Thema:
Enttäuschend… flat
Autor: Kilian
Datum:01.11.21 00:27
Antwort auf:Bohemian Rhapsody - Freddie Mercury Film von cloud78

Klar, ein Film in dem praktisch sämtliche Hits von Queen vorkommen, kann alleine deswegen schon kein schlechter Film sein.

Aber wenn selbst ich, der alles andere als ein Mega-Fan ist aber zufällig vor kurzem eine (absolut großartige) Doku auf ARTE über Freddy Mercury und Queen gesehen hat, jede Menge Fehler und zu grobe Vereinfachungen entdeckt, ist das sehr enttäuschend und schon während des Films ärgerlich.

Beispiele: Mercury und die anderen Mitglieder der Queen-Vorgängerband Smile waren schon lange bekannt miteinander und sind nicht so zusammengekommen, wie es im Film dargestellt wird. Jim Hutton war schon längst mit Mercury zusammen als Letzterer seine Aids-Diagnose bekommen hat. Die Band hat erst Ende der 1980er Jahre (88 oder 89) von ihm von seiner Erkrankung erfahren. Es gab nie eine Trennung der Band. Mercurys München-Jahre (sechs Jahre!) waren zwar wild und exzessiv, aber nicht so negativ für Mercury und Queen, wie es der Film darstellt („Come home, Freddy.“). Dafür wurde Mercurys NYC-Zeit, die auf München folgte und in der er sich sehr wahrscheinlich mit AIDS angesteckt hat, komplett ausgeblendet. Und vor allem: Mercury war zwar eine extrovertierte Rampensau auf der Bühne und bei öffentlichen Auftritten, aber im RL eine eher schüchterne und ruhige Person. (Wie kann man das als Regisseur ignorieren und solche Szenen wie beim (erfundenen) Plattenboss inszenieren?)

Dramaturgisch fand ich auch einiges fragwürdig: Das Live-Aid-Konzert als Ende des Films - warum? Queen und Freddy Mercury waren noch ein paar (wenige) Jahre länger aktiv und es hätte noch interessante Facetten zu erzählen gegeben. Überhaupt hätte das Live-Aid-Konzert nicht in epischer Breite zum Schluss nachgespielt werden müssen (nur um dann mit ein paar popeligen Texteinblendungen den Film zu beenden WTF!?). Zur Inszenierung von Mercurys Persönlichkeit (major fail) habe ich oben schon was geschrieben. Und auch zu Mercurys Sexualität und seinem Umgang damit blieb der Film noch zweideutiger als Mercury seinerzeit. Für einen Film aus der heutigen Zeit (wir wissen mittlerweile viel mehr, was damals nur gemunkelt wurde, und können es auch offen aussprechen) sehr schade.

Und dann der Hauptdarsteller: Rami Malek hat mich nur bedingt überzeugt. Die Zahnprothese war schon fast grotesk. In manchen Aufnahmen war er im Vergleich zu seinen Band-Kollegen so klein und schmächtig wie Mercury es einfach nie war. Überhaupt wäre er als Mick Jagger besser gecastet als als Freddy Mercury, so gut er dessen Live-Aid-Auftritt auch auswendig gelernt haben mag. Ich habe ihm, im Gegensatz zu bspw. dem Darsteller von Brian May, die Rolle als Freddy Mercury leider kaum abnehmen können.

Super Soundtrack, schon klar, aber als Ganzes enttäuschend, dieser Film. 4/10


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