Thema:
Re:Finde ich gut flat
Autor: token
Datum:25.05.20 08:36
Antwort auf:Re:Finde ich gut von Demonted

>Ja, letztlich ist es ja erstmal eine Idee und gänzlich wird es wohl nicht aufgehoben werden, Thüringen hat sicherlich ja auch dem Verbot von Großveranstaltungen bis Ende August zugestimmt. Also mal abwarten was denn wirklich kommt.
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>Aber eigentlich ist es ja so, dass Bäume nass halten zu freundlich ausgedrückt ist. Was bisher geschehen ist, ist dicke fette Schneisen in den Wald zu schlagen, und bisher hat man damit möglicherweise mehr Bäume umgeholzt, als der Brand gekostet hätte.
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Das ist halt Trump-Rhetorik, das Argument "Cure cannot be worse than the disease" was er irgendwo auf Twitter aufgeschnappt hat kann aufgrunddessen dass Corona global grassiert und man entsprechend viele Umgangsformen damit beobachten kann mit einem nüchternen Blick ganz gut verproben. So dass man ziemlich gut erkennen kann, dass ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems einen funktionierenden Alltag genau so kollabieren lässt wie die Schneise und letztlich noch drastischere Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Und noch mehr Geld kostet, weil das Aufkehren dieser Scherben signifikant mehr Zeit unter der Last der dahinter stehenden Mühen kostet.

Im Grunde war auch der Umgang von Deutschland mit der Krise fahrlässig und die Gegenmaßnahmen waren arg verschleppt, diese Verschleppung abseits weniger aisatischer Nationen hat die Lage ja erst global (innerhalb erschreckend kurzer Zeit) eskalieren lassen. Und diese Eskalation ist halt der "Brand", und da wo es brennt sieht man sehr gut, das irgendwie aussitzen zu wollen ist komplett unfunktionaler Blödsinn bei dem am Ende des Tages so ziemlich gar nix besser läuft.

Bei den "Hätte Hätte"-Gedankenspielen ob auch mildere Lockdown-Varianten gegangen wären und so Impact auf den Alltag und die Wirtschaft milder gewesen wäre übersieht man, dass man bei "Hätte Hätte" eigentlich keine Prämisse setzen muss, und die Lektion die man gelernt hat nicht ist, dass man in so einer Krise vielleicht mehr Spielräume bei der Regulierung hat, sondern dass man SCHON DEUTLICH FRÜHER DEUTLICH DRASTISCHER reagieren muss.
Letztendes haben doch in erster Linie die Sorgen vor den wirtschaftlichen Kosten dazu geführt dass man Reaktionen im Großen, bspw. Sperrung des internationalen Reiseverkehrs, wie auch im Kleinen (Ischgl), verschleppt hat. Aus Sorge vor diesen Kosten hat man entsprechend exorbitant höhere Kosten verursacht. Und das ist ein roter Faden bei Krisenmanagement im Kapitalismus, eine nicht verantwortbare Risikobereitschaft aus Sorge um Kosten der Prophylaxe, Dinge die notwendig sind, werden in ihrer Notwendigkeit zerredet, und wenn die Bombe platzt erzeugt man Kosten gegen welche die Kosten der Notwendigkeiten in Relation dazu ein Fliegenfurz gewesen wären.

Also ein wenig wie die Geschichte vom Kind und der Herdplatte, nur fürchte ich langsam dass das Berühren der Herdplatte für das Kind Gesellschaft keinen Lerneffekt mitbringt. Eingangs hab ich noch gedacht, vielleicht hilft diese Lektion mal zu reflektieren wie geistesgestört der Umgang mit der Klimakrise ausfällt, da dort im Grunde das gleiche gemacht wird. Aus Sorge vor wirtschaftlichen Kosten und dem notwendigen Reformierungsvolumen verschleppt man eine Problematik die klar antizipierbar noch viel größere Kosten und noch viel größere Reformierungen und nachhaltige Schäden verursachen wird. Stattdessen redet man nun nach paar Wochen Corona über eine Aufhebung des Individualschutzes.

Ich glaube zwar nicht dass es so kommt, denn bislang wurden solche Vorstöße immer in einen seriös halbwegs tragbaren Rahmen zurück gedampft, aber allein dass man so eine Maßnahme zum aktuellen Zeitpunkt überhaupt in den Raum stellt, lässt schon arg an der Vernunftbegabung der Spezies Mensch zweifeln.  

>Aber wir sind da einfach unterschiedlicher Meinung, ich denke schon, dass man es wagen kann, was aber nicht heißt, dass dies z.B. ab Winter weiter möglich ist. So wie es aussieht, hat sommerliches Wetter doch einen positiven Effekt, und sei es nur dadurch, dass die Menschen vermehrt im Freien sind. Möglich, dass man da auch wieder etwas zurück rudern muss - bis dahin wiederum hat man vielleicht auch mehr Kenntnisse um gezielter als bisher eingreifen zu können.
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Wo sieht man das Wetter einen positiven Effekt hat? Was einen Effekt hat ist das Krisenmanagement, das Wetter ist überall auf der Erde anders, es performen aber nicht die Länder die gutes Wetter haben, sondern Länder die konsequentes Krisenmangement betreiben. Die höheren Temperaturen befördern in erster Linie den Publikumsverkehr auf Freizeitflächen, die wie eingangs erwähnt in Köln punktuell wieder gesperrt oder geräumt wurden wegen des guten Wetters und der dann dort praktizierten Undiszipliniertheiten mit Menschentrauben. Da wo sich mehr Menschen tummeln erhöht sich einfach die Notwendigkeit der Distanzierungsdisziplin, also genau das was Raketenwissenschaftler Ramelow als nicht mehr notwendig erachtet.

