Thema:
Re:Perfekter Fall von man rafft es nicht flat
Autor: _bla_
Datum:28.02.21 13:18
Antwort auf:Re:Perfekter Fall von man rafft es nicht von Matt

>>Nein, es geht nicht nur um die vulnerablen Gruppen. Covid-19 ist für alle sehr gefährlich. Junge Menschen haben ein erheblich geringeres Risiko, aber das gilt auch für andere medizinische Risiken. Wenn du Corona einfach durchlaufen lassen würdest, dann würde Corona in fast alle Altersgruppen einen Spitzenplatz bei den Todesursachen einnehmen. Und neben dem Tod würde es in sehr vielen Fällen auch einfach zu einer langen Arbeitsunfähigkeit führen.
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>Ähm, doch.


Wo ist das Argument? Du meinst also das Covid-19 für alle nicht-vulnerable Gruppe ein akzeptables Risiko darstellt? Wer genau sind diese Gruppen und was bringt dich zu der Einschätzung. Das RKI sieht bspw. mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung als gefährdet an, ich habe jetzt nicht den Eindruck das du "vulnerable" auch so breit definierst.


>>Es gibt auch jede Menge sehr alter Menschen, die nicht im Heim wohnen und auch Menschen mit Vorerkrankungen oder zwischen 65-80 haben immer noch ein sehr hohes Risiko.
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>Klar, aber die können sich eben auch schützen. Ich hab das unter Kontrolle, wer bei mir ein und aus geht. Pflegedienste sind getestet. Kontaktpersonen von Pfflegebedürftigen dürfen sich impfen lassen. Da ist schon was passiert.


Alle paar Tage zu testen reduziert zwar das Infektionsrisiko aber es bleibt ein erhebliches Restrisiko. Kontaktpersonen dürfen sich zwar impfen lassen, aber noch sind längst nicht an dem Punkt, wo die Kontaktpersonen auch tatsächlich geimpft werden können. Einerseits deshalb weil die Impfdosen gar nicht in den Mengen vorhanden sind und andererseits auch weil wir logistisch noch gar nicht so weit sind.

>>Die Impfgruppe mit der allerhöchsten Priorität ist jetzt gerade mal zur Hälfte durch. Und das Risiko für Menschen mit 70+ statt 80+ ist immer noch sehr hoch.
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>Aber eben doch um die Hälfte reduziert, auf die Gruppe betrachtet.


Ich wäre jetzt eher sogar von nur 1/3 ausgegangen. Aber andererseits verliert diese Gruppe eben auch deutlich mehr potentielle Lebensjahre. Es ist eben was anderes, ob jemand mit 70 stirbt, der sonst noch locker 85 geworden wäre oder ob jemand mit 82 stirbt, der sonst noch 85 geworden wäre.

>>Du schlägst letztlich vor eine Herdenimmunitätsstrategie zu fahren.
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>Nein, wo sag ich denn sowas? FFP2, Kontaktreduktion erweitern wo sinnvoll(einkaufen nur für Einzelpersonen)


Jede Strategie, die längerfristig einen R-Wert über 1 akzeptiert, läuft auf eine Herdenimmunitätsstrategie hinaus. Das ist einfach das Problem mit exponentiellem Wachstum. Da ist dann halt nur die Frage, wie schnell der Peak kommt und ob sich dabei nun 40% oder 80% der Bevölkerung angesteckt haben. Wirklich wesentlich geringer kannst du die Infektionszahlen nur mit einer Strategie halten, bei der R-Wert auf 1 oder tiefer gehalten wird.

>>Was für ein Sterberisiko sollen die Leute denn als "normales Lebensrisiko" akzeptieren?
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>Eines, welches in Verhältnismäßigkeit zu den Risiken für andere Gruppen gebracht wird. Um es mal geradeheraus auszusprechen, die Generation, welche nun über 65 ist, das ist jene Generation die auf dem Rücken der Nachfolgegenerationen das eigene Lebensrisiko minimiert hat und Vermögen angehäuft hat. Die sind vollversorgt auf einem Level, wie es die nachkommenden Generationen nie mehr sein werden. Wir zahlen heute schon für den wenig nachhaltigen Lifestyle dieser Leute. Zeit, dass diese Gruppe sich mal einzahlt. Der Preis sind ein paar Tage Lebenszeit.


Ich gebe dir völlig recht, das die Lasten fair verteilt werden müssen, auch gerade zwischen den Generationen. Aber allerhöchstens sehr junge Leute unter 30 haben wirklich ein so geringeres Risiko, das sie das Krankheitsrisiko durch COVID-19 einfach akzeptieren könnten. Der richtige Ansatz wäre imho eine Vermögenssteuer und temporäre Rentenkürzung für die jetzigen Rentner und mit dem Geld müsste man massiv in Bildung, Forschung und Infrastruktur investieren.


