Thema:
Spoiler The Prestige flat
Autor: membran
Datum:12.01.21 11:09
Antwort auf:Re:Ui! Ne Liste! Dann will ich auch mal von Bergzwuckel

>>Bemerkenswert ist, dass der Film eines NICHT zeigt, nämlich dass die Maschine funktioniert :)
>>
>
>Aber dass sie funktioniert wird doch ziemlich deutlich schon zuvor gezeigt, also noch bevor er den Trick mit der Klonmaschine nutzt.


Token will darauf hinaus, dass es in dem Film öfter Szenen gibt, die von einem unzuverlässigen Erzähler präsentiert werden.

>Nämlich als er im Wald die unzähligen Hüte sowie eine zweite Katze sieht, woraus dann von Tesla ja auch der Schluss gezogen wird, dass sie die ganze Zeit bereit funktionierte, nur die Koordinaten des geklonten Objekts falsch berechnet wurden.

Zum Einen ist das grundsätzlich ein Trick, der mit zwei schwarzen Katzen (dass sie ähnlich fauchen, soll den Zuschauer glauben lassen, es wäre dieselbe, aber ist das ein "Beweis"?), zwei Klunkerhalsbändern und einem Haufen alter Zylinder zu bewerkstelligen wäre - Tesla hatte im echten Leben iirc ständig Geldprobleme; ein Ansatz wäre hier, dass er schlicht den reichen Angier monatelang um Geld geprellt hat, um seine eigene Forschung zu finanzieren. Zum Anderen kann man argumentieren, dass alle Szenen in Amerika aus Angiers Tagebuch erzählt werden, das Borden im Gefängnis liest. Und da kann er ja sonst was reinschreiben, um Borden zu täuschen. Es ist an der Stelle im Film nicht mehr klar markiert (z.B. durch einen Erzähler aus dem Off oder mit einer einleitenden Szene mit Borden und dem Buch in seine Hand), dass es sich um einen Eintrag aus dem Tagebuch handelt. Nolan scheint, nachdem er in den ersten dreißig Minuten des Films den erzählerischen Rahmen ein paat Mal gezeigt hat, ohne Vorwarnung zwischen den Erzählebenen hin- und herzuwechseln. Man bekommt eine Szene zu Beginn des Films, wie Borden Angiers Tagebuch im Gefängnis gesteckt bekommt und es in der Zelle zu lesen beginnt. Die Geschichte darin handelt speziell von Angiers Zeit in Amerika mit Tesla. Es ist wie gesagt nicht ganz klar, aber auch nicht ausgeschlossen, dass die Katzen-Klon-Szene eigentlich ein Tagebucheintrag ist. Und damit vielleicht eine Lüge.

>Auch wird ja die Szene gezeigt, in der er sich das erste Mal selbst klont und erschießt...

Genauer erzählt Angier, schon tödlich verwundet und mit nichts mehr zu verlieren außer seinem Stolz, wie er sich angeblich selbst geklont und erschossen hätte. Die "neutrale" Filmebene ist die Szene im Theater mit Borden, der Angier erschießt. Die Sache mit dem Erschießen des Klons ist von Angier unzuverlässig erzählt. Er könnte lügen.

Warum tut er das? Die Interpretation geht so - und da sind ein paar Lücken drin, die der Film nicht zeigt und die man annehmen muss - "Tesla" war nur das Codewort für Bordens Tricktagebuch (das wird in eben jenem behauptet, wird aber stimmen, weil es ein "Gotcha" Moment für Angier sein soll). Borden hatte nie was mit Tesla zu tun und wollte Angier nur auf eine monatelange Schnitzeljagd schicken. Angier wird dort Tesla getroffen haben und ob er sich da hat um Kohle prellen lassen oder einfach nur eine Effektgewitter-Maschine gekauft hat, ist unklar. Geklont wurde aber da nach der Theorie nichts, aber er schreibt die Katzen-Klon-Szene in seinem Tagebuch nieder, das er später Borden stecken will. Angier kehrt mit der Effektgewitter-Maschine zurück nach London und eröffnet eine neue "Transported Man"-Show, deren eigentliches Ziel zweierlei ist: Borden an den Strick zu liefern und ihn als Magier so zu übertölpern, dass Borden absolut ratlos ist, wie der Trick funktioniert und es nur mit "real magic" erklärt werden kann. Aber eigentlich nutzt er wieder nur seinen alten Doppelgänger und die Luke im Boden wie er es schon beim alten "Transported Man" getan hatte. Die Präsenz der Effektmaschine gibt einen seltsam wissenschaftlichen-magischen Hintergrund (für die Zeit). Angier lässt nach jeder Show Wassertank-Kisten abtransportieren, aber die sind leer und sollen Borden nur verwirren und verdächtig werden lassen.

