Thema:
Bin nach wie vor nicht so recht überzeugt... flat
Autor: Pezking
Datum:16.10.22 20:46
Antwort auf:Herr der Ringe - Serie 2021 (Amazon) von Optimus Prime

...und das nicht aus Fansicht oder irgendwelchen puristischen Ansprüchen. Denn ich bin eh kein LotR-Fan.

Habe die Filme 2x gesehen. Jeweils 1x im Kino und 1x die Extended Version auf DVD. Was jetzt auch schon an die 20 Jahre her sein dürfte.

Die Mordor-Spiele fand ich beide geil, aber das lag nicht an der Lizenz. Mehr Berührungspunkte habe ich zu Tolkiens Werk nicht.

Egal. Ich habe nix gegen LotR und war neugierig auf die Serie. Und als Nicht-Fan hatte ich auch überhaupt keine inhaltlichen Erwartungen. War (und bin) für alles offen.

Ich habe hier ja schon ein- oder zweimal ausgeführt, was mich nicht so richtig überzeugt. Will mich da nicht wiederholen.

Aber nach dem Staffelfinale kann ich nun bilanzieren, dass ich ganz klar vor allem das Writing nicht gut genug finde.

Ich habe (gerade bei Fantasy-Kram) keine Probleme mit Suspension of Disbelief. Komme da mit allem klar und suche nicht leidenschaftlich nach Logik-Löchern.

Aber: Filme und Serien verlieren mich, wenn die Protagonisten nicht nachvollziehbar handeln und nicht stabil charakterisiert werden.

Und da hat Rings of Power erhebliche Defizite. Siehe zum Beispiel Galadriel: In einer Folge zeigt sie Adar gegenüber voller Inbrunst und ohne Umschweife ihren geradezu genozidalen Hass auf die Orks. Das kam absolut überzeugend rüber.

Und eine Folge später latscht sie dann mit Theo durch New Mordor und schwallt ihn wie Jesus höchstpersönlich mit pazifistischen Kalendersprüchen voll und warnt ihn davor, sich vom Krieg zum Monster machen zu lassen.

Wo kommen diese Einsicht und dieser Sinneswandel von einem Tag auf den andern her? Das muss doch für den Zuschauer nachvollziehbar sein?

Oder die Disa, die Frau von Durin: Warum kam die einem erst ziemlich aufgeräumt, diplomatisch und zuverlässig vor, und zum Ende der Staffel hin hat sie dann irgendwann irgendwo die Lady Macbeth in sich entdeckt?

Auch die Harfoots: Gleichzeitig schreiben die nichts größer als ihre Gemeinschaft, aber sobald sich einer den Fuß verknackst, überlässt man ihn am Ende des Konvois komplett sozialdarwinistisch sich selbst. Was aber trotzdem nicht für negative Vibes in der Gruppe sorgt oder irgendwelches Konfliktpotential in sich birgt.

Und dann die Enthüllung von Sauron. Warum schreit Galadriel nicht augenblicklich jedem "ALARM!!!" ins Gesicht? Und warum schmieden sie trotzdem die Ringe nach Saurons Anleitung?!?

Und genau diese allgemeine charakterliche Inkohärenz zieht sich leider durch die komplette Staffel.

Ist jetzt kein kompletter Dealbreaker; ich finde die Serie bislang schon sehenswert. Aber halt auch nicht mehr. Ein gutes Drama lebt maßgeblich von guten Charakteren, und da hat Rings of Power IMO bislang noch ordentlich Luft nach oben. Das ist einfach alles in sich nicht schlüssig genug, und deshalb reißt mich die Serie nicht so recht mit.


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