Thema:
Re:Kiyaks Deutschstunde: 50 ist keine Zahl flat
Autor: DJS
Datum:16.04.20 13:50
Antwort auf:Re:Kiyaks Deutschstunde: 50 ist keine Zahl von peppi

>>Natürlich gibt es sie nicht. Wieso soll man als Hauptthema eines Wahlkampfs FREMDE Menschen wählen? Das ist doch absurd.
>
>Nee, gar nicht. Ich z. B. mache das. Ich bin damit auch def. nicht allein. Weil mich Menschenrechte interessieren. Weil ich sie für eine Errungenschaft halte. Weil ich Politik, die sich darum nicht kümmert, für kurzsichtig halte uvm.


Ich wünsche Dir viel Erfolg damit, aber ich fürchte, dass die meisten 08/15-Bürger eher wie ich denken. Die wichtigste Aufgabe der deutschen Politik ist sich um Deutschland zu kümmern.

>Ich kann deiner Argumentation nicht folgen. Auf europäischem Boden hausen zehntausende Menschen in erbärmlichsten Verhältnissen, hungern, haben keinen Zugang zu medizinischer Verosrgung oder fließendem Wasser. Das passiert nicht irgendwo. Sondern in der EU. Das geht mich was an.

Moment, das geht Dich was an, weil es in der EU passiert? Und was in Afrika passiert geht Dich nichts an? Warum? Für mich ist das unlogisch. Alle diese Menschen sind Dir fremd, warum also manchen helfen und manchen nicht? Mich regt die Verlogenheit auf, eben auch in den Medien. Es geht immer nur um Flüchtling als ob das die einzigen hilfsbedürftigen Menschen wären.
Und natürlich ist es richtig anderen zu helfen, aber das darf imo niemals als Pflicht angesehen werden. Schon alleine, weil man sich dann fragen müsste wo diese Pflicht endet.

>>Und jetzt kommt der entscheidende Punkt. Diese Menschen sind mir im Grunde egal. Und euch allen hier auch. Und man muss sich nicht dafür schämen oder denken, dass man ein schlechter Mensch ist. Das ist imo einfach Selbstschutz und quasi ein Naturinstinkt.
>
>Nein, das stimmt nicht. Hat dementsprechend auch nix mit "Natur" zu tun. Es gibt zig NGOs, die sich dem Thema verschrieben haben. Warum machen die ihre Arbeit?


Sie machen diese Arbeit, weil sie selbst keine echten Probleme haben und es natürlich sinnvoll ist anderen zu helfen. Würden sie aber selbst im Krieg leben oder nichts zu essen haben, dann würden sie nicht anderen helfen, das meinte ich auch mit "Naturinstinkt".

>>Mit "egal" meine ich: ich wünsche diesen Menschen wirklich ein langes und fantastisches Leben und alles Beste auf dieser Welt, aber ob es eintritt oder nicht gehört nicht zu meinen Sorgen.
>
>Zu meinen schon.


Fährst Du zur Grenze und lässt Flüchtlingskinder bei Dir wohnen, so wie Du es mit jemandem aus Deiner Familie machen würdest? Ich denke nicht. Ich rede nicht vom "Sorgen" im Sinne von "Hoffentlich wird alles gut, und falls nicht dann bin ich ganz dolle traurig bis ich 5min später Netflix schaue und es mir wieder besser geht."
Klar, zwischen den Beispielen gibt es sehr viele Abstufungen.

>>Nein, es ist nicht unsere Aufgabe und auch nicht unsere Pflicht das ganze Elend der Welt zu beseitigen. Wenn wir es tun, toll, wenn nicht dann ist es eben so. Ich finde es traurig wenn es anderen nicht gut geht, fühle mich deswegen aber nicht schuldig. Und das sollten wir alle laut der Meinung der Autorin.
>
>Ich denke schon, dass sich Deutschland, eines der reichsten Länder der Erde, darum kümmern muss.


Und das ist der entscheidende Punkt unseres Gesprächs. :) Ich bin da einfach anderer Meinung, halte aber beide für legitim. Es wäre schön wenn reiche Länder helfen würden, aber ein MUSS sehe ich da nicht. Wenn ich in einer Notlage bin darf ich imo nicht Hilfe voraussetzen sondern sollte um Hilfe bitten und hoffen, dass mir dann auch geholfen wird. Die Helfer haben imo niemals die Bringschuld. So hört sich das oft aber leider an in den Medien.

>Ich glaube nicht, dass Kiyak will, dass du dich schuldig fühlst. Sie ist sauer (offensichtlich!?). Dass du dich schuldig fühlst (?), hängt wohl eher mit anderen Dingen zusammen.

Kiyak schreibt imo sehr aggressiv und provozierend und wirkt wie ein beleidigtes Kind das nicht das bekommt was es will. Deutschland ist es der Welt schuldig anderen (btw. nicht allen, sondern anscheinende nur ausgesuchten wenn man die Medien verfolgt) zu helfen. Sehe ich halt anders.

