen alltäglich waren: schwierige berufliche Termine, Filme und Bücher, die sich mit existenziellen Themen beschäftigen
>- meine Abgrenzungsfähigkeit hat enorm gelitten, ich nehme Dinge persönlich, die nix mit mir zu tun haben, halte mich hier komplett aus Politikthemen raus, weil ich es schwer aushalte
>
>Ich versuche wieder so gut es geht Alltag zu leben, Kicken, Saunieren, Konzerte, Kino, Essen gehen, mehr körperliche Nähe zuzulassen. Ich fürchte, dass ich sonst schwerwiegendere Folgen davon trage. Leider meine ich das vollkommen ernst. :|
>
>Hab einen Psychotherapeuten gefunden, psychiatrische Praxis bisher nicht. Und ich hab angefangen mit 7mind zu meditieren. Tut mir sehr gut, hätte ich nicht gedacht. Wurde mir privat empfohlen. Wird sogar von der KK erstattet, wenn Gewisse Module belegt werden.
>
>Ich hoffe, dass es möglichst wenigen Leuten hier so geht (und auch sonst!). Ich hab relativ lang gebraucht, um zu raffen, dass es mir nicht gut geht, dass die Pandemie sehr viel mehr mit mir macht als ich für möglich gehalten habe. Ich mein: wieso auch nicht? Ich kann, wenn ich will, jeden Tag über die psychischen Folgen lesen. Es trifft nicht immer die anderen. ;)
>
>Achtet auf euch!
>
>Peace out
>



Eins vorweg: Du bist sicher nicht allein. Die psychischen Spätfolgen der Pandemie werden erst nach und nach absehbar sein. Meine Frau und ich haben am Anfang beinahe jeden Abend geheult, wenn die Kinder im Bett waren. Aber wir hatten immerhin uns.

Ich hatte auch Situationen, die eigentlich völlig harmlos waren, in denen ich eine starke Überforderung gespürt habe. Dies vermutlich deshalb, weil das Nervenkostüm in einer derartigen Grundspannung war, dass man permanent im Panikmodus/Fluchtmodus war und kleinste Dinge gereicht haben, um mich aus der Fassung zu bringen (z.B. Diskussionen auf dem Spielplatz oder im Supermarkt).

Es ist interessant, wie unterschiedlich es sich bei den Menschen auswirkt. Ich war teilweise echt am Ende im Frühjahr 2020 und Winter 2020/2021. Bei mir normalisiert es sich jetzt so langsam alles wieder. Aber ich habe zwei Freunde, die in der heißen Phase eher mit Gelassenheit reagiert haben und eher jetzt, wo nach und nach die Rückkehr zur Normalität erfolgt, erst in der Rückschau erkennen, wie sehr es ihnen wirklich zugesetzt hat.  

Du hast Dir einen Therapeuten gesucht, das ist schon mal richtig. Einen Psychiater brauchst Du vielleicht gar nicht, das wird der Therapeut schon einschätzen können. Ein Psychiater kommt ja erst ins Spiel, wenn Medikamente erforderlich sind und irgendwas in der Hirnchemie o.ä. nicht stimmt (Schizophrenie, bipolare Störung o.ä.). Wenn Du vor der Pandemie gesund warst, ist das weniger wahrscheinlich. Traumata, Angstzustände etc. sind sehr gut durch Hypnose und Psychotherapie (ggf. Psychoanalyse) therapierbar. Du packst das schon.


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