Thema:
Ach du Scheiße! :-( flat
Autor: Pezking
Datum:25.11.20 11:17
Antwort auf:Corona macht gerade meine Beziehung kaputt von Derrick

Du beschreibst da ja sehr anschaulich eine Spirale, die man anfangs noch als "Ist eine schwierige Zeit und kann man auch kritisch sehen." abtun könnte, dann aber leider doch im - wenn auch wenigstens halbwegs leisen - Sumpf aus der Verleugnung von Fakten und Antiwissenschaftlichkeit landet.

Ich habe mich mit meiner Frau tatsächlich schon wiederholt darüber unterhalten, was das für ein Albtraum wäre, wenn man in dieser Krise als Partner völlig konträrer Meinung wäre und nicht aufrichtig an einem Strang ziehen könnte. Ich habe da gerade großes Mitleid mit Dir, für mich wäre das auch ein Riesenproblem. Und das nicht nur, weil man bei einem wichtigen Thema halt mal unterschiedlich tickt - sondern weil ich in dieser konkreten Ausprägung eine Menge Respekt vor meiner Partnerin verlieren würde. Und das ist hart. Denn ich will mich in einer Partnerschaft in so einem Punkt nicht überlegen fühlen. Das wäre ein wirklich problematisches Ungleichgewicht. Sich auf Augenhöhe zu begegnen ist für mich das A und O.

>Kurzform: Für sie ist das mit den Masken und Regelungen ein Problem weil sie sagt Menschen vereinsamen dadurch und letztendlich entsteht so ein viel schlimmerer Schaden wenn zwischenmenschliche Beziehungen ausbleiben als durch das eigentliche Virus selbst.

Das finde ich noch halbwegs ok. Ich sehe zwar das Virus als deutlich größere Gefahr an, aber natürlich bewirkt eine strenge Bekämpfung der Ausbreitung, dass die dafür nötigen Maßnahmen mehr spürbare Auswirkungen auf die Menschen haben als das Virus selbst. Für mich ein sinnvoller Deal - aber die so entstehenden Probleme gehören auch in den Fokus, und vielleicht sogar stärker als bisher.

>Sie will auch nicht geimpft werden weil sie skeptisch dem Impfstoff gegenüber ist.

Das könnte sich ja auch noch ändern. Ich bin mir recht sicher: Viele Leute, die jetzt noch leichtfertig Skepsis äußern, werden nochmal zum Überdenken ihrer Position aufgefordert, sobald die Einladung zum persönlichen Impftermin im Briefkasten liegt. Quasi als goldener Schlüssel für das persönliche "Ende" der Pandemie - den man entweder jetzt nutzt, oder man muss ungewiss lange warten.

>Ebenso hat sie Angst dass die Regierung zu viel Macht an sich reißt. Hinzu kommt dass eine ihre Schwestern relativ esoterisch ist und voll im Demofieber steckt und die ganze Zeit aufrufe startet dass man auf die Demos gehen soll. Die zweite Schwester hat Angst vor allem und glaubt dann auch eher jeglichen Kram den sie aufschnappt. Die hat auch keine Ahnung vom Internet und ist dann halt mal schnell mit Filmchen am Start die ich als sehr fragwürdig einstufe. Und leider ist es auch so das meine Freundin auch immer wieder Kram teilt bei dem ich eher den Kopf schüttele. Wie zum Beispiel diesen Vortrag von Daniele Ganser:

Und hier wird es dann leider langsam hart. Das liest sich so, als gäbe es kein Konfliktpotenzial zwischen den Schwestern wegen dem Demo-Quatsch? Und Ganser ist doch der Typ von den Jazztagen in Dresden?

Ich fand das hier sehr aufschlussreich, nicht nur konkret auf die Person Ganser bezogen:

[https://www.mdr.de/kultur/daniele-ganser-dresden-jazztage-verschwoerungstheorien-michael-butter100.html]

Vielleicht hilft Dir das sogar weiter, denn da erklärt ein Professor sehr sachlich und unaufgeregt, warum Verschwörungstheorien so problematisch und letztendlich überhaupt nicht hilfreich sind.

Du bist ja jetzt schon seit acht Jahren mit Deiner Frau zusammen. Das ist ja nicht nichts, leichtfertig würde ich das nicht als hoffnungslosen Fall abtun wollen. Du beschreibst das ja auch nicht als Ende einer sich schon lange vor Corona abzeichnenden Entwicklung.

Zurück zu meinem MDR-Link, diese Passage hier fand ich toll:

"Verschwörungstheroretiker nehmen an, dass nichts durch Zufall geschieht, also alles einem Plan folgt. Sie behaupten, nichts sei so, wie es scheine, dass man immer hinter die Kulissen schauen müsse. Und das alles miteinander verbunden sei; Personen, Institutionen stünden in Verbindungen, die man nicht für möglich halten würde. Das ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts verpönt in der Wissenschaft, weil die Welt so nicht funktioniert. Menschen haben Intentionen, sind sich derer aber mitunter gar nicht bewusst. Systeme haben eine Eigenlogik, gerade in komplexen Gesellschaften. Da ist nicht immer alles geplant, Chaos und Zufall spielen eine große Rolle.
(...)
Daniele Ganser ist zum Beispiel jemand, der den Zufall komplett ausschließt."


Vielleicht hilft es ja, und Deine Freundin wird nochmal wählerischer mit ihrer Auswahl der Quellen, die sie als hilfreich und würdig zum Verteilen erachtet. Ich wünsche es Dir.

>Jemand anderen den sie gut findet ist Gerald Hüther der auch die These vertritt die Angst ist schlimmer als alles andere.

