Thema:
Verriss flat
Autor: membran
Datum:06.10.20 22:30
Antwort auf:Für wen ist das? von LustigesWiesel

>Gleichzeitig hat das eine pseudoaufgeblasene Storyline, die nur Leute Verstehen die Harry Potter studiert haben. Ich jedenfalls bin komplett ratlos, obwohl ich die Bücher damals gelesen hatte, die Filme gesehen und die Hörbucher habe.

Mit den Harry Potter Büchern hat das aber eigentlich so gut wie nix zu tun, außer, dass da ein Typ namens Dumbledore fünf Minuten Screentime hat. Und der nicht wie in den Büchern in extravaganten Roben in schrillen Farben gekleidet ist, sondern in 'nem grau-braunen Anzug, wie alle in dieser langweiligen Welt. Der Rest ist doch einfach nur letztlich belangloses Namedropping. Ob Exposition Dump Nummer 3 nun Nicolas Flamel heißt oder Hannes Popannes ist doch Jacke wie Hose.

Ich hab diesen Scheißfilm damals im PP verissen, mal gucken, ob ich das noch finde, dann pack ich das per C&P hier rein - ah, ja, waren mehrere Posts:

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Kommen gerade aus dem Kino. Absolute Katastrophe, der Film. Als ich die schlecht inszenierte, weil kaum nachvollziehbare Eröffnungsactionszene (nachts bei peitschendem Regen, viele Schnitte) hinter mich gebracht hatte, flüsterte ich der Holden zu - "Na, das kann ja was werden. Hoffentlich besser". Es wurde nicht besser. Stattdessen musste ich nach hinten raus mehrfach beherrschen, "was für ein Scheiß" nicht allzu laut zu sagen.

Zwischendurch waren wir uns nicht ganz sicher, warum der Untertitel "Crimes of Grindelwald" lautet. Soviele Crimes begeht der nämlich gar nicht. Überhaupt kommt der in weiten Teilen des Films gar nicht vor, ebensowenig wie Dumbledore. Davon ab - ganz ehrlich hätte als Untertitel "Lindenstraße" in einigen der Soap-Opera-artigen Szenen besser gepasst (inklusive der Lindenstraßen-Cliffhanger Mucke!).

Eine superverwirrende, verworrende und bescheuerte Story. Es ist wirklich teils sehr schwierig, den verschiedenen Handlungssträngen zu folgen - es sind eine ganze Menge insgesamt, aber so gut wie keinen würde ich als interessant bezeichnen. Der Plot mäandert umher und ist generell nur als ziellos zu bezeichnen. Einige Stränge versanden ohne Auflösung, manch andere ergeben gar keinen Sinn (u.a. einer der *zentralen* Handlungstränge).  Haarsträubende Entscheidungen darüber, was an langweiligem Kack gezeigt wurde und was an Interessantem nicht. Nicht nur sieht man ein paar Dinge nicht, die eben zwischen den Filmen passiert sind (und die ich vermutlicher interessanter gefunden hätte als das Gebotene), es dreht teils viele Charakterentwicklungen und -konstellationen des Erstlings einfach wieder zurück, und das nicht gerade elegant. Ein absolut verkorkstes Ensemble, was zu keinem Zeitpunkt miteinander harmorniert - nichtmal die Charaktere, die das im Vorgänger noch sehr wohl taten.

Mich hat's auch zunehmend genervt, wie planlos sie mit ihrer Wizarding World umgehen. In den Potter-Büchern wurde es immer betont, wie planlos Zauberer sind, wenn es um Muggle-Kleidung geht; da wird ein Damenkleid als normale Herrengarderobe verstanden. Hier in diesem Film rennen alle Wizard in feinstem Zwirn superstylish durch die Gegend, mit Weste, Hemd, Krawatte, Hosenträgern, Hose und Melone. Ein paar der Nebencharaktere haben sehr moderne Haarschnitte. Roben? Spitze Hüte? Fehlanzeige. Ich weiß nicht, ich find's lame, vor allem vor dem Hintergrund dieser Fantastic Beast Reihe, der ja ein möglicher Krieg zwischen Wizards und Muggles sein soll. Hier war ich mir an vielen Stellen im Film nicht sicher, ob bei Actionsequenzen die Leute im Hintergrund nun Zauberer waren oder nicht. Vielleicht ist das ja Absicht und die Message, dass alle gleich aussehen. Oder halt nur lazy. Ich meine, fuck, man gucke sich den Nebenknecht hier an - [https://static.wikia.nocookie.net/66d5e536-cb82-40cd-b213-ab324a4665eb], das soll ein Wizard sein . Ist das ein Wizard?

