Thema:
Fair Trade [Polizei-Dramedy-Serie in/aus Belgien] flat
Autor: HomiSite
Datum:06.12.22 21:51

Eine belgische Serie von 2021 über ein gutherziges, aber korruptes Polizeiduo mit 8 Folgen in Staffel 1; offizielle Synopsis von Amazon:

>Wilson [Kevin Janssens], ein großmäuliger Frauenheld, und De Rover [Ella-June Henrard <3], ein lesbischer Kontrollfreak, bilden ein bemerkenswertes Polizeiduo. Sie begannen ihre Laufbahn mit viel Leidenschaft, sahen aber zu oft, wie intensive Polizeiarbeit durch irrelevante Verfahrensfehler und Tricks von teuren Anwälten zunichte gemacht wurde. [...]

Diese Plotbeschreibung ist etwas schief und die Vorgeschichte der beiden Hauptfiguren spielt gar keine Rolle - sie halten jetzt schon gerne die Hand auf für Schmiergeld im Drogen- und Prostitutionsmilieu von Antwerpen.

Der Tonfall von FAIR TRADE (und damit auch meine Genreumschreibung) ist dabei unentschlossen: Möchte es ein belgisches THE SHIELD mit weniger Straßenrealismus sein? PUSHER in Serienform mit viel Fokus auf den (echten) Verbrechern? FARGO mit spleenigen Überzeichnungen?

Unzweifelhaft ist, dass FAIR TRADE aufgrund der Dialoge sehr witzig ist. Jeder in der Serie ist mindestens latent genervt, wodurch beinahe alle Gespräche Gekabbel oder Beleidigungen enthalten. Über allem thront dabei Peter Van den Begin, der Darsteller eines lokalen Unterweltbosses, der mit vorzüglicher Mimik ein grandioses Feuerwerk an Kommentaren ablässt. Alles ist mindestens gut synchronisiert inkl. "schlechtem" Englisch, wenn man mit Ostblocknutten und Russengangstern kommuniziert.

Aufgrund dieses Humorfundaments funktionieren dramatische Ereignisse jedoch oft nur eingeschränkt, die sich dem Genrestandard entsprechend natürlich zuspitzen. Aber irgendwann akzeptiert man FAIR TRADE als homöopathische Genre-Farce, spätestens wenn Schusswunden seltsam ungefährlich werden ... (Die FAZ bedauert den Verzicht auf die "belgische Spezialität, die schräge Komik mit einer authentischen Tragik zu verbinden", [https://www.faz.net/-huc-b0723]).

Apropos: Größere Actionszenen gibt es in der Serie nicht, aber genügend Schusswechsel und auch etwas Pyro (manchmal wirkt es aber, als ob der unsaubere erste Take genommen wurde). Und heiße Frauen, entblößte Brüste und Alk-Koks-Gebumse! Das wirkt zwar gerne ähnlich bemüht wie der Sex zu Anfang von GAME OF THRONES, aber ist teils so übersteigert, dass es wieder lustig ist (bspw. die Party in Folge 2, Teaser: ).

Inszenatorisch ist FAIR TRADE Standardkost mit einem auffahrend uninspirierten Vorspann und oft vielen kurzen Szenen. Dadurch ist aber das Erzähltempo in den knapp 50 Minuten langen Episoden hoch und es passiert dauernd irgend etwas.

Fazit: Die eingangs erwähnten Serien und Filme in ihrer narrativen oder/oder audiovisuellen Eleganz und/oder Tiefe erreicht FAIR TRADE zwar nie, aber die herrlich spaßigen Dialoge und die abwechslungsreich-holprige Mischung aus Humor und Ernst erschaffen "Seriensilber" (FAZ). Für mich sogar eine der Überraschungen des Jahres!

PS: Eine zweite Staffel mit sechs Episoden und dem Untertitel "The Road Back" (Staffel 1: "Everybody's Losing It") ist abgedreht und sollte in den nächsten Wochen/Monaten starten.
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Anschauen: [https://www.werstreamt.es/serie/details/2940976/fair-trade/] bzw. [https://amzn.to/3UEitl3] (Freevee, Amazons kostenloser Dienst mit Werbung)

[https://i.postimg.cc/T3MNZdt2/Fair-Trade.jpg]


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