Thema:
Meine 5 Cent flat
Autor: Beauregard
Datum:04.01.21 02:18
Antwort auf:Home-Schooling - der Thread von Ihsan

Mittlerweile ist die Lage in BW wirklich unbefriedigend. Gefühlt herrscht bei allen Beteiligten (Schulleitung, LehrerInnen, Eltern, SchülerInnen,...) eine fast ohnmächtige Unzufriedenheit.

Als im vergangenen März die Schulen geschlossen wurden, war die Verunsicherung ziemlich groß. Digitales Lernen, Homeschooling, Videokonferenzen, Aufgaben per Mail...vieles war absolut neu und musste ausprobiert werden. Unsere Schule, besser gesagt unsere EDV-Abteilung, hat sich in der Zeit wirklich bemüht mit wöchentlichen Fortbildungen das Kollegium zu schulen. Im Laufe der Zeit bis zu den Sommerferien wurde nach und nach Einheitlichkeit hergestellt. Aufgaben über Teams, Videokonferenzen über Teams.
Allerdings gab es auch einige Schwierigkeiten. Größtes Problem aus Elternsicht waren die zahlreichen Aufgaben bzw. das Ausdrucken. Manche Eltern berichteten von bis zu 20 Seiten, die sie für ein Kind ausdrucken mussten. Das wurde der Schulleitung rückgemeldet, Problem halbwegs gelöst aufgrund verstärkter Nutzung von Schulbüchern. Zweites Problem war die „Freiwilligkeit“ der Videokonferenzen. Manche KollegInnen haben schlicht und einfach keine Videokonferenzen abgehalten (oder zumindest Fragestunde per Chat gemacht), sondern nur viele,viele Aufgaben verschickt. Nachteil Beamtentum!
So ging alles einen Weg bis zu den Sommerferien. Im Nachhinein würde ich sagen, dass vieles nicht optimal gelaufen ist, aber es war weitestgehend ok.

Vor den Sommerferien gab es diverse Konferenzen zum möglichen digitalen Unterricht nach den Sommerferien. Wir haben Konzepte ausgearbeitet für einheitliches Vorgehen in den unterschiedlichen Klassenstufen, digitales Lernen, Feedback für Aufgaben, etc. Der Stundenplan sollte in jedem Fall eingehalten werden, egal ob Präsenz-, Wechsel- oder Fernlernunterricht. Konzept stand und steht bis heute, keine Ahnung, wie gut es funktionieren würde.

Nach den Sommerferien ging es „normal“ los mit Präsenzunterricht. Hygienekonzept wurde über die Sommerferien ausgearbeitet. Hier kamen nach und nach Änderungen (Maskenpflicht, Aufhebung draußen in den Pausen,...). Es hat soweit die Infektionszahlen nicht nach oben geschossen sind, alles soweit funktioniert. Einzig den 5./6.-Klässlern merkte man die mangelnde Bewegung an. Rückblickend würde ich sagen, diese Phase war sehr ordentlich gelöst, wir hatten lange auch keine Quarantänefälle.

Seit November (sanfter Lockdown) ist aber totales Chaos. Wöchentliche bzw. z.T. tägliche Änderungen bezüglich der Hygienevorschriften trudelten per Mail ein. Beschwerden über zu volle Schulbusse, die ersten Klassenarbeit waren klassenübergreifend ziemlich schlecht. Coronafälle häuften sich, die Quarantäneliste wurde täglich länger. Spätestens hier hätte ich erwartet, dass das Kultusministerium den von uns vorbereiteten Wechselunterricht an den Start bringt. Aber Frau Eisenmann hatte andere Pläne. Durchhalten bis zu den Weihnachtsferien in jedem Fall. 2 Tage früher in die Ferien auf keinen Fall, Zumutung für die Eltern von wegen Betreuung. Was kommen musste, war vorauszusehen: Es gab keine Übergangsphase in den Wechselunterricht sondern direkte Schulschließung. Bravo!!!

Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- und langfristig.Folgende Fragen drängen sich mir auf:

Kann das Abitur aufgrund der verpassten und noch zu erwartend ausfallenden Präsenszeit unter „Normalanforderungen“ stattfinden?
Wie wirkt sich der veränderte Unterricht während der Coronazeit sich langfristig auf die Leistungen der SuS aus?
Trägt nicht vielleicht unser veraltetes, starres Schulsystem eine Mitschuld an der Misere?
Zeigt nicht vielleicht sogar Corona ganz eklatant die Schwächen unseres Systems?
Kann man stofftechnisch aufholen, was in der Zeit zu kurz kam? Ist das überhaupt sinnvoll?
Wäre nicht sogar jetzt die Chance grundlegende Systemänderungen in Angriff zu nehmen, um eine gerechtere und den Bedürfnissen der Kinder entsprechendere Schulära einzuläuten?

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