Man kann nicht einfach Zusammenhänge ignorieren.
Ja, ein Abflachen der Infektionszahlen auf das Niveau was wir hier haben lässt zunehmend die Strategie Brandherde von Gesundheitsämtern löschen zu lassen als Weg erscheinen der funktionieren kann. Aber warum sind die Zahlen gesunken? Warum ist die Reproduktionszahl jetzt kleiner als sie es unter normalen Umständen wäre? Es ist das menschliche Verhalten im Zusammenspiel mit den Regulierungen. Nicht das Wetter, nicht der liebe Gott, kein glücklicher Zufall und nichts was vom Himmel gefallen ist und auch so gekommen wäre, wenn wir nichts gemacht hätten. Es ist das Ergebnis harter Mühen und ein Erfolg der auch als solcher begriffen und gefeiert werden sollte, anstatt diejenigen die den Erfolg verantworten als Hysteriker zu beschimpfen die heimlich am Aufbau einer Diktatur werkeln.

Wir brauchen das einfach, in welchem Umfang wir das brauchen, darüber darf und soll man streiten, aber dabei die Grundzüge des Individualschutzes in Frage zu stellen, nach dem Motto, ein Verbot der Massenveranstaltung reiche aus, ist hanebüchen. Im Sommer ist jeder Innenstadtspark eine Massenveranstaltung die sich nicht von einem Festival unterscheidet. Jede Einkaufsmeile ist eine Massenveranstaltung. Jede Preisaktion im Saturn ist eine Massenveranstaltung.
Wenn wir diese Räume öffnen, dann müssen wir uns in diesen Räumen auch angemessen verhalten, wenn die Gesundheitsämter noch mit der Arbeit hinterherkommen wollen und wir nicht riskieren möchten durch etwa Pech bei einer Verkettung von Clusterevents die zu spät auffallen nicht wieder in den Ausgangszustand vor dem Lockdown zurückversetzt zu werden.

>Bin wirklich gespannt, ob was nun wirklich beschlossen wird und ob es klappt. Die Idee ist ja hoffentlich nicht völlig ohne Expertenmeinung geboren worden.

Expertenmeinungen gibt es viele und diese gehen in alle Richtungen. Wichtig ist halt der rationale Konsens all dieser Meinungen. Der zählt, und nicht der Experte der einem das erzählt was man gerne hören will.

Und zum Abschluss noch meine Perspektive zu Regulierung vs. Freiwilligkeit in Deutschland, die natürlich spekulativ ist und rein auf Beobachtung beruht, also unbelegte Meinung darstellt und nicht als Fakt oder so ins Spiel gebracht werden soll.

Ich "glaube" jede Gesellschaft bringt hinsichtlich ihrer Mentalität bestimmte Grundzüge mit. Ich glaube hierbei sind die Deutschen im Schnitt eine Art Weltmeister im Befolgen von Regeln. Gib dem Deutschen ein Schild und im Schnitt hält man sich daran. Aber sag den Leuten, das ist deine Entscheidung, du bist in dieser frei, ich "empfehle" dir jedoch dich im Sinne der Sache so und so zu verhalten, dann agiert man im Schnitt nicht nach der Empfehlung oder Vernunft, die man im Grunde versteht, sondern fast immer nach purem Egoismus. Es sind imo die Leute die Freiwilligkeit fordern, die genau dann wenn sie diese bekommen nicht mehr rechnen, was muss ICH tun um zu helfen Clusterevents zu vermeiden, sondern die dann anfangen zu rechnen, bei so und so vielen Infizierten ist die Wahrscheinlichkeit für MEINE Feier also nahe Null. Und selbst wenn ich den Corona-Joker ziehe, werde ich es wohl überleben. Und wenn die MEnschen im Schnitt so denken, dann funktioniert Freiwilligkeit nicht mehr.
Und ich habe wenig Anlass das anders zu sehen. Einen Tag vor dem Maskengebot trug nur ein Promilleanteil Masken. Obwohl schon sicher die meisten eine besorgt hatten und auch obwohl sie im Grunde wussten dass es vernünftig wäre einen zu tragen. Aber mit der Freiwilligkeit entschieden sich fast alle dazu es nicht zu tun.

Wie an der Supermarktkasse. Jeder weiß dass es gerecht ist, wenn man in der Reihenfolge abgearbeitet wird, in der man sich angestellt hat. Gibt es das One-Lane-Schild und die Regulierung funktioniert das. Gibt es das nicht, und eine weitere Kasse macht auf, dann rennen fast alle los und jeder will der erste sein und freut sich wenn er bei diesem Rennen Plätze gut macht und Zeit spart.

Ergo: Imo braucht der Deutsche Durchschnittsbürger sein Schild.
Gib ihm sein Schild und alles funktioniert vorzüglich. Gib ihm eine Empfehlung und er denkt nur bis zu seiner Nasenspitze, jeder ist dann Nutznießer der Freiheit, diese Freiheit sollen aber bitte die anderen erarbeiten. Und das funktioniert so nun mal nicht.


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