Thema:
Re:Können wir das hier bitte in Verschwörungserzählungen flat
Autor: suicuique
Datum:31.08.20 17:29
Antwort auf:Re:Können wir das hier bitte in Verschwörungserzählungen von PUH

Puh, du machst deinem Namen alle Ehre ;)

>>Da müssten wir wohl erstmal klären was alles eine "Theorie" ist.
>>Ich betrachte schon einzelne mathematische Vermutungen wörtlich als Theoreme (und damit die eigentliche Frage: wie viele Theoreme machen eine Theorie aus?)
>>Diese lassen sich mit der Zeit oft allgemeingültig axiomatisch ableiten.
>>
>>Die sind dann im klassischen Sinne "verifiziert".
>
>Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, daher ist meine Sicht in Details mit Vorsicht zu genießen:
>Man muss unterscheiden zwischen Kalkülen und Theorien(die Begriffe werden natürlich in diverser Bedeutung benutzt, aber ums hier klarzumachen).
>Du hast erstens Kalküle. Nehmen wir die aus der Prädikatenlogok entwickelten Peano-Axiome (mit denen man dann die natürlichen Zahlen basteln kann, Rechenregeln etc). Damit kannst du Theoreme aufstellen und ableiten. Ableiten ist sowas wie beweisen, auch hier zur Klarheit der speziellere Ausdruck. Du startest bei den Axiomen, kombinierst die clever miteinander und landest irgendwann bei deinem Theorem.


Soweit so klar. Axiomatische Ableitbarkeit als Beweis der "Wahrheit" ist mir natürlich geläufig. So habe ich das schließlich gelernt ;)

>Im Kontext hier bei den Verschwörungstheorien etc reden wir aber ja über _naturwissenschaftliche_ Theorien, also vereinfacht Aussagen über DINGE. Dafür kann man ein Kalkül benutzen, aber der Kalkül ist nicht dasselbe wie die Natur.
>
>Also haben wir Zweierlei:
>1. Kalkül (reines Zeichengeschiebe ohne Semantik. Hier gibt es keine "Wahrheit", sondern nur Ableitbarkeit)
>2. Theorie (was weltliches, Aussagen über die Welt können wahr sein.)
>
>Die Hoffnung ist dann, dass wenn ein Theorem im Kalkül abgeleitet werden konnte, es auch in der Welt immer wahr ist. Diese Korrespondenz ist aber nicht selbstverständlich.
>(1) kann man mit problematischer Wortwahl verifizieren/beweisen. (2) nicht, da die meisten Theorien unendlich viele Fälle beschreiben.


Bei dieser Unterscheidung (Kalkül und Theorie) bin ich so ehrlich zuzugeben, dass ich ihr in der Tat nicht ganz folgen kann. Mir ist der Hintergrund des Mechanischen Apektes hinter Calculus schon klar. Ich tu mich aber schwer damit das so von der "realen Welt" abzugrenzen.
Aber das führt jetzt in Glaubensfragen denke ich darum lasse ich es einfach mal so stehen :)

>Zum Thema "die" Mathematik: Viele trennen nicht zwischen Mathematik und Kalkül. Tatsächlich gehört die Mathematik eher zu (2): Zahlen sind quasi eher Dinge. ZB bilden die Peano-Axiome ein Kalkül. Die Mathematik der natürlichen Zahlen kann dadurch axiomatisiert werden (aber auch durch andere Kalküle). Die meisten Mathematiker sind wohl (ich glaube ohne sich groß dafür zu interessieren) Platonisten (auch Gödel!), sie glauben, dass Zahlen reale Bedeutung haben. Daher betrachten wir math. Sätze als "wahr", und nicht nur als ableitbar.

"ableitbar" ist für mich identisch mit "wahr" wenn es dich in deiner Vermutung bestätigt (ohne jetzt diskutieren zu wollen was "ableiten" in der realen Welt bedeutet)

>>Hie muss ich zucken:
>>Die Genialität von Gödels Unvollständigkeitsssatz war doch dass es anhand formaler Systeme gezeigt hat, dass Widerspruchsfreiheit für ausreichend komplexe Systeme nicht erreicht werden kann.
>
>Kalküle. (Oder sie sind Unvollständig). Die wichtigen, die wir in der Physik brauchen, sind aber bewiesen widerspruchsfrei, nur eben nicht vollständig.
>
>>So ist zb die Mathematik nicht widerspruchsfrei.
>
>Naja ich denke du meinst eher nicht vollständig. Was nicht widerspruchsfrei ist dürfte es schwer haben. Aber ich bin überfragt, ob man auch damit noch irgendwas machen kann.


