Thema:
Sehenswert flat
Autor: chifan
Datum:22.06.21 10:02
Antwort auf:The 800 - erfolgreichster Film (!) 2020 (China) von thestraightedge

Bei der letzten Amazonaktion habe ich den mal mitgenommen. Chinesische Kriegsfilme bzw. Filme die in der Epoche der japanischen Besatzungszeit spielen, kommen bei mir direkt nach den Kaiserzeitschinken. Ich kann mich da nicht groß für erwärmen. Zumal es ohnehin eine unendliche Anzahl von Filmen und Serien der Epochen gibt. Bei den Großeltern meiner Frau liefen die gefühlt immer im TV. Die Älteren scheinen da ein Faible für zu haben. Liegt vielleicht auch etwas an dem aktiv erlebten der Besatzungszeit durch die Japaner.

Zum Film. Fand den inszenatorisch ziemlich gut gemacht, Sound hatte ordentlich Rums, manche Geräusche wie die der japanischen Leuchtsignale waren richtig fies. Keine Ahnung ob die damals wirklich so klangen. Sprachlich war das wohl auch absolut top. Es war ein Wirrwarr an unterschiedlichen chinesischen Dialekten und auch auf Unterschiede der Herkunft / Abstammung wurde da geachtet. Meine Frau musste jedenfalls teilweise die deutschen UT mitlesen, da sie einiges selbst nicht verstand. Keine Ahnung wie das in der deutschen Synchro berücksichtigt wurde. Wahrscheinlich gar nicht. Gefallen haben mir die Darstellung und die Atmosphäre des alten und durch die Europäer seit Mitte des 19 Jahrhunderts besetzten Shanghais sowie die immer wieder durchscheinenden Details. Insgesamt war ich dann doch positiv überrascht, auch wenn ein wenig der Höhepunkt des Ganzen fehlte. Mal von ein paar (Durchhalte)parolen abgesehen, fand ich ihn jetzt auch ziemlich frei von Nationalismus, Patriotismus und Propaganda.

Zu den beiden weiter unten erwähnten Szenen mit und .

Die Szene mit hatte halt einfach Symbolcharakter. Kann man kritisch sehen, fand ich jetzt aber doch relativ harmlos zu dem Wind der da weiter unten gemacht wird. Zumal das Ganze vor dem Hintergrund, dass man hier im eigenen Land angegriffen und besetzt wurde, doch noch einmal ein anderer ist, als bei den entsprechenden US-Filmen. Was vielleicht einige nicht wissen, China hatte mit 20 Mio. vor allem zivilen Opfern, nach Russland mit deutlichem Abstand die meisten Toten im 2. Weltkrieg zu beklagen.

Hinzu kommt bei beiden Szenen, dass die jetzt ohnehin kaum eine realistische Chance hatten, wieder lebend rauszukommen, weil die Kunmintang unter Chiang Kai-shek (die 1949 nach der Niederlage gegen die Kommunisten nach Taiwan flohen) die aufgegeben bzw. die Soldaten aus der Region abgezogen hatten. Btw. war das lasche Vorgehen gegen die japanischen Besatzer, neben Korruption und Klüngelei mit den Interessen der Großindustriellen auch ein Grund dafür, dass den Kunmintang die Unterstützung in der Bevölkerung später abhandenkam.

Insgesamt also ein durchaus sehenswerter Film und relativ frei von Patriotismus oder ähnlichem. Jedenfalls in der Form wie sie nicht allen Filmen dieser Art innewohnt. Andernfalls müsste und sollte man auch den entsprechenden US-Filmen deutlich kritischer gegenüberstehen. Wer sich also prinzipiell für das Genre erwärmen kann, sollte einfach mal reinschauen.


< antworten >