Thema:
Re:Kommentar bei heise flat
Autor: token
Datum:16.04.20 10:45
Antwort auf:Re:Kommentar bei heise von Sven Mittag

>>Unter anderem die Kapazitäten der Tests die effizient gesteuert werden müssen. Hinzu kommen die perfiden Eigenheiten des Virus, etwa das was Sid heute geschrieben hat, nämlich, dass die symptomlose Phase hochinfektiös ist. Will man Ausbrüche sofort einfangen und sich nicht von lokalem Lockdown zu lokalem Lockdown hangeln, muss man sehr wahrscheinlich schon testen bevor Betroffene überhaupt ansatzweise Beschwerden haben. Mögliche Infektionsketten kann man bis zu einem gewissen Grad altmodisch tracen. Haushalt, Arbeitskollegen usw.
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>So unterschiedlich kann man Ergebnisse lesen. Gerade die nun nochmals bestätigten Eigenschaften des Virus lässt ein Tracing IMHO sehr fragwürdig erscheinen. Wie willst du ernsthaft bei im worst case 12 tätiger Infektionsgefahr ohne Symptome wirklich jede Infektionskette nachverfolgen. Zumal ebenfalls im worst case nach 2 Tagen die ersten Kontakte schon wieder weitere Personen infizieren können und diese wieder nach 2 Tagen infektiös sein können. Würde man konsequent diese Kontaktpyramide weiterverfolgen hätte man vermutlich schon nach kurzer Zeit eine konstant hohe Anzahl an Quarantäne-Fällen.


Erstmal sollte man bei einer Bewertung der Sinnhaftigkeit nicht in worst cases argumentieren. Denn das ist nicht der Standardfall.
In einem worst case mit großem Spread bei dem Infektionsketten nicht mehr nachvollziehbar sind, agiert man ja auch nicht mehr mit dem Skalpell sondern mit der Axt. Schon die Regierungserklärung behält sich vor in solchen Fällen wieder Lockdowns zu zünden, nur eben keine nationalen sondern lokale.

Des weiteren sollten wir auch noch mal heraus heben, wie die App funktioniert, nämlich nicht so dass sie alles und jeden pingt der kurz vorbei huscht, sondern da auch eine höhere Kontaktdauer gegeben sein muss. Und das passiert auch nicht in der alten Welt wo alles cool war mit Rudelbumsen auf offener Straße, sondern der neuen mit Abständen, reduziertem Publikumsverkehr, social distancing etc.

Auch ist die App kein Allheilmittel, sondern Unterstützungswerkzeug um mögliche Verdachtsfälle zu erkennen. Diese haben sich in der neuen Welt auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht angesteckt, müssen aber dennoch getestet werden und brauchen ein Feedback zum Triggern der Selbstquarantäne, und das möglichst schnell so dass sie es auch mitbekommen und das geht eher schlecht mit einem Aushang im Supermarkt oder einer Meldung im Lokalradio.

Hier kann die App eben helfen/unterstützen/Abläufe beschleunigen/Arbeit erleichtern/die Qualität der Arbeit verbessern.

>Zumal die App logischerweise nur den Kontakt und nicht die Art des Kontaktes unterscheiden kann (mit Mundschutz, ohne Mundschutz, Face-To-Face oder nur Rücken an Rücken in der Ubahn). Sinn macht so was nur bei konstant hohen Stay-at-home-Reglungen und dann wirklich bis zur momentan ultimo ratio dem Impfstoff.

Das Argument "funktioniert doch alles eh nicht" ist ziemlich fatalistisch und wenig konstrunktiv. Unsortierter Publikumsverkehr ist im Grunde kaum anders zu tracen wenn man nicht bei jeder Infektion sofort die schweren Geschütze auffahren möchte, und direkter und schneller kann man mit möglichen Betroffenen nicht kommunizieren. Das allein sind doch schon ziemlich gute Argumente für so ein Werkzeug. Abwarten und Tee trinken, wie das Konzept in der Praxis aufgeht. Und wie gesagt, ist die App ja nur ein Werkzeug von vielen. Im schlimmsten Fall ist dieses Werkzeug viel zu ineffizient um zu helfen, im besten Fall leistet es einen Beitrag der hilft in bestimmten Fällen nicht zum Lockdown greifen zu müssen um einen Infektionsherd wieder einzufangen.


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