Irgendwie muss Angier rausbekommen haben, an welchem Tag sich Borden unter die Bühne schleichen will. Er muss seinen Doppelgänger gesagt haben, dass er heute das Prestige auf dem Balkon haben will (alles Annahmen, du merkst es). Und so fällt Angiers Doppelgänger durch die Luke, in einen von Angier dort hingestellten Wassertank, vor den Augen Bordens. Sonst liegen da die üblichen Sandsäcke. Was diesem Teil der Interpretation Gewicht gibt, ist das überraschte und panische Gesicht von Angier (seinem Schauspiel-Doppelgänger) im Wassertank (aber nimmt man die Klon-Nummer an, dann ist er vielleicht einfach panisch, weil ihm nun die vorher ungewisse Antwort, wer er nach dem Klonvorgang sein wird, schmerzlich klar ist).

Und so geht Borden ins Gefängnis, wird von Angier dort besucht und verhöhnt (zerreißt Bordens Tagebuch und adoptiert dessen Tochter). Was Angier nicht wusste, ist, dass Borden einen Zwillingsbruder hat. Anscheinend wusste aber das Michael Caines Charakter schon die ganze Zeit. Und er hat Angiers "Trick" (Ermordung des Säufer-Doppelgängers) durchschaut ist davon angewidert, ebenso wie vom Angiers "Diebstahl" von Bordens Tochter. Er verrät Angier und führt Borden zu dem Theater, wo die ganzen Wassertanks stehen. Borden erschießt Angier. Und tödlich verletzt will Angier die Täuschung aus seinem Tagebuch mit einem letzten Trick zu Ende bringen - dass es wirklich eine magische Klonmaschine ist. Er erzählt die Story, wie er seinen Klon erschießt, oder der Klon ihn. Er sagt, "look, look" (er meint die Wassertanks, und generell ist "are you watching?" / "look closely" ja ein wiederkehrendes Thema im Film). Borden aber hat kein Interesse mehr daran, zu schauen. "I don't care". Für ihn ist das Duell beendet, er hat nun andere Prioritäten. In Angiers Gesicht - maßlose Enttäuschung. Er hat verloren, um seinen letzten Triumph betrogen, das Prestige schlicht verwehrt, schlicht, weil Borden nicht hingucken will. Er stirbt. Borden geht zurück zu Michael Caine und holt seine Tochter ab, um die er sich nun kümmern muss (ich glaube, es war seine und nicht die seines Bruders).

Die letzte Szene des Films zeigt einen Allee dieser Wassertanks, aber man sieht nicht genau, was in allen bis auf einem drin ist. Anscheinend ein toter Angier-Klon. Wie kann das sein, wenn Angier im Hintergrund verblutet und sein Doppelgänger beim Leichenbeschauer liegt? Die Antwort in dieser Interpretation ist "Wachsfigur". Und die Begründung ist, dass das Geheimnis zu diesen fantastischen Tricks oft enttäuschend einfach und banal ist (etwas, was im Film auch mehrfach gesagt wird - "nobody is impressed by the secret, it's what you do with it that impresses them", "it's awfully obvious once you know"). Das alles war ein groß angelegter, von langer Hand geplanter Trick von Angier, mit dem einzigen Ziel, Borden reinzulegen und es ging nicht auf.

Dass das Gezeigte (= Klonzeug) nicht unbedingt die finale Antwort ist, deutet der Film ja auch ganz am Ende an - warum sollte der Film sonst mit der Einstellung von Angiers "Klon" im Wassertank und diesem sehr bedeutungsschwangeren Monolog von Michael Caine enden?

"Now you're looking for the secret.. but you won't find it because you're not really looking. You don't really want to know the secret.. You want to be fooled."


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