Thema:
Re:Bin auch als Nichtkenner irritiert. [Spoiler] flat
Autor: suicuique
Datum:16.10.22 12:16
Antwort auf:Re:Bin auch als Nichtkenner irritiert. [Spoiler] von Bergzwuckel

>>Das Medium Film arbeitet nach anderen Maßstäben ... es erscheint mir nicht unschlüssig oder gar verdammenswert dass die Timeline gestrafft werden musste. Klar die Elben hätts nicht gestört wenn das Ringeschmieden 100 Jahre gedauert hätte ... all die nicht elbischen Protagonisten hätte man dann nur durch neue ersetzen müssen. Wäre für den Zuschauer damit so viel gewonnen gewesen dass es diese Form der "Epik" wirklich wert gemacht hätte?
>>Ich habe meine Zweifel.
>
>Absolut richtig und volle Zustimmung. Du kannst da keine tausende Jahre erzählen, denn dann bräuchte man jede Folge einen neuen Cast (zumindest was Zwerge und Menschen angeht). Filmisch ganz klar dumm. Ansonsten muss man dran denken, dass sie keine Rechte am Silmarillion haben und somit nur mit dem arbeiten dürfen, was explizit in den Anmerkungen von Rückkehr des Königs steht und das ist in der Tat im zweiten Zeitalter nicht viel.


Ich bin nicht der Ansicht dass das so viel ausmacht wie Du hier implizierst.
Ich habe gerade in meiner (deutschen) Ausgabe des Silmarillion nachgelesen:
Das Kapitel Sauron und die Ringe der Macht wird auf ein paar wenigen Seiten abgehandelt (4 um genau zu sein in der letzten deutschen Ausgabe S. 477 - 480!). Man erfährt in EINEM Absatz dass die Ringe geschmiedet wurden: 9 für die Menschen, 7 für die Zwerge, zuletzt die 3 für die Elben (die besondere Macht haben und die nicht von Sauron berührt=besudelt worden sind) und der Eine Ring den Sauron im Schicksalsberg allein geschmiedet hat. Als er ihn anzieht merken die Elben dass er Macht über all die anderen Ringe ausübt und legen ihre Ringe ab, woraufhin er sie "mir Krieg überzieht". Thats fucking it. Das ist die Lore in Silmarillion zu den Ringen der Macht XD

Davon ab: ich habe den Eindruck (!!) es wird den Leuten die die Simarillion Vorlage nicht kennen nur allzu oft vermittelt, dabei würde sich um ein ausgefeiltes Buch im Stile von Song of Ice and Fire handeln. Das ist es nicht.
Es ist sehr holprig zu lesen, es ergeht sich in Landschaftsbezeichnungen (wie hier der FLuß heisst, wohin er hin fliesst) in unzähligen Verwandschaftsabhandlungen und in ermüdend kleinkarierten Syntaxkommentaren. Man erkennt woran Tolkien seine wahre Freude hatte wenn der den selben Berg in altelbisch, neuelbisch, zwergisch und in menschlicher Sprache benennt.
kurz: es ist literarisch gesehen ziemlich limitiert. Es zieht seinen Reiz gänzlich aus anderen Aspekten die filmisch aber kaum umsetzbar sind IMO.

EDIT: Wenn viele bemerken dass die Serie in Sachen Ausstattung, Kostüme, Effekte und Atmosphäre punktet und in Sachen Story Federn lässt, würde ich das als Kompliment einer gelungenen Adaption von Silmarillion verstehen. Denn das hat auch seine echten Stärken nur abseits der Story, bei der man dauernd WTF-Zeichen über dem Kopf hat. Beim Lesen der vier oben angesprochenen Seiten musste ich jedenfalls etliche Male denken, das ergibt so doch NULL Sinn! /rant

Es wundert mich kein Stück, dass soviel umgeschrieben werden muss um überhaupt ne Chance zu haben ein Publikum zu erreichen das über eine Nische hinausgeht.

Darum irritieren mich die Verweise zusehends, die die Vorlage überhöhen und dabei verkennen dass ein "dummer und simpler Twist" nichts ist was auch nicht schon ein dummer und simpler Twist bei Tolkien war.

>Dass man dann aber das wenige an Story trotzdem noch so krass quasi umschreibt, das find ich schon einfach echt schade. Ich finde man hätte deutlich besser eine Story schrieben können, die einerseits die Timeline respektiert ohne explizit über mehrere tausend Jahr erzählt zu werden, aber gleichzeitig wenigstens die wichtigen Bulletpoints in der richtigen Reihenfolge durchzieht

Nochmal: was wäre denn gewonnen wenn man zig Ahnenbäume im Detail abgehandelt hätte? Chroniken auf die Leinwand zu bringen halte ich stets für extrem undankbar. (Nebenbemerkung: weswegen ich auch sehr skeptisch bin ob HotD nach anfänglicher Begeisterung nicht sehr viele abschrecken wird, wenn man dann irgendwann beim drölften Erbfolgekrieg angelangt ist)

Schlussbemerkung: ich bin durchaus der Ansicht dass das Silmarillion kompakte Geschichten bietet die ich sehr gerne umgesetzt gesehen hätte (sowas wie Beren und Luthien oder der Fall Gondolins). Die Chronik zum Aufstieg Saurons und das Schmieden der Ringe zähle ich definitiv nicht dazu. In jedem Fall nicht so wie es im Buch steht: auf vier fucking Seiten ... Das nur als Info für all die Mitlesenden die die Vorlage nicht kennen und darin vielleicht was super tolles vermuten :/

gruß


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