Thema:
Teil 12 - Es steht und fällt mit der PSA... flat
Autor: Shodan
Datum:28.03.20 09:07
Antwort auf:Mein Corona-Blog - Direkt aus der Klinik von Shodan

also der Persönlichen Schutzaustrüstung. Das ist tatsächlich die rote Linie die hier die wenigsten überschreiten werden. Sollte es soweit kommen das ich mich selber gefährden muss um Patienten zu versorgen bin ich raus. Und mit mir viele meiner Pflegerischen und Ärztlichen Kollegen. Und die meisten kenne ich lange genug um zu wissen das sie das durchziehen. Wir müssen hier jetzt nämlich auch immer mehr Material sparen. Kann ich noch mit umgehen, auch wenn es die Arbeit umständlicher macht.

Besorgniserregend ist aber auch die Liefersituation mancher Medikamente. Wir wurden vorgewarnt das uns in absehbarer Zeit Propofol ausgehen wird. Eine Katastrophe. Das ist das gängigste und am leichtesten zu handhabende Narkosemittel. Aber es gibt noch andere Engpässe die wir jetzt schon merken, und worunter die Qualität letztlich leidet.

Die Diskussionen um meine Berufsgruppe nehme ich mittlerweile müde lächelnd zur Kenntnis. Ich will kein Held sein. Ich möchte meine Arbeit ordentlich machen. Für mich ist mein Beruf eben keine Berufung. Ich kann das einfach besser als zb mit Zahlen zu jonglieren, oder Autos zu reparieren. Ich habe eine umfassende, komplexe Ausbildung hinter mir. Und ich möchte das was ich kann, anwenden und dazu beitragen dass es schwerkranken Menschen ein Stück weit besser geht.

Die letzten Jahrzehnte gab es viele Lippenbekenntnisse seitens der Politik. Jens Spahn war zumindest der erste der wirklich mal ein paar Dinge in Bewegung gebracht hat. Fragt man aber mich und meine Mitstreiter, so erleben wir immer noch den gleichen Wahnsinn wie vor 3,5 oder 10 Jahren. Schlimmer eigentlich. Wir brauchen mehr Mitarbeiter, aber oder Markt ist komplett leer. Meine Intensivstation hat 10 offene Stellen. Nur durch gutes Ausfallmanagement können wir den Betrieb und die Qualität hier noch  halten. Die teuren Mieten in der Großstadt tun ihr übriges um Bewerber abzuschrecken. Wir haben auch schon Kollegen verloren, weil diese sich unverschuldet neue Wohnungen suchen mussten, und dann in der Nähe nichts fanden was sie bezahlen konnten. Also sind sie in andere Städte abgewandert oder haben dem Beruf ganz den Rücken gekehrt.

Ja ich möchte mehr Geld für meine anspruchsolle Arbeit. Aber noch mehr wünsche ich mir das endlich dieser unmenschliche Druck aus dem System genommen wird. Ich habe in meinem Arbeitsleben schon wirklich einige gravierende Fehler gemacht, die nur mit viel Glück kein Menschenleben gekostet haben. Und alle diese Fehler entstanden durch Zeitmangel, enormen Stress und Überforderung. Diesen Druck kann man nur rausnehmen in dem man wieder mehr Pflegekräfte an die Betten kriegt. Die wiederum aber nur kommen wenn sich die Bedingungen ändern. Ein Teufelskreis. Geld kann hier ein Anreiz sein. Aber niemand ist beriet dieses Geld bei uns ankommen zu lassen.

Zur Covid Situation in meiner Klinik. Bisher kommt jeden Tag ein kritischer Patient dazu. Bei dem Tempo ist Anfang nächster Woche unserer Isolier-Intensiv voll. Das tückische an Covid-19 ist die schwierige Beatmung, und das lange Entwöhnen der Patienten. In den Medien wird Beatmung immer so dargestellt als wäre es ganz einfach. Patient anschließen, einen Knopf drücken, läuft. Das man aber dutzende Male pro Schicht die Einstellungen am Respirator anpassen muss, dann wiederum mit einer Blutgasanalyse schauen muss ob und wie sich was verändert hat, nur um dann wieder die Einstellungen anzupassen. Das schreibt niemand. Und auch wenn die Patienten dann wieder langsam wach werden, und spontan atmen, ist Imme noch nicht gesagt das ein Extubationsversuch gelingt. Sonst fängt man mit der Reintubation wieder von vorne an, oder muss einen Luftröhrenschnitt machen, um dann wieder in eine längere Entwöhnungsphase zu starten.

Bisher konnten wir keinen Patienten wieder extubieren. Bei einem ist die Niere komplett ausgestiegen, ein anderer ist so übergewichtig das man ihn nicht auf den Bauch lagern kann. Ich glaube, die Betten werden hinten und vorne nicht reichen. Vor allem aufgrund der langen Verweildauer der Patienten. Und ich könnte im Strahl kotzen, wenn ich jetzt die Diskussionen lese ob man die Reglementierungen nicht langsam wieder aufweichen kann. Deutschland wird nicht verschont werden. Eine Klinik in Nürtingen ist musste gestern 4 Patienten mit Hubschraubern verlegen, da alle Beatmungsbetten voll. Wir stehen erst am Anfang.  

Bleibt gesund. Mich hat es gerade erwischt und ich bin die nächsten Tage krank gemeldet. Covid wird’s nicht sein, die Abstriche waren alle negativ.


< antworten >