Wenn man es genau nimmt meine ich "beweisbar widerspruchsfrei".
Man wird immer mit Grauzonen leben müssen bei denen man aus den gegebenen Axiomen nicht "wahr" oder "falsch" ableiten kann.

Und selbst bei widerspruchsfrei wäre ich geneigt zu widersprechen.
Selbstreferentialität führt auch in der Mathematik zu so manchem Widerspruch.
Cantor Mengen zb und den bekannten Paradoxien.
Mir ist vage bewusst dass man hier und da an Definitionen gespielt hat um die Widerspruchsfreiheit zu erhalten. Aber das ging AFAIK stets zu lasten der Mächtigkeit im Sinne der Vollständigkeit der Systeme.
Womit ich deine obigen Aussagen also bestätigen will.
 
>>Und auch physikalische Theorien können (eine gewisse Komplexität vorausgesetzt) nie frei von Paradoxien sein, egal wie sehr sie erweitert werden.
>
>Hier weiß ich nicht genau was du meinst, evtl auch die benutzten Kalküle?


Das mit "widerspruchsfrei" war schlicht falsch von mir.
Ich meinte, dass es Aussagen gibt die nicht ableitbar (wahr oder falsch) sind.

>>Hat Gödel nicht exakt das bewiesen?
>>Zumal formale Systeme gleich mächtig sind wie alle anderen Formen zu einer Theoriebeschreibung. Gibt es nicht einen formalen Satz dazu?
>
>Hier bin ich auch unsicher... meinst du zB, dass verschiedene Kalküle dieselbe Mathematik erzeugen können? Aber ich weiß nicht welchen Satz du meinen könntest(da gibts bestimmt was, so gut kenne ich mich nicht aus).


Ist bei mir schon ewig her, darum ist folgendes mit äußerster Vorsicht zu genießen:
In der Informatik gibt es ja verschiedene Möglichkeiten einen Algorithmus zu beschreiben.
Gramamtiken, regüläre Sprachen, Automaten, Turing Maschinen

Die vielen Unterschiede kriege ich jetzt wirklich nicht mehr zusammen, aber ich erinnere mich vage dass man zeigen konnte wie mächtig diese Ansätze im direkten Vergleich sind.

Und um jetzt den Gedanken zu Ende zu spinnen: ich wollte darauf hinaus dass formale Sprachen  zunächst mal sehr eingeschränkt klingt, diese aber ziemlich mächtig sind. So sind zb sämtliche Programmiersprachen AFAIK (!!) Arten von formalen Sprachen. Will sagen: der gödelsche unvollständigkeitssatz ist schon recht allgemein gültig.

Mir fällt grad keine Beschreibung/Problem ein das sich nicht als eine formale Sprache ausdrücken lassen würde.


>Das ist m.E nach ein anderer Punkt. Da müsste man eher zu Stichworten wie Regularitätstheorie, BSA und sowas gucken. Hier gehts mir um 2 Dinge:
>
>Die Schwurbler sagen immer so komische Sachen, einmal "Evolutionstheorie ist nur eine Theorie" (brauch ich wohl nix zu sagen), und was ich grade bei Corona total krass finde:
>Dieses Herausgreifen von Einzelaussagen, die ohne Kontext sind und irgendwas andeuten. Beispiel: RKI unterscheidet nicht gestorben an/mit. Und deshalb: Corona falsifiziert! Imho die Wurzel allen Übels, dieses Schema. In dem einen Video sagt eine:  "Das Virus ist nur x Nanomater groß, die Löcher in den Masken aber (mehr)". Deshalb bin ich so auf die Falsifikation angesprungen.


Ja, da brauchen wir nicht drüber reden. Das sehe ich nicht groß anders.

Ich bin nur an deine recht salopp formulierte Aussage zu Theorien und falsifizierbar und verifizierbar angesprungen.
Aber merke schon, da erreiche ich doch recht schnell meine Kapazitätsgrenzen. Darum kann ich nichts weiteres sinnvolles (?) beitragen :)

gruß


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