Thema:
#51 The Deer Hunter (1979) flat
Autor: DJS
Datum:12.12.20 21:21
Antwort auf:Projekt "Oscar" von DJS

Die durch die Hölle gehen

[https://www.imdb.com/title/tt0077416/?ref_=fn_al_tt_1]

Stream:

[https://www.werstreamt.es/film/details/45749/die-durch-die-hoelle-gehen/]


USA 1968. Drei russischstämmige Stahlarbeiter (De Niro, Walken und der weniger bekannte John Savage) ziehen freiwillig in den Vietnamkrieg. Die dort erlebten Grausamkeiten führen zu körperlichen und seelischen Schmerzen, mit denen jeder von ihnen anders umgeht...

Das war jetzt sehr kurz zusammengefasst, aber ich denke es reicht um sich eine Vorstellung über den Film zu machen. Der Film dauert insgesamt drei Stunden und besteht quasi aus drei Teilen. In der ersten Stunde wird das Leben der Männer gezeigt. Sie kommen zwar aus einfachen Verhältnissen, führen aber ein Leben mit dem sie zufrieden sind. Der Teil des Films wird mit einer Hochzeit abgeschlossen, direkt nach der Hochzeit ziehen die Männer in den Krieg, einer der Männer ist der Bräutigam...
Nach dem Cut sieht man direkt eine brutale Kampfszene, diese ist aber dann auch die einzige im ganzen Film. Es werden ansonsten überhaupt keine Kampfhandlungen gezeigt. Dafür dreht sich alles um das berühmte russische Roulette, das die Gefangenen zur Freude der Vietnamesen gegeneinander spielen müssen. Das russische Roulette steht im Mittelpunkt des Films und kann (muss) als eine Anspielung an die Sinnlosigkeit und die Zufälligkeit des Krieges verstanden werden. Das letzte Drittel des Films setzt sich mit den Folgen des Krieges für die drei Männer und deren Bekannte/Familien auseinander.

Der Film ist deutlich zu lang. Im ersten Drittel passiert so gut wie nichts, die Hochzeitszene wird extrem in die Länge gezogen und auch wenn mir die Intention klar ist, empfand ich es als störend. Auch sonst hat der Film für mich zu viel Leerlauf. Ich hab ihn zum ersten Mal vor paar Jahren geschaut und war damals schon nicht 100%ig überzeugt und es hat sich diesmal nicht geändert. Liegt vermutlich auch daran, dass man etwas abstumpft wenn man davor schon andere inhaltsähnliche Filme gesehen hat. Das hört sich jetzt bitter an, aber ich fürchte, dass es wirklich eine Rolle beim Schauen gespielt hat.

Dafür gibt es bei den schauspielerischen Leistungen nicht viel zu meckern. Irgendwie war es auch nett De Niro, Christopher Walken und Meryl Streep jung zu sehen. :) Ich mag Streep eigentlich überhaupt nicht, das liegt aber daran, dass ich sie fast nur aus späteren Filmen kenne und da fand ich sie unsympathisch. In diesem Film habe ich sie aber (im positiven Sinne) komplett anders wahrgenommen. Im nächsten Oscar-Film spielt sie übrigens die Hauptrolle.
Mir ist wieder John Cazale (Fredo aus "Der Pate") aufgefallen und ich hab mich gefragt, warum man ihn sonst aus keinem Film kennt. Er ist leider noch vor der Veröffentlichung des Films an Lungenkrebs gestorben, die Krankheit brach aus bevor mit dem Drehen begonnen wurde. Zu der damaligen Zeit war er mit der 14 Jahre jüngeren Meryl Streep zusammen, sie pflegte ihn bis zu seinem Tod.

Von mir gibt es eine Standard-7,5. Die erste Stunde zieht den Film imo unnötigerweise in die Länge und inhaltlich habe ich schon zu viele ähnliche Filme gesehen. Dafür kann der Film zwar nichts, aber was soll ich machen... ;)

Allgemeines:

- nominiert für 9 Oscars, 5 gewonnen

- 15M gekostet, 49M eingespielt

- Historiker kritisieren, dass die Szenen mit dem Russischen Roulette komplett ausgedacht waren. Der Regisseur behauptet davon mal in einer Zeitung aus Singapur gelesen zu haben, nannte aber keine exakten Quellen. Naja...

- Wenn man an den Kalten Krieg denkt ist es irgendwie verrückt, dass es im Film um Russischstämmige geht, die zwar immer noch ihre russische Kultur ausleben, auf der anderen Seite aber zu amerikanischen Patrioten mutiert sind.

- Der Vietnamkrieg endete 1975, der Film erschien also kurz danach und war der erste große Antikriegsfilm, es folgten "Apocalypse Now", "Platoon", "Full Metal Jacket", "Hamburger Hill", "Geboren am 4. Juli" und weitere

- Aus Wiki kopiert: "Auf der Berlinale 1979 sorgte der Film für einen Eklat; die sowjetische Delegation bezeichnete ihn als „Beleidigung für das Volk von Vietnam“ und reiste demonstrativ ab."

- Man muss auch sagen: die Darstellung der Vietnamesen ist komplett einseitig und klischeehaft (alle sind gefühllos, brutal, unmenschlich) und den Film kann man nur schauen, wenn man diese Darstellung ignoriert.

- Ein englischer Filmkritiker schriebt dementsprechend:
„Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz in der Filmkritik, dass bestimmte Filme nicht zu kritisieren sind. Citizen Kane, Manche mögens heiß, 2001: Odyssee im Weltraum, Der Pate II… all diese werden als universale Klassiker gehandelt […]. Auf das Risiko hin, aus dem Kreis der ‚respektablen Filmkritiker‘ geworfen zu werden, nutze ich die Gelegenheit, offiziell meine Meinung zu erklären, dass The Deer Hunter einer der schlechtesten Filme ist, die je gedreht wurden. Der Film ist weitläufig selbstzufrieden, selbstherrlich, durchdrungen in manipulativer rassistischer Emotion, melodramatisch und angesiedelt irgendwo zwischen kreischender Hysterie und schlafwandlerischer Düsternis.“

- Ach ja, die Männer gehen vor dem Krieg und nach dem Krieg jagen, deswegen der Titel. In diesen Szenen wird deutlich, wie sich das Leben der Männer verändert hat.


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