Thema:
Re:Wie soll das gehen? flat
Autor: token
Datum:08.03.21 23:33
Antwort auf:Re:Wie soll das gehen? von thestraightedge

>Ich weiß nicht, was Du mit "einseitig" meinst. Wo gehts denn gerade in der Pandemie-Bekämpfung behördlich / politisch wirklich gut voran, um ein Gegengewicht zur Kritik zu bilden? Damit meine ich nicht Krankenhäuser, RKI und Co., also andere Instituationen und Einrichtungen, die im Pandemie-Management gute Arbeit leisten.
>

Warum soll man das RKI ausklammern? Das arbeitet nun mal eng mit den Behörden und der Regierung zusammen, ein Kurs zu dem sich selbige bewusst selbst entschieden hat, da man das Management gezielt an Experten aus der Wissenschaft koppeln will. Nicht so dumm von der "Politik", oder?
Ich hab schon vor Wochen das Strategiepapier zur Impfung von der RKI-Seite verlinkt welches schon im Vorfeld skizziert hat wie aktuell vorgegangen wird.
Unter anderem mit dem Vorgriff zur dezentral organisierten Massenimpfung.

Und dann liest man hier, es gebe keinen Plan, es wird gefordert was eh Vorhaben war und wiederholt ausgeblendet dass Durchsätze und Verfügbarkeiten trotz aller Probleme weitestgehend in Balance stehen, die bestehenden Prozesse zunehmend effizienter werden, und ein "mit alle Mann geimpft am Ballerarm" nicht geht weil halt noch nicht genug da um große Ballergeschütze aufzufahren.
Da ist eine handvoll Länder besser aufgestellt aber eben mit nicht vergleichbaren Rahmenbedingungen namens Impfstoffverfügbarkeit, hätten wir die auch, dann wäre das halt eine Katastrophe gerade. Haben wir aber nicht, also ist das gerade im Grunde fast egal weil in der Risikoversorgung die jetzt Ziel war ist man ausreichend erfolgreich und jetzt geht es halt weiter weil ja auch Verfügbarkeiten steigen und sich damit weitere Optionen auftun die vorher zu ziehen wenig Sinn ergeben hätte.

Sowas hier
[https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfungen-knappheit-impfkommission-100.html]
liest sich schon weniger wild und spricht schon paar Eckpunkte an denen sich das halbe Forum seit Wochen nimmermüde über Maß abarbeitet, ohne jedwedes Einsehen dass man die Suppe in der hiesigen Darstellung komplett überkocht.

Dass im Grunde alles nach Plan läuft passt halt nicht zur Story der komplett unfähigen Bumsregierung. Stellt man hier Dinge in einen Kontext und denkt manchen hier erbrachten Gedanken zu Ende heißt es Schönfärberei, dabei sind das nur faktenbasierte Feststellungen die man im nüchternen Ton vorträgt, ohne diese explizit zu feiern.

Anders herum genießt der "Ärger" längst den Hochschaukelbetrieb. Dümmliche Anekdoten, die es NATÜRLICH gibt, werden aufgeblasen als seien diese stellvertretend für das Gesamtbild, gute Arbeit ignoriert, erwartbare Zustände als Schocküberraschung erlebt. Wer etwa Digitalisierung über Jahrzehnte verpennt, der erfindet sie nicht innerhalb von Monaten während einer Pandemie, ist doch klar. Konsequenz sind antiquierte aber eben auch etablierte Verfahren die man halt beherrscht. Mach das was du kannst wenn die Lage eh kritisch ist, wenn bei uns in der Firma der Baum brennt und es muss gelöscht werden und ich muss das organisieren, dann werd ich auch nicht zum Innovator, aus gutem Grund. Und du auch nicht. Weil die Feuerwehr beim Brand halt nicht mit neuem Equipment konfrontiert werden sollte, weil DAS macht es dann noch chaotischer.

Wunden wurden brutal offen gelegt, da muss man ran, aber halt zum geeigneten Zeitpunkt. Bis dahin sind unsere Prozesse dennoch gut genug und wurden im Vorfeld auch seriös geplant. Geht effizienter, aber es hat Hand und Fuß und determiniert sich aus nachvollziehbaren Beweggründen und funktioniert grundsätzlich.  

Und damit will ich keinesfalls behaupten es gebe nicht einen bunten Strauß an Problemen und Irrsinn, es gäbe keine bescheuerten Politiker die bescheuerte Debatten führen und was sonst noch.
Auch das IST KLAR. Weil diese verfickte Pandemie so ziemlich alles und jeden trifft, passiert auch so ziemlich alles was man sich ausdenken kann. Korruption, verbranntes Geld für hirnrissige Maßnahmen, versäumte Versorge trotz Vorlaufzeiten usw. und das eben in jedem denkbaren Bereich. Wie in den meisten anderen Ländern auch. Die hier beneideten USA drehen schon wieder am Rad und machen JETZT teilweise einzelne Staaten wieder komplett auf mit Ringelpietz mit Anfassen. Und da haben auch sie noch nicht die notwendige Grundlagen erarbeitet. Was ein Vorbild, die zeigen wie man's macht, wa.