Der hingegen kommt mir ganz ok vor. Als Hirnforscher hat er halt einen sehr speziellen Blickwinkel auf die ganze Krise.

Zu meiner positiven Überraschung liest sich sein Gastbeitrag ausgerechnet auf focus.de (!) gar nicht so verkehrt:

[https://www.focus.de/gesundheit/news/gastbeitrag-von-gerald-huether-ohne-angst-koennen-wir-nicht-leben-aber-es-liegt-an-uns-wie-wir-sie-ueberwinden_id_12064004.html]

Der spricht wichtige Dinge an, will Lehren aus dem Krisenmanagement ziehen und positioniert sich klar gegen die Verleugnung des Virus und der von ihm ausgehenden Gefahren. Selektiv lesende Corona-Leugner können daraus natürlich Munition für sich beziehen - aber das macht ihn nicht selbst zu einem Verschwörungstheoretiker oder Corona-Leugner.

>Das ist halt ihre "Ausrede" für alles: Es ist halt eine andere Meinung.

Aber das ist halt auch der Knackpunkt: Nicht alles darf Meinung sein! Wissenschaftliche Fakten dürfen nicht zu Meinungen verkommen und politisiert werden! Die Art und Weise des Umgangs mit diesen Fakten darf zur Debatte stehen, aber wir brauchen zwingend Fakten als Fixpunkte, um Probleme lösen zu können.

Dazu zählt u.a. das potenziell exponentielle Wachstum der Corona-Infektionszahlen, wenn man nicht gegensteuert. Und dass die Verhinderung eines solchen Wachstums einen hohen Preis wert ist.

Man kann dann während der Pandemie gerne den Fokus auf diesen Preis richten, weil der uns ja unmittelbare Probleme beschert - sollte dabei jedoch nie vergessen, wofür wir ihn zahlen.

>Auch kommt sie dann immer mit "Ärzte sind ja auch auf diesen Demos" oder "Leute die Bücher geschrieben haben, sehen das auch so".

Adolf hat auch ein Buch geschrieben. ;-)

>PCR Tests sind sowieso nicht verlässlich und aussagekräftig weshalb die ganze Testerei nix bringt und Corona weitaus weniger schlimm ist als getan wird. Übersterblichkeit gibt es dadurch nicht und mehr Menschen tun sich in der Zeit was an, rutschen in Depressionen, was schlimmer als das eigentliche Virus ist. Und der RNA Impfstoff ist viel zu wenig getestet und kann das Erbgut verändern. Die Masken sind superschlimm für die Kinder und insgesamt weil alles Zwischenmenschliche dadurch flöten geht. Und nur weil Nazis auf den Querdenken-Demos mitlaufen, sind das nicht alles Nazis und man muss diesen Leuten dennoch gehör schenken. Und wenn jemand nen Anne Frank Vergleich macht, dann ist das halt ein Ausdruck der die Verzweiflung und Angst widerspiegelt was kommen könnte.

Mensch, Derrick. Das klingt alles nicht gut. :-(

>Egal ob ich Bilder von New York zeige und wie es da lief mit den Kühltransportern, das lässt sie recht unbeeindruckt und schiebt dass dann auf andere Probleme wie Armut. Sie wirft dann gerne Sachen durcheinander die wenig bis nichts miteinander zu tun haben. Dass es bei uns so harmlos verlief wegen der Maßnahmen, wird auch irgendwie nicht anerkannt. Dann ist das Virus halt doch nicht so schlimm. Und die Intensivbetten sind ja auch nicht annähernd voll (Rosenheimer Gegend) obwohl die Infektionen schlimmer denn je sind bei uns.
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>Hier gibt es einfach eine fundamentale Meinungsverschiedenheit die für unglaublich viel Spannung sorgt. Ich bin jemand der auch Fakten, Studien und eben die Wissenschaft vertraut. Und sie ist da mittlerweile komplett anders. Sie ist das eher der Gefühlsmensch. Sie sagt dass sie mit mir über dieses Thema nicht reden kann. Ich sag ihr, sie kann mit mir darüber reden aber ich werde nun mal nicht zu allem Ja und Amen sagen oder gut finden was sie da guckt oder wie sie sich informiert. Das es von mir auch Kontra gibt wenn ich der Meinung bin dass das Unsinn ist. Ich bin im Endeffekt mit meinem Latein am Ende. Gestern gab es wiedermal Streit deswegen und jetzt sind wir an dem Punkt dass sie eine Pause von allem will. Der Anfang vom Ende letztendlich...
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>Das mag sich jetzt für den ein oder anderen nicht so schlimm anhören aber es macht mich echt fertig. Und es macht gerade meine Beziehung kaputt. Weil ich jemand bin der genau wissen wohl die Infos herkommen. Und wenn jemand etwas von sich gibt dann recherchiere ich um zu sehen wie ich diese Person einordnen kann. Aber sie glaubt halt lieber dass was in ihr Gefühlsbild passt und da ist fast egal von dem das kommt. Fakten oder Studien zählen dann nicht.
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>2020 ist für mich echt ein beschissenes Jahr und so wie es aussieht waren dann 8 Jahre Beziehung für die Katz. Ich hab keine Ahnung ob die Beziehung wieder hinhauen wird und ob sich das kitten lässt. Musste nur mal raus. Danke.


Ich wünsche mir wirklich, dass sie zu einer halbwegs gemeinsam gangbaren Basis zurückfindet. Wie gesagt: Was Du da beschreibst wäre für mich ein absoluter Albtraum. Das ist für mich das eine Fundament, das während so einer Krise nicht auch noch ins Wanken geraten dürfte.

Hammerharter Tobak, ich habe da echt großes Mitgefühl.

Halte Die Ohren steif, bleib stabil - und gute Besserung für Deinen Rücken!


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