Thema:
Re:Warum die USA so viel besser sind beim Impfen flat
Autor: token
Datum:02.03.21 13:32
Antwort auf:Re:Warum die USA so viel besser sind beim Impfen von Atlan

>Ich glaube einfach, es geht um folgenden Eindruck, den ich mal bildlich veranschaulichen möchte:
>
>Anlässlich einer Jahrhundertpandemie und der Bedrohungszenarien, mit denen seit Monaten die größten Grundrechtseinschränkungen der deutschen Geschichte mit Millionen Existenzen als Kollateralschäden begründet werden, erwarten viele Menschen beim Impfen nun einfach im übertragenden Sinn: Armee-Zelte, Hubschrauber und Sondereinsatzkommandos. Etwas, das sichtbar der Hilfe in einer absoluten Notsituation gerecht wird. Stattdessen gibt es die schriftliche Ankündigung eines Anrufs vom Ordnungsamt.
>
>Für viele passen ständig gezeichnete Ebola-Bedrohungsszenarien mit sich in jeder Straße stapelnden Leichenbergen, um die massiven Einschränkungen rechtfertigen zu können, und bei dem Harz-Touristen als Massenmörder dargestellt werden, irgendwie nicht so ganz zusammen mit den eher gemächlich-entspannten, behördendeutsch wirkenden Anstrengungen, die gerade beim Impfen unternommen werden. Da herrscht gerade aktuell ein Gap, zumindest in der Außenwirkung, findest du nicht?
>

Nein, ich persönlich finde eher die Unruhe und der Unfrieden speist sich aus einer Mischung aus Lagerkoller, Ungeduld und Uneinsichtigkeit für die Abläufe von Prozessen.
Man braucht keine Zelte und Hubschrauber wenn fußläufig eine Arztpraxis erreichbar ist. Es war nie der Plan die Gesamtbevölkerung über die Impfzentren abzuwickeln. Die Infrastruktur zur Abwicklung der Massenimpfung ist auch schon da, die muss nicht aufgebaut werden. Was aufgebaut werden musste und aufgebaut wurde sind die Impfzentren für die erste Phase des Prozesses.

>Und dass man einer Notsituation entsprechend angemessener reagieren kann, zeigen nunmal USA, UK und Israel, auch wenn deine Kritikpunkte natürlich nicht falsch sind.
>

Die Krux ist nun mal die Verfügbarkeit von Impfdosen.
Man kann nur so viel impfen wie man hat.
Sofern Durchsatz und Verfügbarkeit in Balance stehen, ist das Konzept mit Impfzentren unkritisch. Handlungsbedarf gibt es dann beim sogenannten Impfstau, hier muss der Durchsatz erhöht werden, entweder durch effizientere Prozesse in der bestehenden Infrastruktur oder durch einen Ausbau dieser Infrastruktur.

Diese hat aber eh nur eine temporäre Natur da die Massenimpfung weitestgehend über Arztpraxen und mobile Impfteams erfolgen soll. In dieser ersten Phase gilt es das zu verimpfen was halt da ist und dafür zu sorgen dass es dort ankommt wo es am dringendsten benötigt wird.
Das findet meiner Wahrnehmung nach statt, nicht in Perfektion, eine solche sah ich aber auch nie als erwartbar an. Startet ein Prozess werden Denkfehler in der Planung transparent, es rauscht im Getriebe, und man schärft on the fly nach.  

>Aber dass jemand wie Jens Spahn, der vor Corona zehn Jahre lang nur durch Korruptionsaffären aufgefallen ist und lebenslang die Entsolidarisierung des Gesundheitssystems gepredigt hat, bei der Impfstoffbeschaffung nun plötzlich sowohl national als auch international hauptsächlich von Solidaritätsgedanken geleitet ist, glaubst du ja wohl selbst nicht.

Ich hefte meinen Glauben nicht an die Vita von Einzelpersonen sondern an die Entscheidungen der Bundesregierung. Diese beschloss einen einheitlichen Auftritt als EU. Ein anderer Kurs wäre möglich gewesen, nämlich eine isolierte Abwicklung wo sich jeder um sich selbst zu kümmern hat. Dieser Weg wurde nicht gewählt, obwohl man bei diesem als starkes Land deutlich besser aufgestellt wäre, allerdings mit der Konsequenz dass Nachbarländer unter unserem "mehr" ihrerseits in "weniger" rausgekommen wären. Ein Impfkrieg unter vermeintlichen Freunden und Partnern.
Sich bewusst dagegen zu entscheiden begreife ich als solidarischen Schritt und Bekenntnis zu Europa.

>Muss also doch noch irgendeinen anderen Grund haben, der nicht so schön ist, wie deine sehr wohlwollende Erzählung. ;)

Ich weiß nicht was daran wohlwollend ist. Dass der UK-Reifen deswegen schneller rollt weil er Risiken nimmt, die wir nicht eingehen, ist nun mal so. Die Notfallzulassung hätten wir auch gekonnt. Wollten wir aber nicht. Was ich sehr vernünftig finde. Zumal der Handlungsdruck nicht da war da die Krise schon vorher so gemanagt wurde dass uns unser Gesundheitssystem eben nicht um die Ohren geflogen ist. Auch die Durchimpfung der Zweitdosis machen wir bewusst nicht, auch das halte ich ob der logisitischen Komplikationen für vertretbar diese nicht virtuell auf Zulieferung vorzuhalten, sondern faktisch im Bestand zu reservieren. Dieses Tempo hat einen Preis in Form erhöhter Risiken.
Und dass die USA eben die Bestände haben um dick aufzufahren kommt eben auch nicht von ungefähr. Diese Bestände haben wir nicht...aus Gründen.
Würde bei uns Impfstoff vermodern wäre ich auch aufgebracht.
Da das nicht der Fall vermisse auch keinen Hu-Hu-Hubschraubereinsatz.

Was ich anmerken wollte ist lediglich, es ist legitim für erhöhtes Risiko bei der Impfstrategie und Ellbogenmentalität bei der Versorgung mit Impfdosen zu werben. Darüber kann man streiten. Ich find's nur nicht okay so zu tun als ob diese Bilanzen mit denen man sich unzufrieden vergleicht nicht eben diesen Preis von asozialem Verhalten oder Prozessrisiken mitbrächten.


< antworten >