Thema:
Re:Krokant:was machen die bzw. viele Lehrer den ganzen Tag? flat
Autor: euph
Datum:04.02.21 08:36
Antwort auf:Krokant:was machen die bzw. viele Lehrer den ganzen Tag? von thestraightedge

>Unsere Grundschullehrerin, eigentlich gut (bis auf den "ich bin so gestresst"-Dauerzustand, den gefühlt 70% der Lehrer verinnerlichen), macht Montags Teleunterricht, nimmt Dienstags 2 Stunden Unterlagen entgegen, und verschickt Freitags gescannte Aufgaben plus neuem Wochenplan. Ich sehe nicht im Ansatz, was hier ein normales Arbeitspensum verursachen kann.

Vorneweg: Auch bei unseren beiden Kindern oder bei der besten Freundin unserer Tochter sehe ich das Gefälle in der derzeitigen Qualität des Unterrichts. Das liegt zunächst an der Schule und dann auch natürlich noch am persönlichen Engagement des einzelnen. Corona deckt da jetzt grundsätzliche Versäumnisse in der Schulpolitik auf, die aber jetzt auch nicht auf einen Schlag behoben werden können. Und im Nachgang wird man sich wohl auch größtenteils einig sein, dass da vieles besser hätte laufen können.

Aber gerade dein letzter Absatz ist das, was ich immer als das "Bundestrainer"-Phänomen beschreibe: Jeder ausstehende weiß es immer besser. Geht mir auch so, ich urteile nach dem, was ich von außen wahrnehme und ziehe meine Schlüsse. Das ist auch wichtig und richtig, solche Impulse von außen sind oft auch hilfreich.

Ich habe aber auch gelernt, das vieles dann doch nicht so einfach ist, wie man es als Außenstehender immer denkt. Ich habe innerhalb meiner Sparte mittlerweile vier mal das Arbeitsgebiet gewechselt. Und obwohl ich vom Fach bin und die grundsätzlichen Arbeitsweisen kenne, wurde mir erst als selbst in einem Bereich arbeitender klar, warum manche Dinge, die von außen so "einfach" aussehen, überhaupt nicht so einfach sind. Und wenn man diese Einblicke dann mal an die alten Kollegen weitergibt und sie die Hintergründe auf einmal kenne, wird vieles auch für die anders.

Aufgrund dieser Erfahrungen halte ich mich auch mit einer so "harten" Kritik zurück. Du siehst nur den Montag Telearbeit, die zwei Stunden Aufgaben am Dienstag und die neuen Aufgaben am Freitag. Aber weder du noch ich haben eine Ahnung davon, was sie in den restlichen Zeiten tut und welche persönlichen Umstände eine Rolle spielen (andere Klassen, Vertretung, Konferenzen, interne Besprechungen, evtl. selbst nur Teilzeit oder eigene Kinder usw.) mal ganz davon abgesehen, das ich schwer davon ausgehe, dass die jeweiligen Schulbehörden und Kultusministerien die Lehrerschaft auch ganz schön im Regen stehen lassen. Das soll und kann natürlich kein Freibrief sein. Wie gesagt, die Defizite sind deutlich sichtbar.

Aber so einfach, wie es von außen scheint, ist es halt dann doch nicht, egal ob es um Schule oder andere Berufszweige geht.


< antworten >