Thema:
Re:Guter Kommentar über Laschet flat
Autor: token
Datum:29.04.20 13:08
Antwort auf:Re:Guter Kommentar über Laschet von Matze

>Nenn mir einen Politiker ausser Laschet,
>
>- der im Moment maßgeblich an einer Regierung beteiligt ist
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>- bei dem man das Gefühl hat, dass ihm bewusst ist, dass es GRUNDRECHTE sind, die zur Zeit massiv eingeschränkt werden und dass ihm das alles andere als Spaß macht
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>- dem bewusst ist, dass man mit jedem Tag, an dem diese Einschränkungen aufrecht erhalten werden, eine bessere Begründung dafür braucht und der von "Öffnungen" statt "Lockerungen" (ein Begriff aus dem Strafvollzug) spricht
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>- dem klar ist, dass die Leute eine Perspektive brauchen und man durchaus schon mal über kommende Schritte reden sollte, auch wenn deren Zeit noch nicht gekommen ist
>

Ich führe diese Wahrnehmung in erster Linie auf diese mediale Präsenz zurück wo auch schon die Medien festgestellt haben dass es zuweilen so wirkt als ginge es eher darum sich für die Merkel-Nachfolge in Stellung zu bringen als um ein möglichst sachgerechtes Management der Krise.

Laschet inszeniert sich über gewisse Themen, Söder inszeniert sich über gewisse Themen, und in manchen Aspekten haben sie wie du selbst feststellst auch gemeinsame Standpunkte. Aktuell haben wir also gewisse Keyplayer mit hoher medialer Präsenz und auch hohem Engagement im öffentlichen Auftritt.

Diese Themen sind aber nicht für sich an den Personen aufgehangen, auf Länderebene haben diese Player mehr Macht, auf Ebene des Bundes braucht es denn Konsens. Und eine durchaus vollgezogene Korrektur im Krisenmanagement war es ja diese Alleingänge, die ja nicht nur von NRW und Bayern praktiziert wurden, zurückzufahren und zu einem gemeinsamen Kurs zu finden. Ich finde das hat man auch gemerkt dass das besser geworden ist, und das meine ich wenn ich speziell Merkel positiv heraushebe, weil ich das maßgeblich an ihrer Arbeit festmache.

Kurzum, Datenschutz und Freiheitsrechte sind gewichtige Themen die losgelöst von den aktuellen Rampensäuen stattfinden und zudem auch reguliert sind, bis hin zu EU-Recht die da auch ein Wörtchen mitzureden haben.

Und im Hinblick auf öffentliche Inszenierung dieser Themen sehe ich die Rolle der Opposition, diese Schwerpunkte werden ja bspw. von Lindner hochgehalten. Die Opposition hat nämlich, auch wenn die AfD das anders sieht, durchaus eine wichtige Rolle in Regierungsfragen. Ich persönlich finde es, obwohl mir diese Schwerpunkte in hohem Maße wichtig sind, durchaus gerechtfertigt wenn man bestimmte Bürgerrechte im Kontext einer Krise einschränkt, solange ich verstehe dass

a) das eine temporäre Maßnahme ist
b) solche Einschränkungen bis zu einem gewissen Maß notwendig und hilfreich sind

In meinem Fall sehe ich beide Punkte als gegeben an, ich halte auch nichts von Mahnen um des Mahnens Willen und aktuelle Einschränkungen in Dystopien zu extrapolieren, wir sind hier nicht in Nordkorea, auch bei Bedenken gilt es ein gewisses Augenmaß beim zeichnen von Drohszenarien zu wahren.

Mein Problem mit Laschet ist meiner Wahrnehmung nach dass er thematisch nicht dort ist, wo man faktisch gerade steht. Nehmen wir Perspektivplanung. Wenn ich weiß dass zu gewissen Annahmen mit hoher Sicherheit ein erwartetes Ergebnis eintritt, dann kann ich solange das so gegeben ist in hohem Maße im Voraus planen. Aber wenn schon die erste Annahme 3 mögliche Ausgänge hat die ich nicht seriös einwerten kann, sind schon 3 Szenarien in der Folgeplanung notwendig. Ist der Ausgang jedes dieser Szenarien unklar, haben die für den nächsten Schritt das gleiche Problem, schon hab ich 9 Szenarien. Schon bei zwei Folgeschritten bin ich angekommen im Planungsquatsch wo etwas Ressourcen frisst was eh nicht seriös einwertbar ist.

Das ist gemeint wenn gesagt wird, wir müssen auf Sicht fahren.
Und da finde ich es nicht sachdienlich dass Laschet während andere arbeiten und auf die Straße schauen hinter dem Ereignishorizont rumtanzt und wiederholt unnötige Störungen in die öffentliche Debatte einwebt welche die eh schon schwierige Fahrt erschweren und Dinge für welche die Evidenz fehlt weil sie noch in Arbeit ist, nach vorne ziehen will und Druck aufbaut.

Als eine Art oppositionelle Kraft die Korrekturimpulse gibt und versucht Tempo zu machen erkenne ich einen gewissen Wert, als fokussierter Problemlöser der Probleme die sich gerade stellen angeht und abwickelt empfinde ich sein Gebahren als unnötig irritierend und wenig hilfreich. Er ist da meiner Meinung nach permanent auf anderen Baustellen unterwegs als auf denen wo gerade angepackt wird.

>>Und da gilt mein persönlicher Respekt und Dank weder Söder noch Laschet sondern Merkel welche solche Alphas noch irgendwie unter einen Hut bekommt und dieses Selbstdarstellungstheater immer wieder abgekocht bekommt.
>
>Sie hat aber auch öfter versucht, Öffnungsdiskussionen abzuwürgen, weil sie die für verfrüht hielt. Und das können sie in meinen Augen gar nicht sein.


Und da sind wir wieder beim Szenarienproblem. Fehlt die Evidenz und Folgeschritte sind nur bedingt planbar, dann ist es angemessen das offen zu kommunizieren und sich nicht mit wenig belastbaren Planungsschritten in die Tasche zu lügen nur um den Eindruck zu erwecken, man könne Dinge einwerten und vorrausschauen die man eben nicht einwerten kann. Das kommt irgendwann als Bumerang zurück wenn die ersten Annahmen nicht eintreffen, und das führt nur zu Vertrauensverlusten. Dann lieber offen sein. Heißt nicht dass man sich überhaupt nicht mit solchen Dingen beschäftigen braucht, aber eben schon dass der eigentliche Fokus dort hingehört wo man Fleisch am Knochen hat und keine Wolkenkuckucksheime. Es gibt auch so genug zu tun.


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