Thema:
Krokant: die Sieben-Tage-Inzidenz muss endlich weg! flat
Autor: Rocco
Datum:15.04.21 08:34
Antwort auf:Deutschland und Corona #10: Donnerstag ist Ruhetag von Cerberus

...sagt auch Epidemiologe Krause im tagesschau.de-Interview:

Genau, dieser Wert war schon immer problematisch, aber inzwischen wird er richtiggehend untauglich. Die Sieben-Tage-Inzidenz entkoppelt sich immer mehr von der eigentlichen gesundheitlichen Lage. Das hat zwei Ursachen, die für sich sogar erwünscht sind. Erstens, es wird jetzt deutlich mehr getestet, das führt zu deutlich mehr Meldungen von Infektionen, die zuvor unerkannt geblieben wären. Soweit ist das gut, aber die Sieben-Tage-Inzidenz reflektiert nur die positiven Tests - und nicht, ob die Menschen auch erkrankt sind. Dazu kommt, dass der Wert nicht berücksichtigt, welche Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Zweitens: Durch die Impfungen werden schwere Erkrankungen seltener, selbst dann wenn die Zahl der Infektionen nicht ganz so schnell sinkt.

und der vielleicht entscheidende Satz:

Man könnte beispielsweise den Inzidenzwert in die Höhe treiben, wenn man in allen Schulen täglich testen würde.

Klar, wenn man an 32000 Schulen anfängt zu testen und es gibt nur einen einzigen Fall in jeder zweiten Schulen, haben wir auf einmal 16000 Neuinfektionen an dem Tag - die wie oben im Zitat beschrieben die Pandemie-Lage in den meisten Fällen überhaupt nicht beeinflussen.

Er schlägt, wie viele andere in den letzten Wochen und Monaten vor, sich an die jeweilige lokale Auslastung der Intensivbetten zu orientieren:

Wenn man es einfach halten will, um damit auch die Akzeptanz bei den Regierenden zu sichern, dann gäbe es tatsächlich einen alternativen Parameter: die Anzahl der intensivmedizinischen Neuaufnahmen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner der Herkunftsorte der Patienten. Also die Anzahl der Menschen aus einer bestimmten Region, die wegen einer schweren Covid-19-Erkrankung auf einer Intensivstation neu aufgenommen werden müssen - egal wo sich diese Station dann befindet. Dieser Wert zeigt viel stabiler die epidemische Lage an, als die bisherige Sieben-Tage-Inzidenz. Er ist auch deutlich unanfälliger gegenüber Störeffekten sich verändernder Teststrategien. Das Gute ist auch, dass dieser Wert direkt die positiven Effekte der Impfung mit abbildet. Denn wenn jetzt mehr geimpft wird, wird es ja weniger schwere Erkrankungen geben. Das würde sich bei den intensivmedizinischen Neuaufnahmen sofort bemerkbar machen. Zusätzlich bleibt die Erfassung der belegten Intensivbetten wichtig, um die Versorgungskapazitäten zu berücksichtigen, aber das ist ja bereits etabliert.

Gerade die Ostern-Feiertage haben doch deutlich gemacht, dass die Sieben-Tage-Inzidenz völlig für den Arsch ist und sowieso im Grunde "Pi-mal-Daumen-Inzidenz" heissen müsste. Was, wann und wie oft gemeldet wird, bleibt ja auch außerhalb der Ferienzeit völlig unklar, aber wenn mal ein paar Feiertage anstehen, steht man direkt wieder ein paar Wochen im Dunkeln. Das muss doch jeder erkennen?! Dass desweiteren die Berufsgruppen der Infizierten von Gesundheitsämtern aufgenommen, aber nicht an das RKI übermittelt werden, macht einen eigentlich nur noch fassungslos. Wie will man denn da irgendeinen Überblick über die örtliche Infektionslage bekommen?

Mich schocken daher Zahlen wie "30,000 Neuinfektionen" wie heute überhaupt nicht mehr, denn wie gesagt, kann das allein durch vereinzelte Fälle an den 32,000 Schulen durch das Testen im Unterricht gepusht werden. Dieser Richtwert taugt einfach nicht, wenn nicht täglich valide Zahlen daherkommen.

Greets
Rocco


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