Thema:
Re:und das ist der Beschluss der ganzen Gruppe flat
Autor: token
Datum:15.04.20 22:47
Antwort auf:Re:und das ist der Beschluss der ganzen Gruppe von Mandragor

>>Das Kultusministerium soll planen, nicht die Schulen.
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>Wäre super. Aber die geben uns maximal grobe Richtlinien. Wenn, dann ist der Schulträger näher dran. Und selbst der hat sehr viele, jeweils mit anderen Problemen daherkommende Schulen vorzubereiten. Jede Schule hat anders zusammengesetzte Kollegien. Andere Raumgegebenheiten. Andere Hygienemöglichkeiten.


Das leuchtet ein, ich hoffe ihr bekommt das gut hin. Im Grunde war klar dass Homeschooling irgendwann einer Lockerung weicht und hoffe dass es da schon entsprechende Vorüberlegungen gegeben hat und man nicht bei Null anfangen muss. 2,5 Wochen klingen sportlich, im Berufsleben war das aber noch mehr Hauruck, ich denke dass man auch in Schulen diese Herausforderung meistern wird. Und ich glaube und hoffe, falls es da aus der Planung heraus einen Aufschrei geben würde und man sich noch etwas Zeit erbittet, so ein Wunsch nicht ignoriert würde.

>>Mit dem extrem reduziertem Publikum im Verbund mit dessen hoher Reife
>
>Da muss ich ein bisschen lachen. Sorry. Aber das sind Teenager. Hohe Reife sehe ich da sehr selten. Und ich hab mehrere Abschlussklassen jedes Jahr.
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Da bist du natürlich näher dran. Wobei ich denke, anfangs haben sich auch sehr sehr viele Erwachsene beschissen Verhalten, der Groschen ist ja dennoch gefallen. Auch hier hab ich kurz nach Schulschließung abenteuerliche Dinge gesehen. Bei uns im Park steht eine Skaterampe, die ist im Grunde nicht mal stark besucht. Da war dann derart Halligalli als Versammlungsplatz für Jugendliche dass man diese absperren musste. Sowas sehe ich mittlerweile aber überhaupt nicht mehr. Und meine Tochter, 12, und ihr Umfeld verhält sich absolut vorbildlich und weist im Gespräch auch eine hohe Sensibilisierung auf dafür wie wichtig Sie und ihr Verhalten ist damit das alles funktionieren kann.
Ich hoffe mal da stellt sie keine Ausnahme dar, Verhalten von Jugendlichen hat ja auch immer einen Kontext, und im aktuellen Kontext kann ich mir kaum vorstellen dass sie enttäuschen und schockieren werden. Meine Tochter ist jedenfalls heilfroh und wünscht sich die ganze Zeit dass sie ihre Freunde mal wieder in natura und nicht auf einem Tablet sehen kann. Ich glaube fest daran dass Schüler dieser Lockerung mit der nötigen Ernsthaftigkeit begegnen und brav sind, und verstehen dass diese Lockerung kein "es ist überwunden, wir können weitermachen wie vorher" darstellt, sondern ihrer Disziplin bedarf wenn sie aufrecht erhalten werden soll.

>Echt jetzt? Ich bleibe beim Einkaufen nicht 90 Minuten in einem Zimmer mit zwei Dutzend anderer Leute und atme dieselbe Luft.
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Ich finde schon. Kaum jemand trägt eine Maske, und es ist schlicht nicht möglich in den Märkten die ich kenne wirklich konsequent Abstandsregeln einzuhalten. Davon ab ging es mir ja konkret um die Abschlussklassen und nicht das Szenario 4. Mai. In diesem Szenario habt ihr eine komplette Schule für nur einen Jahrgang. Die Räume sind da, warum solltet ihr das nicht nutzen?

Für das Szenario 4. Mai hätte ich aber auch einige Fragezeichen über dem Kopf. Das ist schon hart, wenn da die ganze Truppe wieder rein soll, bei den Klassenstärken die wir heute haben. Aber erstmal abwarten was die Planung ergibt, eventuell erkennt man da ja Probleme und arbeitet mit Konzepten wie Schichtwechseln zwischen Homeschooling und Vor-Ort-Unterricht oder stellt Container auf den Pausenhof um mehr Raumangebote zu schaffen. Ist Stand jetzt natürlich wild spekulativ, aber wie man sich das konkret vorstellt, keine Ahnung. Das ist schon ein ziemlicher Stresstest für die logistischen Anforderungen wo mir auch ein wenig die Fantasie fehlt wenn ich daran denke wie es in Schulen ausschaut.

