Thema:
Re:Erzieherin bei den Querdenkern flat
Autor: _bla_
Datum:21.04.21 14:20
Antwort auf:Re:Erzieherin bei den Querdenkern von Sven Mittag

>Sight....weil ich heute einen guten Tag habe, nochmal ausführlich:
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>Mir ist schon klar, dass der aus dem Jahrbuch angegebene Betrag der entnommene Gewinn nach Abzug aller Unkosten sind. ABER: Hierzu zählen für den Investitionskredit nur die (momentan irrelevanten) Zinsen, nicht die Tilgung. Sprich: von den 157.000 Euro Entnahme Brutto oder eben 85.500 Euro Netto sind eben noch nicht die Tilgungen für einen Kredit zur Praxisübernahme oder Renovierung abgezogen.
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>Momentan liegt afaik die Investitionssumme für eine Neugründung bei circa 500.000 und für die Übernahme samt Renovierung bei circa 400.000. Nachdem dies im Regelfall mit einem KfW-Kredit abgestottert wird, da ja in vielen Fällen kein Eigenkapital oder Bürgschaft vorhanden ist, wird diese Summe in 10 Jahre getilgt. Sprich von deinen 85.500 Euro Netto bleiben am Ende noch 35.500 Euro oder bei Übernahme 45.500 Euro übrig. Und davon willst du jetzt fette Gehaltserhöhungen finanzieren?


Sorry, aber hier wird das dann schon ärgerlich, weil hier dann doch der Eindruck einsteht, das du versuchst mich für dumm zu verkaufen. Du willst einem ernsthaft erzählen, das der Zahnarzt die Tiligung von Investionen in seine Praxis aus seinem dem Nettoverdienst bezahlt?!? Dir ist nicht zufällig der Posten "Sonstige Ausgaben" aufgefallen, der mit immerhin 26,8% bzw. 95k Euro pro Jahr ziemlich gut passt.

>Zudem weiß ich nicht, wie man allen ernstes von der Frage "Wieso ist die Bezahlung (GENERELL!) im Gesundheitswesen scheiße?" zu nem Disput über die überbezahlten Zahnärzte kommt. Ist ja nicht so, dass die Bezahlung der Angestellten bei den Radiologen, Hausärzten und Konsorten besser wäre, obwohl (wie auch in deinem Artikel beschrieben) der Gewinn hier z.T. deutlich höher liegt....

Die Bezahlung im Gesundheitswesen ist eben nicht generell scheiße, sondern sie ist bei den meisten Angestellten scheiße, während die selbstständigen Ärzte durchaus gut verdienen. Es geht mir auch nicht nur um Zahnärzte, selbstverständlich habe ich bei einem Radiologen noch viel weniger Verständnis dafür. Die Zahnärzte haben im Vergleich zu früheren Jahren auch erhebliche Federn gelassen und sie haben ein hohes Investionsrisiko, verglichen mit anderen selbstständigen Ärzten kann ich da sogar verstehen, das man das nicht fair findet, wenn man einerseits wesentlich höhere finanzielle Risiken eingehen muss, aber als Überschuss auch nicht mehr übrig bleibt.

>Und ja, Gehalt ist immer ein heikles Thema und selbst die Rechnung oben stellt ne absolute Milchmädchenrechnung dar, da fernab jeder Realität. Immerhin sind die KZVB-Zahlen immer politisch zu sehen und maximal schlecht gerechnet, um mehr Geld fordern zu können. Am Ende ist es aber so: Ohne massive Kostensteigerung wirst du keine Verbesserung der Gehälter in der Basis bewirken.

Aber das ist doch genau das Problem: Es geht darum ein paar mehr Euro pro Stunde für einen schlecht bezahlten Angestellten zu organisieren, aber das einzige Mittel wäre es die Honorare anzupassen, was aber hauptsächlich den Gewinn des Praxisinhabers steigert und nicht dort landet, wo es eigentlich landen sollte. Dabei sind für eine gute Versorgungen eben auch die Angestellten wichtig, und nicht nur die Ärzte. Wir haben doch derzeit nicht das Problem, das niemand selbstständiger Arzt in der Großstadt werden möchte, weil die Bezahlung so mies wäre, sondern wir haben das Problem bei den Angestellten und auf dem Land. Also müssen wir das Geld zielgerichter einsetzen um die Versorgungslücken zu schließen.

>Oder du machst tabula rasa und machst aus dem pseudo-sozialistischen System ein komplettes Staatssystem.

Musst du ja nicht. Es würde ja völlig reichen, wenn du allgemein verbindliche Tarifverträge für die Angestellten einführst, und dort wo nötig, die Honorare anpasst. Und: Es ist ja nicht so, das Deutschland besonders knauserig wäre mit dem Gesundheitssystem, es fließt ein erheblicher Teil der gesamten Wirtschaftsleistung in das Gesundheitssystem.

>Die Chancen stehen mit der Annalena ja gar nicht mal schlecht. Aber ich garantiere damit einen massiven Qualitätsverlust des jetzigen Systems mit gleichen oder steigenden Kosten auf lange Sicht.

Warum? Es ist doch ohnehin so, das Wettbewerb im Gesundheitssystem äußerst schwierig ist. Der Laie kann die Qualität der Leistung kaum beurteilen, Honorarsätze sind zu großen Teilen einheitlich festgelegt und gezahlt wird nicht aus der eigenen Tasche sondern durch die Versicherung. Das ist einfach eine Struktur, bei der er extrem schwierig ist, so etwas wie einen funktionierenden Wettbewerb zu haben. Marktversagen ist da praktisch vorprogrammiert.


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