Thema:
Kopf hoch! Es gibt Hoffnung! flat
Autor: EBlues2000
Datum:19.03.20 11:27
Antwort auf:Meine ganz persönlichen Gedanken von Bomber

Ich kann deine Gedanken durchaus verstehen. In den letzten 2 Wochen hat sich unsere Gesellschaft massiv geändert, sozial wie wirtschaftlich. Vieles, was wir bisher für selbstverständlich gehalten haben, steht nun in Frage, sogar hier bei uns in Bayern. Alles ist ungewiss. Keiner weiß, wie es weitergeht.

Ich kann mir nur ansatzweise ausmalen, wie das auf einen Menschen wirken muss, der auch in "normalen" Zeiten schon mit depressiven Phasen zu kämpfen hat.

Interessanterweise bin ich da irgendwie komplett anders gepolt. Ich sehe die Welt eigentlich immer optimistisch. Manche behaupten sogar zu optimistisch, aber das ist ja nicht mein Problem :-).

Deswegen: Lass dir die jetzige Krise mal aus einer etwas optimistischeren Sicht schildern.

Meine Grundannahme ist, dass die Corona-Krise endlich ist. Sie wird wieder vorübergehen. Die Frage ist nur wann? Mein Tip ist, dass wir im September wohl das Schlimmste überstanden haben werden und langsam wieder nach vorne blicken können. Bis dahin allerdings wird es erst noch einmal schlimmer werden, da mache ich mir keine Illusionen. Und man darf auch nicht vergessen: "Flatten the curve" führt zwangsläufig zu einer längeren Dauer!

Das gesagt, die Krise ist auch eine gewaltige Chance. Für uns als Gesellschaft, für Deutschland, für Bayern, für die Firmen - und für jeden einzelnen. Es werden etliche positive Effekte wieder in den Vordergrund treten. Vieles, von dem behauptet wurde, wir hätten das schon vor langer Zeit verloren.
Hier mal ein paar Beispiele:
- Wir werden feststellen, dass Konsum doch nicht so wichtig ist
- Wir haben mehr Zeit für unser soziales Umfeld. Kontakte zu Familie, Freunden, Nachbarn werden zunehmen und wieder wichtig werden. Die Gesellschaft rückt wieder zusammen, wie ja jetzt schon in Italien und Spanien zu beobachten. Es wird sich wieder umeinander gekümmert
- Homeoffice und mobiles Arbeiten wird sich endlich(!!!) einmal großflächig durchsetzen. Seit Jahren rege ich mich schon drüber auf, dass viele Firmen das Thema so stiefmütterlich behandeln und überhaupt nichts vorwärts geht. Meist aus fadenscheinigen Gründen ("Wer nicht vor Ort ist arbeitet eh nicht" oder so ein Schmarrn). Jetzt sind sie endlich mal gezwungen, auf Homeoffice zu setzen. Sie werden feststellen, dass es - allen Vorbehalten zum Trotz - erstaunlich gut funktioniert. Das alleine wird unsere Arbeitswelt grundlegend ändern, und zwar zum Positiven!
- Gleichzeitig mit Homeoffice rückt grad das Thema "Vereinbarkeit und Beruf und Familie" in den Vordergrund. Auch hier werden wir grosse Schritte nach vorne machen, zum Positiven! Es werden neue flexible Möglichkeiten entstehen, von zuhause zu arbeiten und gleichzeitig die Kinder zu betreuen
- Eine leise Hoffnung: Vielleicht stellen einige Unternehmen fest, dass man min. 50% der Meetings streichen kann, ohne große Konsequenzen
- Die aktuellen globalen Lieferketten ohne großen Puffer werden massiv in Frage gestellt. Ich gehe davon aus, dass in Zukunft wieder mehr lokale Puffer eingebaut werden. Auswüchse der Globalisierung werden korrigiert. Schon irgendwie absurd z.B., dass in China mit deutschen Maschinen produziert und die Erzeugnisse dann per Schiff zu uns verfrachtet wird.
- Regionalität wird einen großen Auftrieb erleben. "Made in Germany" wird wieder was wert. Das gilt insbesondere auch für lokal erzeugte Lebensmittel. Wir werden erkennen, wie wichtig diese für die Versorgung der Bevölkerung sind, und dass man sich auf billige Importe nicht immer verlassen kann. Vielleicht führt das mal zu einer (lange überflüssigen) Neujustierung unserer Landwirtschaftspolititk
- Unserer Wirtschaft wird zwar erst einmal einen gewaltigen Schock erleiden. Aber der wird sich überwinden lassen! Hier macht mir gerade unsere bayerische Regierung aktuell großen Mut. Sie haben das Ausmaß der Krise erkannt und machen vieles richtig. Dazu zählen auch die wirtschaftlichen Soforthilfen und das Kurzarbeitergeld. Diese Instrumente haben sich schon in der Bankenkrise bewährt und werden auch jetzt wieder funktionieren. Dazu kommt auch, dass Deutschland sich an den weltweiten Finanzmärkten im Härtefall wahrscheinlich bis in fast unbegrenzter Höhe neu verschulden kann und sowas zu refinanzieren. Zur Erinnerung: Wir haben aktuell eine Schuldenquote von ca. 60% zum BIP, und Bundesanleihen waren teilweise negativ verzinst.
- Erstaunlicherweise schaffen es viele andere Länder auf der Welt nicht, solche Instrumentarien zu entwickeln (z.B. die USA). Das wird uns einen gewaltigen Vorteil verschaffen, sobald die Krise wieder vorbei ist! Deutsche Unternehmen werden hier Lücken füllen können, die andere hinterlassen haben, und damit den Grundstein für einen neuen Aufschwung legen!
- Der wirtschafliche Abschwung gibt der Natur eine Atempause und Zeit für Erholung. Man sieht es z.B. in Venedig, wo auf einmal das Wasser in den Kanälen wieder klar ist. Auch bei uns wird sich das bemerkbar machen!

Ich könnte noch weitere Gründe aufzählen, möchte an dieser Stelle aber einmal auf einen ausführlicheren Artikel verweisen: [https://www.diezukunftnachcorona.com/die-welt-nach-corona/].

Zum Schluss noch einmal der Holzhammer:
Gehe mal auf den Tag genau 75 Jahre zurück, auf den 19. März 1945. Was denkst du denn hätte jemand in deiner Situation damals über die Zukunft von Deutschland gedacht? Und wie ist es dann gekommen?

Deshalb: Kopf hoch! Aktuell ist die Krise zwar schlimm - und wird auch noch schlimmer werden - aber es gibt Licht an Ende des Tunnels! Deine Kleine wird in derselben Welt aufwachsen, die auch du kennst. Vielleicht sogar noch in einer Besseren!


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