Thema:
Teil 18 - (Pfl)Exit flat
Autor: Shodan
Datum:13.04.20 18:34
Antwort auf:Mein Corona-Blog - Direkt aus der Klinik von Shodan

Jetzt meld ich mich auch mal wieder. War etwas still die letzten Tage. Zum einen hatte ich über Ostern frei, zum anderen gab es nicht viel zu berichten. Wir haben im Schnitt immer so ca. 50 Covid 19 Patienten im Haus. Davon ca. 8-11 Beatmete. Einige Erfolgserlebnisse gab es schon. Aber auch schwere Verläufe mit Todesfällen, und leider die wenigsten davon hatten Vorerkrankungen. Ansonsten haben wir unsere Intensivkapazität fast verdoppelt. Das Personal leider nicht.

Die ganze Diskussion um Lockerungen verfolgen wir in der Klinik mit Kopfschütteln und hoffen das die Regierung mit Augenmaß vorgeht. Es wirkt beinahe so als würden viele Bürger denken dass die Pandemie schon wieder vorbei ist. Wir haben immer noch striktes Besuchsverbot, mit nur ganz wenigen Ausnahmen. Allerdings häuft sich das Unverständnis der Menschen am Telefon die nach ihren Angehörigen fragen. Das wäre ja mittlerweile alles übertrieben, so schlimm ist Corona nicht usw. Aber sogar Ärzte, hier speziell die Chirurgen, mosern lautstark herum warum sie so wenig operieren dürfen und nicht wenige finden das alles komplett überzogen.

Die Belastung bei uns auf Station ist mittlerweile auch nicht ohne. Trotz vieler leerer Betten. Es wird ja massiv Personal versetzt um die Isolierstationen zu unterstützen. Damit eben nicht 1 Pflegekraft 15 Corona Patienten versorgen muss. Oder auf Intensiv 1 PK für 3 zuständig ist. Man will den Personalschlüssel dort verbessern damit es auch zu weniger Hygienefehlern kommt. Heißt aber zb für mich das ich auf meiner Intensiv mehr Patienten gleichzeitig betreuen muss. Nebenbei noch Pflegehelfer anlernen, Aushilfen einarbeiten usw. Enormer Stress. Das läuft ja nebenbei, und dafür wird keiner freigestellt.

Vor meinen freien Tagen war ich entsprechend durch. Deswegen habe ich beantragt meine Arbeitszeit für die nächsten 6 Monate auf 85% zu reduzieren. Gilt dann ab Juli. Ich hoffe bis dahin kommt nichts dazwischen. Viele meiner Kollegen gehen hier ebenfalls gerade echt am Stock. Die Krise befördert viel von dem was man so im Alltag an Stress und Belastung hat, aber noch gut verarbeiten kann, permanent nach oben. Und in den Medien heißt es immer das so und so viele Betten frei sind. Stimmt schon, aber deswegen haben wir nicht weniger Arbeit. In manchen Kliniken mag das so sein. Wir als Maximalversorger merken davon nichts. Da war es vor Corona wirklich deutlich entspannter im Regelbetrieb.

Ich habe wenig Hoffnung in die Politik das sich nach der Pandemie was für uns ändert. Im Gegenteil. Alles wird so bleiben, nur werden wir noch mehr Kollegen verlieren. Man hört ja jetzt schon nichts mehr von den Entscheidungsträgern. Aus unseren Frühjahrs Ausbildungskursen sind bereits einige abgesprungen. Wir haben selber auch schon Kündigungen auf Station. Die Krise zeigt ganz deutlich was wir Wert sind bzw bisher wert waren. Und wenn Kliniken/Pflegeheime/Pflegedienste melden das sie kein Schutzmaterial haben, und man sowas prominent in den Medien liest, überlegen sich Menschen genau ob sie in dieser Branche arbeiten wollen. Ich bastel selber in den letzten Tagen an meiner ganz persönlichen (Pfl)Exit Strategie. Ich hoffe nur trotzdem das ich den Beruf weiter ausüben kann und will. Ich mach’s nämlich trotz allem gerne, aber nicht um jeden Preis.


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