Whatever, ich schreib mich schon wieder in Rage, aber da kommt halt so zu viel zusammen dass man sowas auch stundenlang am Stück runterschreiben kann weil das Ausmaß der Aufregung halt auch jede erdenkliche Flanke streift und man bei Beispielen für nicht zu Ende gedachte Kritikpunkte gar nicht weiß wo man anfangen soll.

>Zudem: Du bist ja lang genug dabei um zu wissen, dass im Interwebs auch immer ein negative Bias besteht, sprich: jede PS5 Demo wird erstmal für fehlende 60 fps kritisiert, bevor festgestellt wird, dass das Spiel ganz geil ist.
>

Nee, die hier mittlerweile vorherrschende Tonart ist imo schon speziell, und mit dieser Perspektive steh ich nicht allein. Ich selbst finde es schon länger zunehmend unangenehm wie in diesem Board gepostet wird, und als ich dann von unterschiedlichen Usern im OT Seitenhiebe auf diesen Kurs las hatte ich immerhin das Gefühl dass es nicht meine Perspektive ist die überreizt ist, sondern dass hier wirklich eine Schieflage entstanden ist die hier trotz aller Probleme die wir als Forum haben boardübergreifend definitiv nicht die Norm stellt.

>Naja - das liegt vielleicht auch an der Form hier. Nicht jeder schreibt einen Aufsatz, wenn er sich wundert warum seine Schule noch Faxe an die Schüler verschickt und erwähnt im Gegenzug, dass es inzwischen Masken für faire Euros zu kaufen gibt. Ich finde dennoch das meiste hier weit auch nur von Wutbürger-Tendenzen entfernt, sondern Ausdruck einer nie dagewesenen Unzufriedenheit mit der Politik. Das fängt bei Auswirkungen bei jedem Einzelnen an, während Dinge wie Korruption bei Maskendeals fast nur noch bedeutungslose Stilblüten sind.
>

Wie gesagt, fürchterliche Anekdoten gibt es zu Hauf, nur sehe ich nicht warum diese Sinnbild für unseren politischen Gesamtunterbau seien für die man die gesamte politische Riege in Sippenhaft nehmen könnte.
Mir persönlich geht es da aber auch anders, mein Respekt vor bestimmten politischen Führungsfiguren, allen voran Merkel, ist eher gestiegen, wen ich da auf dem Kieker hab, hatte ich in der Regel auch schon vorher richtig auf dem Kieker. Das mache ich auch nicht an Parteien fest, da gibt es übergreifend Blödsinn und gute Arbeit, und ich finde, dort wo es Reibungen und Ausscherungen gibt findet man nach dem Gezeter letzten Endes doch immer wieder zu einem vernünftigen Konsens und gemeinsamen Kurs.

>Insofern wäre nicht die Frage: warum werdet ihr alle zu Grollbürgern? Sondern: was hat die Politik verkackt, dass es soweit kommen konnte, und ist wirklich Besserung in Sicht?
>

Es gibt Missstände ohne Schuldige, etwa eine Virusvariante die sich die Natur ausdenkt. Es gibt Probleme ohne gute Lösungen die alle glücklich machen, etwa eine globale Pandemie. Es ist einfach sehr kompliziert und für alle zermürbend.
Gerade in solchen Zeiten braucht es Zusammenhalt und keine wilde und oftmals haltlose Fingerzeigerei.  

>Stammt nicht von mir, aber verzeihe vielleicht auch mal solche Überspitzungen und Verkürzungen.
>

Ich bin nicht päpstlicher als der Papst und lass selbst oft genug hörbar einen fahren. Wenn sowas rauschen im Blätterwald ist muss man nicht alles auf die Goldwaage legen, aber wenn man kaum noch was anderes vorfindet wird es dennoch kritisch.
Ich will da auch keinen User explizit herausstellen, und mich speziell nicht an dir festbeißen, es ist einfach die hochgradig negative Grundstimmung die mich stört und ich finde, da kann jeder bei sich selbst anfangen anstatt darauf zu verweisen dass die Verantwortung für die eigenen Verfehlungen auf ein so weites Feld wie "Politik" rückführbar sei, und die da oben seien halt Schuld wenn man selbst Axt im Walde spielt.

>Für mich eher Indiz, dass die Politik wirklich maßlos verkackt hat, also Indiz dafür, dass plötzlich alle zu Wutbürgern werden.
>

Ein Indiz könnte auch sein dass eine Reihe von Usern hier keine Öcke hat noch zu partizipieren während eine andere Reihe von Usern in dieser Grundstimmung plötzlich Morgenluft wittert und aufblüht. Das passiert nämlich auch. Es werden nicht "Alle" zu Wutbürgern, genügend Leute schauen hier auch nicht mehr rein oder nehmen nicht mehr an "solchen" Diskursen teil während bekannte Problembären zunehmend anfeuern und nun auch Applaus ernten.

