Thema:
Re:Krokant: es nervt hart. flat
Autor: Deashcore
Datum:03.02.21 22:58
Antwort auf:Krokant: es nervt hart. von Mandragor

>Eigentlich sollte man ja mittlerweile dran gewohnt sein. Die Beamtenwitzereißer, die Lehrerklischeeverbreiter, die Besserwisser aus eigener Schülererfahrung - einfach wegatmen.
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>Aber manchmal ist es echt zu viel. Nutze ich halt einen Teil des Feierabend für einen Rant.
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>Ich unterrichte Deutsch und Englisch. Korrekturintensiv - aber natürlich meine Schuld. Hauptfächer, relevant. 8. Klasse bis 13. Dazu Berufsschule in verschiedenen Niveaustufen. In mehreren Klassen Klassenlehrer. 29 Wochenstunden Deputat, also 4 mehr als 100 Prozent, weil Bedarf da war. Mehrere Jahre Fachgruppenleitung.
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>Ich bereite den kompletten Sonntag Unterricht vor, habe nur den Samstag weitgehend schulfrei. Alle 29 Stunden nach Stundenplan in Videokonferenzform, mit Erklärungen, Arbeitsphasen, Fragerunden, Feedback.
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>Die Hälfte der regulären Unterrichtskonzepte kannste nicht machen, weil nur in Präsenz möglich (Partnerarbeiten, Gruppenarbeiten, Schülerpräsentationen, etc). Aber es soll bitte trotzdem motivierend und spannend und durchgeplant sein, sonst macht der Elternvertreter noch eine kritische Feedbackrunde - und fragt, was man denn eigentlich den ganzen Tag macht als Lehrer.
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>In den Pausen Telefonate mit Betrieben und Eltern/Schülern, wenn Mail zu langsam geht. Für die kleinen Admin spielen, weil mal wieder was nicht geht, Geräte organisieren, wo es an Hardware fehlt. Mails, Mails, Mails.
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>Konferenzen über BigBlueButton nach Unterrichtsende mit den Kollegen, Notenkonferenzen, pädagogische Konferenzen. Zeugnisse schreiben in der Schule am frühen Abend.  
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>Eine Zweitklässlerin wird nebenbei gehomeschoolt und bespaßt, meine Frau geht arbeiten bis am Nachmittag. Ja, viele Lehrer:innen sind auch Eltern.
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>Ja, klar, “es gibt immer Ausnahmen, aber *gefühlt* sind Lehrer halt alles faule Säue” - leck Arsch. Fragt euch mal, warum es immer unattraktiver wird, Lehrer zu werden. Und dann bitte nicht mehr über Lehrermangel wundern.
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>Nebenbei: ich weiß, das klingt wie Jammern. Soll es nicht sein. Ist ein guter Beruf, anstrengend, aber das sind viele Jobs. Man hat aber auch das seltene Glück, erleben zu dürfen, wenn eine Stunde echt leuchtet und die Gruppe gemeinsam was lernt - Lehrer wie Schüler. Das ist sehr schön. Ich wüsste aber echt wenige andere Berufe, die sich so dissen lassen müssen von außen - was dann eben auch zunehmend zur Abschottung führt (über die sich hier dann echauffiert wird).
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>Das Beste dann: Schüler, die keinen Respekt mehr vor Schule und Lehrern haben, weil der Papa ja auch immer sagt, dass das alles Faulenzer seien.
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>So, jetzt ist hier Schluss, morgen wieder acht Stunden Unterricht plus 60 Minuten Notenkonferenz. Nur, falls thestraightedge sich fragt, was ich morgen so vorhabe.
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Meiner Freundin geht es ähnlich vom Pensum/Aufwand her und die ist "nur" Berufsschullehrerin auf einer 30 Std. Stelle. Hätte sie nicht die Digitalisierung massiv vorangetrieben und dabei zig Dinge in die Hand genommen, die eigentlich nicht ihr Job sind, würde da gar nichts laufen. Von daher meinen größten Respekt an dich.


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