Jedenfalls: Zu viele Charaktere, kein roter Handlungsfaden, kein erkennbarer Charakter- oder Spannungsbogen - und wenn zwei Charaktere dann mal eine gewichtige Entscheidung treffen, wirkt das auf den Zuschauer wie aus dem Nichts, weil den meisten Charakteren dennoch kaum Zeit zugestanden wurde. Dazu klobige, expositorische Dialoge. Bizarre Flashbacks (inklusive einem, wenn ich das richtig mitgeschnitten habe, auf die Titanic!). Szenen, die im Sande verlaufen und einen kopfschüttelnd darüber zurück lassen, was das nun sollte. Der Film plätschert so vor sich hin, bis einem eine Actionsequenz aus dem Dämmerzustand weckt. Der Film ist über weite Strecken hinweg schlicht so langweilig, so belanglos, dass ich mit dem bewussten Einpennen im Kinosessel kokettiert habe. Kurz vor Schluss habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, vorzeitig den Kinosaal zu verlassen - was mir noch nie vorher bei einem anderen Film in den Sinn kam. Und hätte ich es getan - ich hätte nichts verpasst, denn das Finale ist wirklich bemerkenswert schlecht inszeniert. Das würde ich zwar gerne weiter ausführen, aber das ginge leider nicht ohne Spoiler. Aber es ist schon superseltsam, wie alle möglichen Charaktere zufällig (!) an diesem einen Ort zusammenfinden, dort dann ein paar Reveals und Flashbacks um das Lagerfeuer austauschen (das ist der lindenstraßigste Teil des Films) und dann *buchstäblich* durch die nächste Tür gehen und dort dann Bossfight Time mit 500 Zuschauern angesagt ist.

Der Film trieft zudem vor Fanservice. So gut wie alles, was man aus den Potter Büchern/Filmen kannte, musste irgendwie rein. Und es müssen so viele Verbindungen zum Potter-verse wie  möglich hergestellt werden. Das Star Wars Syndrom: Alle sind miteinander verwandt oder bekannt und diverse Nebencharaktere aus den Potterbüchern werden hier wie die Sau durchs Dorf getrieben. Selbst, man verzeihe mir den geringen Spoiler, aber es illustiert meinen Punkt ganz gut - die fucking Schlange von You-Know-Who, hier noch in ihrer ursprünglichen Form als geiler Asia-Hase mit tiefem Ausschnitt.

Die Holde meinte: "Das kam mir gar nicht wie ein Film vor. Mehr wie ein lose Abfolge von Szenen, die nichts miteinander zu tun haben."

2/5.

(Ich bin gar versucht, tiefer zu gehen, aber dafür sind die Effekte und die Leistungen der einzelnen Schauspieler zu gut. Aber die Story / das Editing sind, wie eingangs erwähnt, eine absolute Katastrophe. Ich mochte den ersten Fantastic Beasts und ich mochte grundsätzlich die Potter-Filme. Crimes of Grindelwald ist der schlechteste Film von allen.)

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Hatte gestern vorm Einpennen auch noch in ein paar Reviews geschmökert und vor allem der Vorwurf, dass dem Plot kaum zu folgen möglich wäre, mehrfach gelesen. Und auch ein paar, die genauso wie ich sich nicht sicher waren, ob das die Titanic im Rückblick gewesen sein sollte oder nicht. Muss ja, kommt ja hin vom zeitlichen Abstand her. Aber die vier typischen Schornsteine hat man nicht gesehen.

Aber dafür kommt im Film ein Charakter aus den Potter-Büchern vor, der zu dem Zeitpunkt zwar eigentlich noch nicht hätte geboren sein dürfen, hier aber schon locker um die 30 Jahre als sein dürfte. Bwhaha, was für ein Dreck.

>Da wurde noch gefragt, warum das eigentlich >Fantastics Beasts heißt, wenn die irgendwie nur nebenbei mal Alibimäßig abgefertigt >werden.

Es kommen ja durchaus einige Fantastic Beasts vor, nur wirkt das schon teilweise etwas bemüht. Haben sie die Reihe schon von vorneherein als Fünfteiler (!) geplant?  Muss ja, denn auch wenn der erste Teil (den ich grundsätzlich mochte, trotz seiner paar Macken) an sich größtenteils in sich geschlossen wirkte (als augenzwinkernde Ausarbeitung eines Harry Potter Schulbuches mit lustigem Namen in eine eigene, etwas erwachsenere Story, in einer anderen Epoche, einem anderen Ort als das immergleiche Gothik-Schloss und mit deutlich weniger Teenagern in den Hauptrollen), so werden am Ende des ersten Films ja doch die Weichen für die Fortsetzung gestellt, mit dem Reveal von Grindelwald und der Andeutung, dass der Bengel doch überlebt hat.