>Ich finde für mich, die Zeiten von "abwarten, wird schon" sind vorbei. Wir stolpern in den zweiten Sommer mit Corona, und alles was es gibt sind blümerante Versprechungen von "10 Mio Impfungen in der Woche".
>

Wir stehen genau da wo wir laut Prognosen von vor Monaten erwartbar stehen sollten. Nur mit dem Unterschied dass viele Ungewissheiten mittlerweile abgebaut sind und endlich Land in Sicht ist. Könnte man Kraft draus schöpfen, stattdessen passiert das Gegenteil und man dreht komplett am Rad und zerfleischt sich statt das jetzt mit ruhigem Gemüt konsequent wegarbeiten zu lassen und weiter seinen Beitrag zu leisten.
Dass die Gesellschaft erschöpft und frustriert ist liegt auf der Hand, es SIND anstrengende Zeiten, aber die letzten Kurven vor der Zielgeraden sind nicht der Ort wo es eine gute Idee ist die Nerven zu verlieren.

>Es gibt genügend Proof Points aus dem Ausland, wie es anders / besser laufen kann.
>

Und es gibt genügend Beispiele wo man sich erfolgreiche Modelle selbst aneignet, aktuell beispielsweise in der Anpassung des Impfverfahrens.
Vieles kann man sich aber nicht aneignen aus unterschiedlichsten Gründen, etwa weil die Strukturen und Erfahrung fehlen und die Aufgabenstellung zu komplex für kurzfristige Abwicklung ist, zum Beispiel bei der Digitalisierung, etwa weil die Bevölkerung nicht mitspielt, etwa bei Maßnahmen zum Individualschutz, oder etwa weil man Wirtschaft nicht über alles stellt und Worttreue zum kommunizierten Vorgehensmodell bei Lockerungen hält, was ja auch schon ein Kompromiss aus dem diversen Interessenpool stellt und dann halt zum Preis von Wellenbewegungen kommt. Das ist halt Demokratie mit ihren Vor- und Nachteilen.

>Die Hoffnung habe ich auch. Die Hoffnung hatte ich auch bzgl. Schulen und 2. Lockdown, zur seit letztem Jahr bekannten Notwendigkeit von Tests auf breiter Ebene usw. Passiert ist davon wenig bis nix, was dann wiederum Skepsis definiert.
>

Das gute ist doch dass man sich zumindest hier, im Gegensatz zu Schulregelungen, nicht neu erfinden muss. Infrastruktur steht, Prozesse sind bekannt und eingeübt. Die Herausforderung ist halt der Scope. Und da wird es auch wieder Störgeräusche geben sofern man die Orga dezentral bei den Ärzten platziert, aber dann wären es halt demnächst die Götter in Weiß die unfähige Vollidioten wären, und das Inselphänomen mit Dr. Zubermann und seiner überforderten Halbtagshilfe die dann 5 Patienten pro Stunde organisiert, bekommt seine Titelseite bei der BILD mit "Deutschland, unsere Ärzte!" und dann heißt es wieder dass man das doch vorher wissen musste und warum es nicht zentral organisiert wurde und Praxen den Prozess nicht einfach nur durchführen. Irgendwas ist halt bei einer landesweiten Maßnahme immer gegeben und dann gibt es wieder ganz viele tolle schlaue Ideen die deswegen schlau wirken weil sie nie Gefahr laufen werden einem Stresstest unterzogen zu werden bei dem dann auch sie kollabieren würden.

>Das wir gut durch die Pandemie kommen: Zustimmung, btw. Ich sehe aber seit ca. 5 Monaten massive Versäumnisse, die den "Vorsprung" weitestgehend verspielen. Merkels Politik der ruhigen Hand, mit bedachten aber wohldosierten Maßnahmen, griff bis zur 2. Welle. Und nicht weiter. Davon zehren wir aktuell noch, und ärgerlich ist, dass es so viel besser hätte laufen können.
>

Ich denke selbst nicht dass alles total super liefe und aller geäußerter Ärger und alle geäußerte Kritik unzutreffend sei. Ich finde auch man muss bei sowas auch Verständnis für manche unsachgemäße Eskalation mitbringen, die Belastungen die manch einer hat lassen schlottern, ich komme ja nicht mal mit den eigenen klar die im Vergleich mit vielen Schicksalen Pupsidupsikindergarten sind.
Aber ein Stimmungsbild der Marke social-media-Kommentare das sich auf reines überwiegend unsachliches Gezeter zurückzieht ist auch in Krisenzeiten nicht "mein Forum" wie ich es schätze. Ich finde diesem Board würde eine Tasse Tee und ein Spaziergang an der frischen Luft sehr gut stehen.


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