>>Selbst wenn du noch etwas wartest, bis die Altersgruppe 75+ auch geimpft ist, dann wäre in der Altergruppe zwischen 65-75 (rund 24 Mio. Menschen) immer noch eine halbe Million Tote zu erwarten und das unter der völlig unrealistischen Annahme das die medizinische Versorgung nicht zusammenbricht.
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>OK, was sind das für Zahlen? Von welchem Land sprichst du? Deutschland hat knapp 20 Mio. Einwohner >65 Jahren.


Ah, sorry, hab ein Diagramm falsch abgelesen:
[https://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_Deutschlands#/media/Datei:Germanypop.svg]
Es sind etwas über 12 Millionen.


>Was für ein Unfug. Die Altersgruppe in welcher gestorben wurde ist fast durchgeimpft, die besonders betroffenen Heimbewohner sind es bereits. Auf was soll man da warten?

Wie kommst du darauf? Es sind jetzt gerade mal rund 2 Mio. Menschen vollständig geimpft:
[https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2021-01/corona-impfung-deutschland-anzahl-impfquote-aktuelle-zahlen-karte]
In der höchsten Priorität sind aber mehr als 8,6 Mio. Menschen:
[https://de.wikipedia.org/wiki/Priorisierung_der_COVID-19-Impfma%C3%9Fnahmen]
Spahn will bis Ende März mit der höchsten Priorität fertig sein, das ist schon etwas optimistisch, wenn man betrachtet, das nicht mal die Hälfte der Leute eine erste Impfung bekommen haben und mit AZ wohl erstmal viele Impfungen an Lehrer und Erzieher gehen werden. Wenn wir also mit der höchsten Priorität bis Ende März fertig sein wollen, bräuchten wir noch mindestens 11,4 Mio. Impfungen, das wären 367k Impfungen pro Tag im März, derzeit schaffen wir gerade mal 150k pro Tag. Und der Abstand kommt auch noch mal dazu, um Ende März fertig zu sein, hätten wir nur noch eine 1 Woche für die Erstimpfung.

>Ich rede ja nicht davon, dass man wieder in Innenräumen mit 1.000 Leuten feiern soll. Ich schreibe von Veranstaltungen in Freien. Von Einzelhandel mit einem noch strikteren Konzept als 2020, und selbst nach den 2020 Standards gab es keinen auffälligen Anstieg von Infektionen. Das Argument Mutante lasse ich nicht gelten, denn auch gegen diese schützen die Masken.

Natürlich schützen die Masken auch gegen die Mutante, bieten aber trotzdem keinen 100% Schutz und bei der Mutante werden sich eben erheblich mehr Menschen sich trotz Maske anstecken. Letztendlich müssen wir halt trotz Mutante den R-Wert auf 1 oder drunter halten und das ist halt leider erheblich schwieriger. Sachen wie Einzelhandeln und Veranstaltungen im Freien werden halt zu zusätzlichen Infektionen führen. Bei guten Hygienekonzepten hoffentlich nicht viele zusätzliche Infektionen, aber leider sind wir derzeit durch die Mutationen schon wieder an dem Punkt das die Infektionen zunehmen und das obwohl die Mutationen derzeit noch weniger als die Hälfte der Infektionen ausmachen. Das wird leider schlimmer werden. Wir müssen uns also eigentlich eher zusätzliche Schutzmaßnahmen ausdenken, als Sachen zu lockern. Derzeit sieht es danach aus, das wir auch ohne Lockerungen Ende März wieder 200er Inzidenzen haben werden und wenn wir das so weiterlaufen lassen würden, dann sind wir Ende April bei einer 1000er Inzidenz. Da würden wir dann wohl eher über einen viel strengeren Lockdown als derzeit reden, um die Zahlen wieder in den Griff zu bekommen. Wenn wir lockern, müssen wir uns gleichzeitig andere Schutzmaßnahmen überlegen, die die Infektionszahlen stärker runterdrücken, als durch die Lockerungen hinzukommen. Eine gute Maßnahmen sind sicherlich Schnelltests. Eine Lösung wie: Einzelhandel öffnen, aber nur für Leute mit Maske und Schnelltest vom gleichen Tag würde ich durchaus befürworten, weil meine Vermutung ist, das die vielen zusätzlichen Tests eine wesentlich stärkere positive Wirkung auf die Infektionszahlen hätten, als die zusätzlichen Infektionen, die es trotz Maske und Schnelltests im Einzelhandel trotzdem geben wird.

Andere gute Maßnahmen um den R-Wert zu senken, wie bspw. überwachte Quarantäne im Hotel oder eine sehr umfangreiche und schnelle Kontaktverfolgung, die auch kurze Kontakte und Kontaktpersonen der Kontakte einbezieht, funktionieren leider erst, wenn die Inzidenz wesentlich kleiner als derzeit ist. Wir könnten uns viel mehr Lockerungen erlauben, wenn wir es geschafft hätten, mal einen Monat wirklich konsequent einen strengen Lockdown durchzuziehen.


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