Nur hat man beim zweiten Teil schon bald das Gefühl, dass die vier Charaktere aus dem ersten Teil hier weitestgehend egal und fehl am Platze sind. Die Filmreihe soll offensichtlich auf Grindelwald vs Dumbledore hinauslaufen. Es dürfte schwieriger und schwieriger werden, diese vier Charaktere in eine Story hineinzuschreiben, die unterm Strich von einem weiteren Wizard Hitler handelt. Der auch noch Visionen über den kommenden Holocaust und WWII aus ner Schädel-Bong saugen und an die IMAX Kuppel werfen kann, aber ich schweife ab. Warum das ein Job für einen Zoologen sein soll - keine Ahnung. Hier werden irgendwie zwei gesonderte Ideen (leichtfüßige Comedy über einen magischen Tierforscher; düsteres Drama über den Aufstieg von OG Wizard-Hitler) zu einem einzelnen Film verquickt. Es ergibt wenig Sinn.

Es gibt auch einen Widerspruch, der den Plot des Films irgendwie größtenteils unsinnig macht (moderater Spoiler): Dumbledore kann aus einem bestimmten - bis kurz vor Ende und selbst nicht dann genau erklärtem und generell eher stinklangweiligem - Grund nicht mit Grindelwald kämpfen oder ihn töten - und umgekehrt (es hat *nichts* damit zu tun, dass sie sich früher mal gegenseitig die Latte geschrubbelt haben - das wäre ja glatt interessant gewesen! - sie haben sich zwar gegenseitig in den Popo gestochen, ja - zumindest wird das stärkstens angedeutet - aber es ist eben nicht der Grund für Dumbledores Verweigerung. Der wahre Grund ist viel plot-device-iger). Jedenfalls schickt Dumbledore deswegen Herrn Scamander auf Reisen. Nur ist dessen Aufgabe eben nicht, Grindelwald zu töten, sondern den verstörten - nun dank Justice League Trainingeinheiten ganz schön kernig-stiernackig gewordenen - Bengel aus dem ersten Teil zu finden, der auch von Grindelwald gesucht wird. Das hätte nunmal auch der Dumbledore selber machen können. Er wäre zudem safe gewesen - denn gegeneinander kämpfen können Dumbledore und Grindelwald ja (noch) nicht. Dumbledore hätte also ohne Sorge selber den Bengel suchen können.

Jedenfalls hätte es schon im zweiten Teil keinen von den vier Leuten aus dem Erstling gebraucht. Es hätte eine Story mit Grindelwald und Dumbledore sein sollen, mit entsprechend viel Screentime von beiden, mit den Leuten aus dem ersten Teil vielleicht noch als Sidekicks. Stattdessen bekommt man kaum etwas von den Grindelwald und Dumbledore zu sehen - dafür aber zu der alten Truppe nochmal genauso viele weitere Charaktere dazu. Die man sich auch alle hätte sparen können. Das muss man auch erst einmal schaffen.

Die ganzen Handlungsstränge all dieser Personen kommen durch diese Anzahl der handelnden Personen viel zu kurz, und allesamt sind sie zu verworren. Die Szene vor dem Videospiel-Cutscene Finälchen (es ist schwierig, das Finale zu nennen, wenn der Film vorbei ist, liegt einem unweigerlich ein "das war's?" auf der Zunge, es ist ein typischer "zweiter Teil einer Trilogie" mit unbefriedigendem Ende), wo dann diese Handlungsfäden endlich alle zusammenlaufen, ist dann auch die übelste Soap-Opera-Szene im ganzen Film. Es geht einfach nicht auf.

In diese ganze Suppe hinein sticht dann noch das ganze Potterverse Name-Dropping.

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Ich fand den Film auch über weite Strecken hinweg einfach potthässlich. Vielleicht lag's am Projektor im Kino (da waren auch teilweise sehr fiese Crushed Blacks, das kann so nicht gedacht gewesen sein), aber der Film hatte kaum Farbe. Alles war blass-grau und matt, generell entsättigtes Bild, wo der Erstling -iirc- doch sehr farbenfroh war.

Und alle haben schwarz oder grau oder beige an. Selbst Dumbledore (der in den Potterbüchern immer in gelben oder lila oder roten Roben rumläuft) steckt bei seinen paar Szenen in einem grauen Anzug. So ein seltsam farbloser Film.

Ich meine, so sehen Credence und sein Mädel in den Promo-Shots aus -
[https://nerdist.com/wp-content/uploads/2017/11/maledictus-creedence.jpg]

Und so dann dank des gewählten Color Gradings im Film:
[https://shilpaahuja.com/wp-content/uploads/2018/10/fantastic-beasts-crimes-of-grindelwald-nagini-credence-barebone.jpg]

Die beiden machen im Film übrigens mehr oder minder... nichts. Ich weiß gerade gar nicht mal, ob sie überhaupt einmal den Mund aufmacht. Und er dürfte weniger Sätze sprechen als Arnie im ersten Terminator. Das hier ist wohlgemerkt der Charakter, um den es zentral im Film gehen soll.


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