Thema:
Nicht einfach nur bestes Star Wars, sondern SOTY-Player flat
Autor: token
Datum:29.11.22 08:07
Antwort auf:Star Wars - Andor (Disney +) von waldmeister

Und zwar ganz ohne Star Wars Fanbonus.
Behaupte ich ganz einfach mal als jemand der das worldbuilding von Star Wars rein aus den Filmen kennt, aber da nicht mehr sah als einen amüsanten Zirkus, der zwar ein durchaus griffiges Fantasyszenario inszeniert, aber eines bei dem man lieber nicht anfangen sollte nach etwas zu graben oder nachzudenken.

Andor ist das erste Star Wars Produkt das für mich diese Perspektive auf diese Welt deutlich zu verschieben weiß. Im Grunde war ich dieses Jahr vorrangig interessiert am showdown zwischen HottD und HDR und hatte hohe Hoffnungen in Obi-Wan.
Und da erwies sich Obi-Wan leider als verkapptes Stargate mit Machern die nicht wissen wie man Figuren inszeniert, nicht wissen wie man Action inszeniert, nicht wissen was sie überhaupt erzählen wollen und warum, und wie man Budget so einsetzt dass auch ein wertiger Gesamteindruck entsteht.
Und dann kommt Andor aus der Ecke und völlig unerwartet nimmt Cassian Rhaenyra in den Arm und man fährt gemeinsam Schlitten mit HDR.

Ich finde so vom selbst zusammengefotzten Möchtegernkritikerstuhl hat man hier ein Quartett was quasi schon lehrbuchmäßig vorführt was funktioniert und was nicht.
Mit Obi-Wan eine Serie die zeigt wie man es schafft so ziemlich alles falsch zu machen was man falsch machen kann.
Mit HDR eine Serie die zumindest hinkriegt dass man bei der Geldverbrennung merkt das Geld verbrannt wurde und hierbei auf reiner Schauebene die handwerklichen Basics beherrscht.

Aber mit Andor und HottD zwei Vertreter die zeigen dass eine Serie genau triumphiert, wenn Schreiber nicht ihren selbstverliebten Pimmel durch die Gegend tragen, sondern ihre Figuren ernst nehmen und verstehen, dass das was trägt die Güte der Figuren ist. Weil mit den Figuren gehen wir auf die Reise. Und wenn das Szenario und diese Figuren eine wechselseitige Symbiose bilden, genau dann hat man etwas dass man als Handlung bezeichnen kann in die man sich nicht nur einfach investieren möchte, sondern wo man gar nicht mehr anders kann als sich zu investieren.

In Andor wird bspw. viel geredet. Sehr viel geredet. Aber eben nicht geschwafelt! Dialoge sind immer motiviert, Figuren wollen was, Konflikte sind nicht einfach da, sie entstehen und entladen sich, die Helden sind keine feinen Supermenschen sondern einfach nur Menschen mit Fehlern, und auch die Schurken sind ebenso Menschen mit nachvollziehbaren Motiven und Hintergründen. Und alle agieren in einer Welt und in Strukturen die etwas mit ihnen machen. Und du siehst, das sind Nuancen die den Unterschied zwischen Gut und Böse ausmachen, und teilweise nicht mal mehr das, teilweise ist es nur noch der Zufall der darüber bestimmt hat an welcher Front und unter welchen Umständen eine Figur ausgeschissen wurde.

Folge für Folge wurden wir hier tiefer und tiefer reingezogen, und Andor gehörte nicht zu den Serien die man schaut weil es ja schon irgendwie unterhält und man halt gerade Bock hat was zu schauen, sondern eine Serie bei der man wissen will wie es weitergeht. Und bei allem was die Charaktere hier an Faszination schultern, kommt das worldbuilding ebenso nicht zu kurz. Die Welt die Andor zeichnet ist einfach hochinteressant und teils wirklich herrlich perfide, allein das Imperium ey, so finster und doch selbst in den tiefsten Abgründen immer noch glaubwürdig.

Nein, Andor stößt nicht komplett in den Serienolymp vor, aber, und das ist erstaunlich, es schwimmt mit den Schwerkalibern mit und du siehst, das ist der gleiche Sport und Andor ist alles andere als Amateur.

tl;dr:
Star Wars interessiert dich nicht?
Schnuppe, schau das.
Ein Lehrstück in Sachen gelungener Serienunterhaltung.


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