Thema:
Ich fühle mich kompetent vertreten. flat
Autor: Pezking
Datum:23.03.21 10:02
Antwort auf:Vom "Wording" mal abgesehen.... von thestraightedge

>... und da würde ich in der aktuellen Lage halt auch ein wenig Verständnis zeigen wollen: fühlt sich denn überhaupt noch jemand kompetent vertreten?

Ja, ich. Nicht weniger als vor einem Jahr.

Wir haben eine Strategie gegen die Pandemie: Wir impfen den Scheiß platt. Das wird kommen, das war von Anfang an der Plan, diese Lösung wird bereits umgesetzt und das endgültige Erreichen dieses Ziels ist in Sicht.

Ich hätte vor einem Jahr nicht gedacht, dass das Impfen in Deutschland schon Ende 2020 beginnen wird. Statt dessen hätte ich - naiv wie ich bin - erwartet, dass man die ganze Bevölkerung dann irgendwie zwischen März und Juni geimpft bekommt. Aber es zeichnete sich schon im frühen Herbst ab, dass das ein zeitintensiveres Unterfangen werden wird und man bis Spätherbst 2021 brauchen wird, um dann in eine Adventszeit starten zu können, in der Corona keine bedeutsame Rolle mehr spielt.

Bis dahin habe ich von Anfang an eine wilde Achterbahnfahrt erwartet, ein Hin und Her zwischen Lockdown und Lockerungen, Ungeduld und Disziplin, Frust und solidarischem Verhalten. Es wird an tausend Hebeln gedreht, weil man es kann und teilweise auch muss - aber am Motto "Durchhalten bis zur Herdenimmunität durch Impfung innerhalb von anderthalb Jahren" hat sich nie etwas geändert. Auch wenn sich die aktuellen Verordnungen und Beschränkungen immer wieder in den Vordergrund drängelten.

Deshalb habe ich mich auch schon frühzeitig aus diesem Schlingerkurs verabschiedet. Ich verstehe, warum da viele Entscheidungen auf Sicht getroffen werden und werden müssen. Ich verstehe auch, warum man in dieser höchst außergewöhnlichen Krise nicht nur richtige Entscheidungen trifft und oftmals im Nachhinein klüger ist. Das alles wollte ich mir nicht laufend in Echtzeit antun - da drehste ja durch. Ergo lebe ich seit März 2020 konsequent nach dem Prinzip: "Gehe davon aus, dass Du ansteckend bist und jeder um Dich herum Dich anstecken kann." Dieses Prinzip hat Drosten schon in einer sehr frühen Podcastfolge empfohlen, das erscheint mir total sinnvoll, und das ist seitdem mein maßgeblicher Kompass im Alltag. Keine Lockdownregel ist härter, und von Lockerungen fühle ich mich eh nicht angesprochen.

Einzig eine echte Ausgangssperre inkl. Schließung von Supermärkten, Banken und Postfilialen könnte da meinen Alltag noch stärker verschärfen als ich es ohnehin schon selbst aus freien Stücken tue. Aber dazu kam es ja nie, und ich sehe das bis zum Pandemieende auch nicht mehr kommen.

Was ich natürlich sagen muss: In meinem Haushalt gibt es das Pandemie-Scheunentor "Schule" nicht. Das würde mir in Sachen Infektionsangst riesige Probleme bereiten. Aus rein schulischer Sicht würde ich das Jahr eh von Anfang an als verloren betrachten - vor dem Hintergrund einer Pandemie kann einfach kein normales Lernen stattfinden. Aber wenn ich so einen kleinen Kinderschokoladefresser hätte und laufend als potenzielle Bazillenschleuder zur Tür reinlassen müsste? Das würde mich stressen ohne Ende. Aber dafür gäbe es aus politischer Sicht IMO nur eine Lösung: Bundesweit bei jedem Kind von Kita bis zur Oberstufe die Schullaufbahn komplett einfrieren bis zum Pandemieende. Und das hätte man natürlich schon spätestens im Sommer 2020 ausrufen müssen.

Dass dies politisch kaum denkbar oder gar durchführbar erscheint, verstehe ich. Deshalb ist und bleibt dieser Bereich einfach eine riesige Zwickmühle. Da gibt es keine wirklich gute praktikable Lösung während der Pandemie. Selbst wenn jedes Kind ein kostenloses Lern-iPad hätte und alle Lehrer optimal geschult wären zum Lehren via Internet gäbe es immer noch zig Flaschenhälse in den eigenen vier Wänden, die trotzdem vom effektiven Lernen abhalten können. Und dann kommt ja auch noch das Thema häusliche Gewalt dazu.

Ein schlimmer Clusterfuck, für den es wiederum auch nur eine wirkliche Lösung gibt: Wir impfen das Virus kurz und klein! Vorher ist halt nur Eiertanz möglich. Und diese Erkenntnis zieht sich durch restlos alle Bereiche.

Ich bin nicht zufrieden mit der Regierung, ich bin aber auch nicht enttäuscht. Ich hatte nie die Erwartung, dass diese spezielle Krise irgendjemand mit Bravour auf Anhieb meistern wird. Ich bin nur heilfroh, dass man hierzulande seitens der Politik immer ein offenes Ohr für die Wissenschaft hatte und wissenschaftliche Fakten nicht zu einem populistischen Meinungswettbewerb verkommen ließ.

Ansonsten gilt halt: Warten bis zum persönlichen Impfschutz. Den erwarte ich seit locker einem halben Jahr für mich persönlich zwischen September und Dezember 2021, und noch sehe ich dieses Ziel nicht in Gefahr.


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