Thema:
Re:Ich werde den Hass auf Teil 4 nie verstehen flat
Autor: token
Datum:10.06.21 09:55
Antwort auf:Ich werde den Hass auf Teil 4 nie verstehen von Lynne

>Voll kontrovers, aber ich verstehe den Hass auf Teil 4 einfach nicht. In meiner persönlichen Rangliste darf der sich mit Teil 2 um Position 3 balgen.
>

Nuja.
Ich persönlich denke dass Lucas und Spielberg in ihrer wilden Zeit das damalige Blockbusterkino nicht nur geprägt, sondern mitunter überhaupt erst auf die Straße gesetzt haben, und sich hierbei mehrmals neu erfanden.

Bei diesen Filmen wurde immer wieder eine neue Pace gesetzt, und natürlich ist sowas ein hartes Erbe wo es mit der Zeit immer schwieriger wird, einem solchen gerecht zu werden. Es wäre aber auch zu einfach es nur auf das Alter der Macher zu schieben, ein George Miller bot mit Fury Road erst jüngst ein Spektakel das Maßstäbe setzt und seinesgleichen sucht.

Ein gutes Anschaubeispiel ist meines Erachtens auch die Handschrift von JJ und was genau die SW-Prequels handwerklich und inszenatorisch von den neuen Ablegern unterscheidet. Während solche Stilmittel und Erkenntnisse hier gar bis zum Serienformat eines Mandalorian rüberschwappen, setzt Indy 4 auf genau die inszenatorische Handschrift die schon bei den Prequels ein Problem war. Während ein Blomkamp, ein Cameron, ein Nolan, ein Jackson, ein Villeneuve und andere in Sachen Kinospektakel Duftmarken setzen, wirkt sowas wie Indy 4 im Kontrast dazu, wie einst andere Wannabe-Blockbuster im Kontrast zu einer Spielberg-Produktion gewirkt haben.

Das ist zum einen die Ebene der Schauwerte, die imo wirklich brachial enttäuscht. Es wirkt auch maximal unambitioniert einfach alles ans CGI-Team auszulagern wo dann schon in einer der ersten Einstellungen ein offensichtlich aus dem Computer stammendes Tier am Straßenrand steht wie in einem Disney-Streifen mit sprechenden Hunden.
Das ist retrospektiv auch insgesamt mein Gefühl, dass da kein Feuer und keine Leidenschaft und keinerlei Vision war, sondern man einfach Bock auf Klassentreffen hatte und dann mal kucken was hinten raus kommt.

Was mich am traurigsten stimmt, ich hätte jetzt nicht unbedingt erwartet dass dieser Film inszenatorisch dem Blockbusterkino nochmal zeigt wo der Hammer hängt. Das war von Spielberg und Lucas auch nicht mehr zu erwarten. Macht es halt richtig schön oldschool mit Sets und Stunts und packender Kameraarbeit. Aber man hat sich für etwas entschieden was weder Fisch noch Fleisch ist, sondern schon zum Zeitpunkt des Releases "lange" als überholt galt.

Das wäre jetzt ein Versäumnis was man durchaus verknusen könnte. Wenn der Film halt mit Witz und Charme glänzen würde. Und wo hier die Probleme liegen zeigt Last Crusade. Denn die Ausgangslage ist ähnlich, wir haben einen in der Blüte der Jugend stehenden Sohn, einen Hitzkopf der Türen mit Füßen öffnet und einen Opa. Aber ein Indiana kann hier nicht in Würde altern und den Stab weitergeben und sich die Finessen und Schrulligkeiten seines Vaters aneignen. Nein, da wo ein Schorch einen Kampfflieger mit einem Schirm runterholt und seinen verdutzten Sohn staunen lässt, haben wir hier wieder den Die Hard Indy der in einem Kühlschrank eine Atombombenexplosion überlebt und punktuell noch den Tarzan herausholt und die Fäuste schwingt. Auf mich wirkt das fast schon sinnbildlich für das Problem der Macher, die statt sich auf ihre Stärken zu fokussieren und das zu machen was sie auch heute noch formidabel könnten, an etwas probieren wo sie im Kontext der Zeit hoffnungslos abfallen und einfach nur noch albern wirken.

Und zu guter letzt das Storyvehikel. Aliens? Ja meinetwegen, ist doch Wurst. Du kannst da aber nicht so tun als sei es immer noch 1982, das wirkt heutzutage einfach nur käsig.

In meinen Augen fällt Indy 4 in seiner Disziplin selbst zu einem Videospiel-Ripoff nach Indy-Vorlage wie dem neuen Tomb Raider ab, und das nicht zu knapp.
Höchststrafe.
Ich gönne den alten Herren ihren Spaß, aber sie kacken imo auf ihr Erbe.  
Und ich hab keinerlei Hoffnung dass es mit Teil 5 noch eine Wende gibt.


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