>>Ich finde es okay, und es ist im Grunde sogar eine ganz gute Trockenübung für das was am 4. Mai folgen soll.
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>Ich bin ungern Teil der Übung. Übungen können schiefgehen und die Gesundheit meiner Familie und meine eigene ist mir lieb.
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>Warum das Abi unbedingt stattfinden muss unter diesen Umständen ist mir nicht ganz klar.
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Das was wir aktuell fahren kann kein Dauerentwurf sein. Das war doch immer klar. Es ist verständlich dass du dich sorgst und ich verstehe das auch. Ich war mit den ersten Entwürfen von den Regelungen bei uns auch nicht begeistert, und wäre es wohl auch weiterhin nicht, wenn sich die konsequente Fernarbeit nicht durchgesetzt hätte. Auf der anderen Seite kommen auch mehr und mehr die Schattenseiten dieses Konzepts bei mir durch so dass ich auch da denke, das kann nicht den Dauerentwurf darstellen.

Und da hilft auch wieder ein wenig die mathematische Betrachtung. Den ganzen Schmuh haben wir nicht gemacht, um den einzelnen zu schützen, sondern die Bevölkerung. Statistisch gesehen ist auch heute die Gefahr dass du mit einem Corona-Infizierten in einem Raum bist, lächerlich gering. Das Problem ist das Gesamtbild, denn während es für jeden einzelnen lächerlich gering ist, ist es so gut wie sicher dass irgendwo in irgendeinem Raum genau das passiert. Und die daraus resultierende Ansteckungsdynamik hatten wir anfangs nullkommanull im Griff.

Nun haben wir vieles geschafft. Die Verhaltensvorgaben stellen, sofern sie eingehalten werden, dieser Dynamik effizient ein Bein. Damit erarbeitet man sich nun die Basis welche die Nachverfolgung von Infektionsketten realistisch macht. Dazu kommen auch Teams und Logistik und Tests und App und Pipapo.
Das heißt, wenn man so einen Zustand aufrecht erhalten kann, dann bleibt es dabei dass die individuelle Ansteckungsgefahr lächerlich gering bleibt, weil es kaum Infizierte gibt, und selbst bei Infektionen schnell reagiert und gelöscht werden kann, da eben Schutzmechanismen greifen die es vor dem Lockdown nicht gab.
Und somit Ansteckungen nicht grundsätzlich verhindert werden können, aber nicht mehr das Problem darstellt was es vor dem Lockdown dargestellt hat, sprich, ein Vorfall in einer Klasse nicht mehr ohne weiteres eine ganze Schule mitreißen kann, vielleicht nicht mal den Bruchteil einer Klasse bis man es erkennt und wieder einfängt.

Sprich, die Gefahr für deine Gesundheit und die deiner Familie sollte sich nicht erheblich erhöhen wenn das alles wie geplant funktioniert, weil wenn es wie geplant funktioniert, man als Individuum im Grunde so gut wie nie einem Corona-Infizierten begegnen würde.

Letzten Endes heißt "Leben mit dem Virus" eben auch, dass wir das Risiko nicht auf Null bekommen können und auch nicht werden. Dennoch brauchen wir ein Modell was einen eingeschränkten Alltag möglich macht. Ich selbst hätte bei der Entwicklung und Etablierung dieses Modells jedoch nicht als erstes Schulen ins Auge gefasst, das ist halt das Bauchgefühl dass man eher mit einfacheren Dingen anfangen sollte und nicht gleich mit der Herkulesaufgabe, und wenn, dann auch nicht im avisierten Umfang. Ist jetzt spekulativ, aber ich glaube dieses Ei ist in hohem Maße auf den Leopoldina-Vorstoß zurückzuführen, auch wenn das was da vorgeschlagen wurde jeglicher Grundlage entbehrte, war das Thema danach im Raum und wurde auch ausgesprochen offensiv von Laschet getrieben.

Nichtsdestotrotz hat nach den Drohszenarien der letzten Tage der aktuelle Regierungsentwurf sehr viel Zuversicht und Vertrauen bei mir aufbauen können. Ja, gut, ich bin auch kein Lehrer ;)
Aber ich hoffe und glaube die wissen schon was sie da tun.


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