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Re:Mein Corona-Blog - Direkt aus der Klinik - Teil 3 flat
Autor: Shodan
Datum:17.03.20 17:02
Antwort auf:Mein Corona-Blog - Direkt aus der Klinik von Shodan

Draußen geht gefühlt alles seinen normalen Gang. Viele Menschen wollen oder können die Situation nicht verstehen. Während es bei uns in der Klinik langsam immer unruhiger wird.

Zunächst "dürfen" mittlerweile auch Verdachtsfälle der Kategorie 1 weiterarbeiten. Auf einer Nachbarintensiv wurde gestern ein Arzt positiv getestet. Er war in einem Risikogebiet im Urlaub. Trat seinen Dienst wieder an (musste er!) und ließ sich testen. Der Test fiel positiv aus. Diverse Mitarbeiter die aufgrund einer Notfallsituation auf Station über längere Zeit intensiven Kontakt mit dem Arzt hatten werden nun auch abgestrichen. Müssen aber auf jeden Fall weiter zum Dienst erscheinen. Und mit einem Mund-Nasen-Schutz arbeiten. Und den möglichst selten wechseln. Sie dürfen nur daheim bleiben wenn sie Symptome entwickeln. Oder wenn ihr Abstrich positiv ausfällt. Was aber eine gewisse zeit dauert.

Die Zahl der Patienten hat jetzt auch schlagartig zugenommen. Ich weiß von 2 Intensivpatienten und etwas mehr als ein Dutzend die "noch" keine Intensivbehandlung benötigen. Gestern waren es nur eine Handvoll.

Die Corona Ambulanz die meine Klinik aufgestellt hat arbeitet mittlerweile am Anschlag. Die Ressourcen werden knapp. Material vor allem. Patienten die nicht Stark erkannt sind sollen streng aussortiert werden und sich nach Hause in Quarantäne begeben.

Auch unsere regulären Laborleistungen müssen in Teilen schon zurückgefahren werden, weil zu wenig Personal und hoher Auslastung durch die Coronatestungen. Heißt das andere Patienten bzw. die Behandelt länger auf wichtige Ergebnisse warten müssen. Was Therapien verzögert.

[https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-planbare-operationen-verschieben-halten-sich-die-aerzte-daran-a-e18470ce-4bf2-4e2b-8d57-6c8dc79f6d81]

Das ärgert mich auch richtig. Meine Klinik ist da glaube ich vorbildlich. Viele andere nicht. Wegen wirtschaftlichen Zwängen. Was da am Ende bei rauskommt, wenn sie zu spät agieren, mag man sich nicht vorstellen.

Ich bin gespannt was mich morgen erwartet wenn ich wieder zum Dienst muss. Ich hatte in all den Jahren nie Angst zur Arbeit zu gehen. Nervosität und Unsicherheit kenne ich, gerade zu meinen Anfangszeiten auf der Intensiv war das gang und gebe. Aber im Moment habe ich vor allem Angst. Vor dem was vielleicht auf uns zukommt...


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