Tja, ich fand SLØBORN leider nicht gut! Es ist für mich irgendwie typisch deutsch, wo man viel will und die Ansätze interessant sind, aber dann alles in persönlichen Beziehungen, Kitsch, Klischees und mittelprächtigem Schauspiel ertränkt wird. Ich gebe es zu: Ich habe zunehmend vorgespult, weil mich alles hart genervt hat! Kein Tod hat mich mitgenommen, weil fast alle Figuren unsympathisch oder dumm waren. Fast noch das Interessanteste war es, die Serie aus heutiger Corona-Perspektive zu sehen. Enttäuschend! (Ich kenne keine anderen realistischen Seuchenserien wie bspw. das unten erwähnte CONTAGION.)
Noch ein paar Details:
Wie Phil Gates unten schrieb, macht es schon ein wenig mulmig, dass die Serie tatsächlich Verschwörungsängste bedient, indem die Regierung lügt, die Kontrolle verliert, das Internet abschaltet und die Bundeswehr mit Schießbefehl einsetzt. Es passt eigentlich auch zum exponentiellen Wachstum, dass es dann so schnell geht, aber prinzipiell legt die Serie, die ja ungefähr tageweise erzählt wird, ab Halbzeit den Schalter um: Plötzlich sind da out of nowhere die panischen Widerständler mit auffallend vielen Waffen, die sich bald darauf sehr "clever" in einer Kirche verbarrikadieren. Was typisch antiklimaktische beendet wird, indem die Bundeswehr fünf Minuten später da einrückt und ohne Blutvergießen die Sache beendet.
Irgendwelche querdenkerische Demonstrationen gab's nicht, nur einmal kurz angedeutete Hamsterkäufe. Und anfangs sind Masken und viel Seuchenausrüstung keinerlei Probleme - wie unrealistisch! :-D Es wird zu wenig Zeit im unruhigen Zustand zwischen Sonderfall und Katastrophenfall verbracht: Manchmal stehen Leute mit Masken herum, es gibt zwar nächtliche Ausgangssperren, aber genauso oft bilden sich locker Gruppen von "normalen" Menschen und alles wirkt noch halbwegs gechillt. Was denn nun? Und hätte man die Insel nicht einfach abriegeln können, statt alle Bewohner in wahrscheinliche Todeslager evakuieren zu wollen? :-) Manchmal hab ich mir echt Napalmbomber oder Flammenwerfertrupps gewünscht ...
Evelin als Hauptfigur strapaziert auch etwas die Geduld durch ihre dauernden Fluchten, obschon ja halb gerechtfertigt (und sie ist ein hormongesteuerter Teenager UND schwanger). Mit Emily Kusche ist's immerhin eine Jungschauspielerin, die die Rolle meist gut verkörpert - wahrscheinlich die beste Leistung im Hauptcast. Am Ende bleiben eh irgendwie nur Jugendliche im Fokus: Die Jugendstraftäter auf der Flucht nach Dänemark und eben Evelin mit ihren Brüdern (paar gute Interaktionen zwischen ihnen, z.B. bockig "Ist Evelin etwas jetzt die neue Mama?!" :-). Die Idee, nach Fort Boyard für Arme zu flüchten, fand ich trotzdem wenig schlau.
Sonst will ich nicht mehr viel sagen, außer noch den Schriftsteller hervorheben, der nach seinem launigen Auftakt zu nerven begann, dann irgendwie unbehelligt von der Seite das Geschehen beäugt und darüber endlich seinen großen neuen Roman schreibt (und ihn der Buchhändlerin widmet, die so an ihn glaubte und mittlerweile verstarb). Wenn ich aber die paar ausgedruckten Seiten so einschätze, ist das höchstens eine Novelle. :-D
Und krasse Szene, wo der harte Dorfbulle sich mal eben vor seinem Sohn in den Kopf schießt und sein Nachwuchs (mit freshem Umstyling ins Herz eines Görls) ohnmächtig wird.
Werde ich in die zweiten Staffel reinschauen? Vielleicht, aber nur um zu sehen, wo/wie die Serie weitermacht.
PS: Leichter Endzeitcrush auf Hannah Ehrlichmann als kühle Seuchenschutzfrau mit merkwürdig gefärbter Frisur. :-)