>>Ganz ehrlich, wie dumm ist das? Diese Gesellschaft weiß es nicht was es bedeutet ein Flüchtlingskind zu sein. Vielleicht 1% davon.
>
>Sehr viele der Deutschen, die zwischen 1940 und 1970 geboren wurden, wissen das. In meiner Familie und in den Familien von Freund*innen sind etliche geflohen (oder waren Kinder von Geflüchteten). Kann dir da nicht folgen. Kann in deinem Umfeld auch anders sein.


Naja, ein Kind eines Geflüchteten ist nicht mit einem Flüchtlingskind gleichzusetzen. Wenn jemand 1965 geboren ist und seitdem friedlich in Deutschland lebt, dann hat er so gar keine Ahnung was es bedeutet ein Flüchtling zu sein.

>>Und die meisten Menschen die hier leben haben genau GAR NICHTS mit dem Nazi-Scheiß von damals zu tun. Die Nazis sind fast alle tot.
>
>Seh ich nicht so. Ich, ganz individuell, sehe meine Verpflichtung vor dem Hintergrund des Nazi-Regimes darin, gegen menschenverachtende Scheiße Position zu beziehen, so gut ich kann und wo ich kann.


Das sehe ich aber bei jedem Menschen auf der Welt und nicht speziell bei Deutschen, deren Ururgroßvater ein Nazi war. Du bist doch ein gutes Beispiel. Was hast DU persönlich falsch gemacht? Wofür musst Du Dich rechtfertigen oder was musst Du wieder gut machen? Imo nichts.

>>Wie lange wird man das erwähnen? Muss sich ein 30jähriger Max Mustermann schuldig fühlen? Lächerlich. Wie viele Jahrhunderte muss man warten bis das Argument nicht mehr kommt? 5? Wie bei den Osmanen? Oder bei den Kommunisten, die Millionen Menschen umgebracht haben, auch wenn es heutzutage nicht mehr so wirklich interessiert.
>
>Wenn es nach mir geht: für immer.
>
>Unser politisches System verweist auf diesen Erfahrung und wurde mit der Intention verfasst, einen faschistischen Staat zu verunmöglichen. Weil Geschichte eben nicht einfach weggewischt werden kann. Ich perönlich tue dafür, was ich eben kann. Dazu gehört für mich auch, gegen ein Vergessen zu arbeiten.


"Weggewischt" nicht, aber weniger aktuell kann sie schon sein. Wenn es die Welt in 500 Jahren geben sollte, wird kein Mensch mehr über den zweiten Weltkrieg reden. Vor allem nicht, wenn es noch weitere geben sollte. Vielleicht gibt es irgendwann gar keine Staaten mehr und Deutschland verschwindet von der Landkarte. Was weiß ich.

Übrigens: die USA haben nach dem zweiten Weltkrieg den Europäern hier und da durchaus geholfen. Heute: alles vergessen, interessiert keine Sau mehr, wie lange soll man ja auch dankbar sein? Keine Ahnung, aber wie lange soll man denn auch schuldig sein?

>DE fliegt gerade zehntausende Menschen zur Spargelernte ein. Da werden alle Argumente bei Seite gewischt. Nur weil die Landwirtschaft keine billigen Arbeitskräfte findet. Damit ich Spargel fressen kann. Wahrscheinlich werd ichs auch mal machen.

Es geht nicht um Spargel. Es geht um Arbeitsplätze und Existenzen. Und da man prinzipiell erstmal der "Familie" helfen sollte bevor man es bei Fremden macht sehe ich da jetzt nichts Falsches bei.

>Ich habe gestern mit einem Bauern telefoniert, weil ich Jobs auf dem Feld für Leute suche. Gibt genug, die das machen würden. Der hat gesagt, "Ja, wir brauchen, aber nächste Woche kommt das Flugzeug. Da sitzen genug drin. Ist auch billiger." Ich mein: wtf!? Da wird gesagt das geht und dies geht nicht, und dann sehen wir hier Bilder von hunderten zusammengepferchten billigen Arbeitskräften, für die Flugzeuge gechartert werden, damit wir lecker Erdbeeren haben. Find ich scheiße. Sag ich auch.

Man kann es auch so drehen: Du willst doch anderen Menschen helfen. Das tut der Bauer. Die Arbeiter sind vermutlich aus dem Osten und verdienen hier wichtiges Geld um ihre Familien zu ernähren. Also, alles top!

Wir könnten jetzt noch 2 Wochen reden und würden uns nicht einigen. :) Meine Meinung ist nur: helfen ist richtig und wichtig, aber imo keine PFLICHT. Das ist rechtlich zwar anders in Deutschland (siehe unterlassene Hilfeleistung), aber ich persönlich finde es nicht richtig. Wenn ich nach einem Autounfall auf der Straße liege und niemand mir helfen will dann ist das halt so. Wenn es jemand doch tut dann kann ich froh sein und mich nachher bedanken.


< antworten >