Thema:
Shiny Flakes: The Teenage Drug Lord [Doku, Netflix] flat
Autor: heffer
Datum:08.08.21 23:23

Die Doku zum echten Täter hinter How to sell drugs online. Verdient meines Erachtens einen eigenen Thread, denn sie ist extrem unterhaltsam und im Übrigen gerade auf Platz 3 der Netflix-Charts.

Kritkpunkt: Die Doku ist netflix-typisch mal wieder extrem manipulativ, diesmal dergestalt, dass Shiny Flakes ein toller Hecht ist und die Ermittler bestenfalls bemitleidenswert sind.

Vom Thema Drogen distanziert ihn die Serie recht geschickt, indem direkt klargestellt wird, dass er eigentlich nichts damit zu tun hat: Er muss über google recherchieren, was das alles eigentlich ist, den MDMA-Stein versucht er unbeholfen mit dem Messer zu zerkleinern und eigentlich wollte er auch immer nur vom PC aus alles lenken, aber dann ist halt einer seiner Mittelsmänner abgesprungen etc. Dass er Unmengen an Drogen in seinem Zimmer gelagert und verpackt hat, erscheint nach der Doku noch befremdlicher als vorher. Damit schafft die Serie dann auch geschickt alle instinktiven Bedenken beiseite, die verhindern könnten, dass man sich mit ihm identifiziert. Klar, der Verstand sagt, dass das alles ganz böse ist, was er da getan hat, aber der Instinkt sieht das nach der Serie nun einmal anders.

Bescheiden ist er auch noch: Das Geld interessiert ihn nicht, ausgegeben hat er quasi nichts. Eigentlich ein netter Kerl, will man fast glauben.

Gibt sogar eine Szene, in der er seinen Anspruch auf Zeugenentschädigung geltend machen will, die Behördenmitarbeiter aber in einer Mischung aus Inkompetenz und Unfreundlichkeit ihm schlichtweg nicht erklären können oder wollen, was er tun soll (in der Tat eine Szene wie aus dem Leben gegriffen). Er bleibt trotzdem vollkommen gelassen. Wie kann man diesem Menschen nur böse sein.

Über die ganze Serie hinweg wird er extrem cool dargestellt. Selbst das rekonstruierte Kinderzimmer, in echt wahrscheinlich der Gipfel der Uncoolness, erhält hier über Beleuchtung und Kameraeinstellung das gewisse Etwas. Seine Haare liegen in jeder Szene perfekt, die Kleidung soll schlicht aussehen, sitzt aber wie angegossen, ist stellenweise sogar figurbetont.

Die Sätze, die er spricht, sind alle auf den Punkt formuliert, flüssig vorgetragen, keine Rechtfertigungen, Beschuldigungen (selbst die gewaltsame Festnahme kommentiert er sehr zurückhaltend, während die Fotos den Eindruck vermitteln, dass er regelrecht zusammengeschlagen wurde) oder sonst etwas, was Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit erzeugen könnte. Jeder sagt mal irgendwann etwas unpassendes, Shiny Flakes in dieser Doku nicht.

Der Freundeskreis ist auch extrem hip, die Freundin hübsch, alles zeigt: Kein Nerd. Ein toller Hecht.

Die Ermittler hingegen stehen fast durchweg albern dar. Da loben sie sich dann überschwänglich dafür, dass sie sein Passwort geknackt haben. Im Anschluss zeigt die Serie dann, dass sie es schlicht im Müll gefunden haben, Shiny Flakes darf das dann noch hämisch kommentieren, womit die Ermittler dastehen wie Witzfiguren.

Ich könnte noch mehr Beispiele bringen, aber um es abzuschließen: Das ist eine sehr unterhaltsame und letztlich auch sehenswerte Dokumentation, aber ein ganz klein bisschen weniger dick aufgetragen hätte es dann auch getan.


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